Die mittlerweile 127. Kunstausstellung der Katholischen Akademie in Bayern widmet sich in diesem Jahr einem Geburtstagskind: Alf Lechner – der 1925 in der Mandlstr. 24 geboren wurde, später in die Mandlstr. 28 umzog und 2017 in Dollnstein verstarb – wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Er gilt als einer der bedeutendsten deutschen Stahlbildhauer und hat mehr als 800 plastische Arbeiten sowie über 4.500 Zeichnungen geschaffen.
Am 19. Mai feierte die Ausstellung Transformation mit Zeichnungen des Künstlers Vernissage. Von einer früheren Ausstellung im Jahr 2018 stehen bereits zwei seiner monumentalen Stahlskulpturen – zwei Würfelteilungen – im Schlosspark.
Sein Witwe Camilla Lechner, die das Andenken an ihren Mann in vorbildlicher Weise hochhält, hatte Akademiedirektor Dr. Achim Budde und zwei Studienleiter:innen bei einem Besuch im beeindruckenden Skulpturenpark Obereichstätt vor etwa zwei Jahren vorgeschlagen, doch zum 100. Geburtstag eine Ausstellung mit Zeichnungen von Alf Lechner zu organisieren. Diesen Vorschlag hat die Akademie gerne aufgegriffen und zusammen mit Dr. Dominik Bais, dem Kuratorischen Leiter des Lechner Museums in Ingolstadt, in ihren Räumlichkeiten umgesetzt.
In seiner Begrüßung wies Akademiedirektor Dr. Achim Budde darauf hin, wie spannend es sei, zu sehen, wie sich nicht nur die Zeichnungen des Künstlers später in konkrete Stahlkunstwerke transformiert hätten, sondern auch, wie sich unformbar gedachtes Material schließlich transformiert habe. Er zitierte dazu Dr. Simone Schimpf, die Leiterin des Neuen Museums Nürnberg, die einige Wochen zuvor, beim feierlichen Festakt am 13. April zum 100. Geburtstag im Lechner Museum in Ingolstadt, die Laudatio hielt: „Seine Prozesse plante der Künstler detailliert mit Vorzeichnungen, Modellen, Berechnungen, Simulationen. Die besten Partner zog er für die Umsetzung heran. Seine Arbeit glich oft mehr der eines Konzeptkünstlers, der seine Ideen exakt berechnet und dann zur Umsetzung an Dritte freigibt. Und in diesem perfekt geplanten Prozess bleiben Freiräume für unkalkulierbare Ergebnisse. Lechner wusste um das ideale Verhältnis von Sorgfalt und Umsicht zum Unvorhersehbaren. Nur so kann Gewaltiges und Neues entstehen. So wurde aus einem industriellen Fertigungsprozess eine persönliche, eine künstlerische Handschrift.“
Dr. Dominik Bais, der in die Ausstellung einführte, betonte zu Beginn, dass der Begriff „Transformation“ im Zentrum einer ganzen Generation stehe, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg mit ästhetischen Fragen beschäftigte. Mit vielen Veränderungen konfrontiert, hätten sich Bereiche der Kunst so von der Figur zu Form, von der Darstellung zur Idee, von der Einmaligkeit zur Serie entwickelt. Bildnerische Konkretion statt einer abstrakten Vorstellung von Ordnung seien wichtig geworden. Es gehe um die konkrete Umsetzung: ein freies Spiel mit Regeln. Alf Lechner sei es vor allem um den Prozess, um die Umsetzung, um den Erkenntnisgewinn gegangen.
Nicht zuletzt sei ihm aber auch die Technik des Sehens, des genauen Hinschauens, sehr wichtig gewesen, nicht nur für die Kunstbetrachtung, sondern auch für deren Produktion. Auch als der Künstler in den Stahlwerken Deutschlands und Europas arbeitete und experimentierte, habe der Ausgangspunkt stets in Beobachtungen gelegen: etwa von Materialvorgängen, die von der Industrie meist vermieden wurden. Wenn der Stahl bog, brach, sich faltete oder zerbarst – dann sei es Lechner nicht um industrielle Macht, sondern um eine poetische Öffnung des Materials gegangen. Die Materie sollte nicht überwunden, sondern transformiert werden oder – im besten Falle – sich aus sich selbst heraus transformieren.