Im trinkfreudigen Oberbayern schöpfen die katholischen Orden Gewinn aus den Bierbottichen ihrer 17 Klosterbrauereien, deren exquisite Hopfen und-Malz-Wässer, wie zum Beispiel das Andechser Bier, sehr gefragt sind. Auch stärkere Getränke, besonders die Klosterliköre aus Ettal und Frauenchiemsee, aber auch die süßen Wallfahrer-Tropfen der fränkischen Abtei St. Walburg und des Instituts der Englischen Fräulein in Altötting, mehren die Einkünfte des Klerus.“
Liquides, Liköre und Landschaft
Diese Aussage ist, zugegeben, ein etwas angespitztes, kirchenkritisches Zwischenresultat zum Thema Kirchensteuer in einem Artikel des Spiegel-Magazins (Ausgabe 22 aus dem Jahr 1964). Zudem wurde in dem Artikel – offenbar ohne journalistischen Augenschein vor Ort – ein unzutreffendes und antiquiertes Bild bestehender Kloster-Brauhäuser gezeichnet, die wie in Ettal trotz ihres hergebrachten regionalen Zuschnitts auf Modernisierung setzten und Fusionen mit Großbrauereien („Benediktiner Weißbier“ seit 2011 in der Bitburger Braugruppe, → Steigerung auf 20.000 Hektoliter) eingingen. Klosterbetriebe sind ferner, entgegen der zitierten Darstellung, keineswegs durchgängig profitabel gewesen.
Im Geschäftsjahr 2013 verbuchten die „Ettaler Klosterbetriebe GmbH“ trotzdem bei einem Umsatz von 3,78 Millionen Euro einen Verlust von 433.000 Euro. Eingerechnet waren hier die Abschlüsse aus der Brauerei, dem Klosterhotel, der Likörmanufaktur, der Laber-Bergbahn in Oberammergau – dort hält das Kloster 41% der Geschäftsanteile – der Gärtnerei, der Klosterläden, der Energieträger und der Landwirtschaft. Klöster schrieben aber in der Regel aufgrund eines monopolartigen Bierabsatzes zunächst schwarze Zahlen. In Kloster Weltenburg lag Ende des 18. Jahrhunderts der Anteil der Brauerei an der klösterlichen Gesamtökonomie bei über 24 %, in Andechs, wo Bierbrauen seit 1455 urkundlich nachgewiesen ist, sogar bei fast 42 Prozent.
Zutreffend war ferner die Annahme, dass zumindest einige Klöster seit dem 19. Jahrhundert mit wiederbegründeten oder zurückgekauften Brauereien ein wirtschaftliches Fundament zur Zukunftssicherung ihrer Konvente schufen. Dazu zählten die fünf Benediktinerabteien in Andechs, das zu St. Bonifaz in München gehört, Ettal, Metten, Niederaltaich, Plankstetten, Schäftlarn, Scheyern und Weltenburg sowie die Klöster der Zisterzienserinnen in Oberschönenfeld und Waldsassen. Die Klosterbrauereien in Andechs – hier insbesondere ein dunkler Doppelbock mit 18,5 % Stammwürze – und in Weltenburg entwickelten darunter einen überregionalen Bekanntheitsgrad.
Klosterbiere, die die Säkularisation dank steter Nachfrage nicht überall, aber doch an einigen Orten überlebten, stehen hier zunächst für andere Bereiche der Klosterökonomie. Zusammengenommen markierten Klosterbetriebe neben und außerhalb der alten Grund- und Gerichtsherrschaften der Abteien räumlich kartierbare Absatz-, Konsum- und Produktionsmärkte. Über Wallfahrten zu und von den Reliquien ausgewählter Kloster- und Pfarrkirchen erfuhren alkoholhaltige Reisebegleiter aus Klosterbrauereien, Weinkellern, Destillerien und Brennereien zudem weitere Verbreitung.
Die These lautet deshalb, Klosterlandschaften bleiben ohne Ökonomie vage und unvollständig. Ihre Wirkung und Beliebtheit sprengte in aller Regel die Klostermauern, wenn es sich nicht nur um einen bescheidenen Haustrunk in den Bettel- und Mendikantenklöstern handelte. Klosterprodukte wirkten seit dem Spätmittelalter zunehmend raum- und marktbildend. In Altbayern, dessen Oberland mit der Abtei in Benediktbeuern die Ausstellungsmacher 1991 zu „Glanz und Ende der alten Klöster“ im Haus der Bayerischen Geschichte als Klosterlandschaft definierten, lagen immerhin fast 60 Prozent aller 300 Klosterbrauereien im Säkularisationsjahr.
Die Landschaft definierte sich in der Summe so auch über die zahlreichen Brauhäuser und Gaststätten. Nicht alles blieb dabei von regionaler Bedeutung. In der Moderne stiegen einzelne ehemalige Klosterbetriebe zu Konzernen mit nationaler, europäischer, ja selbst mit globaler Bedeutung auf. Das traf dann zu, wenn es um die Distribution klösterlicher Heilmittel, Weine und Liköre ging. Wir umschreiben die klösterlichen Konsum-, Finanz-, Markt- und Produktionsformen vor und nach der Säkularisation, primär in Süddeutschland. Seitenblicke in andere Klosterstandorte ergänzen das Bild.
Welcher Stellenwert fiel in einer spätmittelalterlichen und frühmodernen Klosterlandschaft den Wirtschaftsbetrieben zu? Welche Rolle spielten für die Produktion und Versorgung der Hintersassen in den Klosterterritorien und der Klostergemeinschaften die lokalen Wirtschaftshöfe, Grangien, Maier-, Amts- und Fronhöfe? Für das Benediktinerkloster Niederaltaich sind noch für das Jahr 1243 Biertransporte in die Abtei im Umfang von 40 Fuhrwerken – es handelte sich um eine genormte Maßeinheit für Bier und Wein – und weiteren 21 Urnen überliefert. Die beachtliche Quantität umfasste nach heutiger Rechnung 165 Hektoliter. Kann man über den Bierausstoß, gemessen in grenzüberschreitend zunächst nicht normierten Volumeneinheiten wie Fässern, Eimern (Schankeimern) oder Maß – (Hekto-)Liter folgten erst im 19. Jahrhundert –, Wirtschaftszonen bemessen?
Welche Rolle nahmen die Stadthöfe der Klöster für die Vermarktung von Klosterprodukten ein? Realisierte sich für die Säkularisationsgewinner ihre „Hoffnung auf reichen Gewinn“ nach der Säkularisation mit der Privatisierung oder der Verstaatlichung von Klosterökonomien? Wie definiert sich eine spezifisch süddeutsche Klosterlandschaft, zumal der aus der Geographie entlehnte Begriff durchaus bereits in der jüngeren Kirchen- und Klostergeschichte Verwendung fand? Fast inflationär sorgten definierte „Klosterlandschaften“ für eine institutionelle, religiös-kulturelle oder territorialpolitische Umklammerung einzelner Stifts- und Klosteranlagen, doch wurden dafür zu selten ökonomische Querverbindungen wahrgenommen. Sorgten die Distributionssysteme und Absatzmärkte veredelter Klosterprodukte für die räumliche Konkretisierung einer Klosterherrschaft und trugen Klosterökonomien zur Kartierung der monastischen Landschaft bei?
Hier wird man streng nach Produkten unterscheiden müssen, zumal „Exportschlager“ wie Ettaler Klosterliköre, Kräuterliköre aus der Abtei Frauenwörth am Chiemsee – sie wurden urkundlich erstmals 1396 erwähnt – oder die Eichstätter Flakons mit ihrem wundersamen Walburgis-Öl zu Weltmarken wurden. Mit traditionsgebundenen Klosterlandschaften haben diese Marktketten dann in der Tat nichts mehr gemein. Online-Shops werben im Übersee-Handel für süddeutsche Klosterliköre auch mit „free shipping“-Angeboten. Produkte süddeutscher Klosterökonomie sind seit dem 20. Jahrhundert eben auch in Asien, Australien oder Amerika nachgefragt.
Über Online-Theken sind heute die hochprozentigen Zeugnisse klösterlicher Heil-, Fasten-, Ernährungs- und Marktgeschichte wie die Klosterliköre und allerlei beigepackte Produkte aus Niederaltaich, aus Ettal, aus der Trappistenabtei Mariawald in der Eifel oder aus dem oberösterreichischen Stift Engelszell – ursprünglich eine Zisterzienserabtei, seit 1925 ein Trappistenkloster – omnipräsent. Bestellscheine aus der Benediktinerabtei Niederaltaich unter dem Slogan „Immer nur einen, aber einen immer“ tragen den qualitativ hochwertigen Produkten Rechnung, Qualität statt Quantität.
Andere Produkte wie der aus einem Kölner Weltunternehmen stammende Klosterfrau Melissengeist stehen als pflanzliche Heilmittel bei Müdigkeit, Schlafstörungen, grippalen Infekten und Erkältungskrankheiten zwar noch in einer klösterlichen Kräuter- und Heiltradition – das Unternehmen wurde 1826 auch von der Nonne Maria Clementine Martin (1775–1843) gegründet –, doch lag anschließend der fulminante Betriebserfolg im modernen weltlichen Management. Ähnlich erging es den französischen Weltmarken, den Kräuterlikören Bénédictine und Chartreuse.
Liköre liefen dabei in allen Abteien dem Branntwein den Rang ab. Branntweine zählten aber zum Sortiment der Klosteralkohole. In Ettal sahen Verträge mit örtlichen Braumeistern vor, „von jedem Sud 4 Maß Branntwein [zu] geben und verrechnen.“
Die Klosterökonomie basierte zu einem großen Teil, aber keineswegs ausschließlich auf Brauereien, Braugastronomie, Brennereien und Keltereien. Im Säkularisationsjahr 1802/03 existierten in den Grenzen des heutigen Bayern noch circa 300 Klosterbrauereien, wobei aber die Betriebe der Mendikantenklöster rund 40 Prozent der Brauhäuser stellten und in der Regel weit unter dem Durchschnitt von 800 Hektolitern Jahresausstoß lagen. Süddeutschlands Klöster hatten aber auch bedeutenden Weinbau. Das galt nach der kleinen Eiszeit des 16. Jahrhunderts auch noch für Standorte in klimatisch ungünstigen Regionen. Fast alle oberbayerischen und schwäbischen Klöster bewirtschafteten bis 1802/03 grundherrschaftliche Weinberge abseits ihrer Abteien, Propsteien und Prälaturen südlich der Alpen, am Neckar, an Rhein, Main und Donau.
Die Benediktinerabteien St. Ulrich und Afra in Augsburg, in Ottobeuren, in Irsee, in Kempten, zu St. Mang in Füssen und in Ettal hatten ausgedehnte Weinberge in Südtirol, wobei man die alten Südtiroler Prälatenweine neuerdings wieder an Klosterpforten und im Weinhandel erwerben und kosten kann. In Ettal ist es beispielsweise der in der Bozener Klosterkellerei Muri-Gries abgefüllte St. Magdalener Rotwein aus Lagrein. Die Glühwein-Varianten kamen jüngst hinzu. Heimische Weinberge, wie die rund um Bach an der Donau im Landkreis Regensburg wieder aktivierten Anbaugebiete des Baierweins, wurden dagegen nach der Kleinen Eiszeit oft aufgegeben. Ihre werbewirksame aktuelle Renaissance ist erstaunlich, doch fehlt bei der säkularen Vermarktung der Regensburger Landweine der Hinweis auf die önologischen Gründungsväter aus den Regensburger Klöstern, der Abtei Metten und aus dem Hinterland der Regensburger und Passauer Fürstbischöfe.
Zur Klosterökonomie zählten ferner aber die Klosterweiher und Teichwirtschaften, die Mühlen und die nach 1648 zunehmend auch extern beratenden und versorgenden Klosterapotheken. Für das Augustiner-Chorherren-Stift in Polling – ursprünglich ein Benediktinerkloster – erhielten sich das aus dem Jahr 1766 stammende Porträt des Klosterapothekers Frater Damian Honnakam (1726–1784) und der Apothekenschrank des Klosterapothekers Johann Baptist Baader (1717–1780). Zur Klosterökonomie zählten ferner die Bauhütten- und Bauhöfe, die Forstbetriebe und Sägewerke, Vieh- und Bienenzucht, Käsereien und Wirtschaftshöfe zur ökonomischen Sicherung in der süddeutschen Kloster- und Stiftslandschaft. Die althergebrachte Grundherrschaft der Klöster bildete somit die Wirtschaftsbasis, doch kapitalisierte sie sich erst nach der Veredelung der Naturprodukte. Trauben, Gerste, Malz und Hopfen, Kräuter und Obst sorgten als Haus- und Exporttrunk im Klosterhaushalt für Einkommen und Stabilität.
Klosterbiere und Klosterbrauereien
Kloster Ettal erhielt 1609 und 1618 herzogliche Privilegien zum Bierbrauen. Maximilian, Pfalzgraf bei Rhein und Herzog in Ober- und Niederbayern, konzessionierte in seiner Münchner Residenz schließlich am 11. April 1618 den Braubetrieb urkundlich. Gebraut wurde vor Ort sicher aber auch vor dieser Zeit. Abt Leonhard Hilpolt (1590–1615) ließ jedenfalls 1609 eine ältere bestehende Brauerei aus Oberammergau nach Ettal verlegen. Aus dieser Zeit sind übrigens auch die ersten Belege für Ettals Klosterliköre überliefert. Die neue, jetzt beim Kloster angesiedelte Brauerei war aber zu Beginn ihrer Geschichte bei weitem nicht die älteste im Lande.
Die Abtei Weihenstephan erhielt bereits 1040 eine Braugerechtigkeit vom zuständigen Bischof Otto von Freising. Auch wenn dieses frühe Gründungsdatum, wie Bodo Uhl nachwies, einer urkunden- und quellenkritischen Überprüfung nicht standhält, so spielte es doch für die spätere Klosterchronik eine tragende Rolle. Das Kloster nutze die Angaben zur frühen Braugerechtigkeit aus der im 17. Jahrhundert verunechteten Urkunde des Freisinger Bischofs Egilbert von Moosburg (gest. 1039) im Jahr 1723, als die bayerischen Brauhäuser des Adels, der Stifte und Klöster durch eine kurfürstliche Kommission visitiert wurden. Acht Jahre später (1048) bekam angeblich das Kloster Benediktbeuern ebenfalls eine erste Braugerechtigkeit verliehen, nachdem sich dort zuvor Benediktiner aus Tegernsee angesiedelt hatten.
Der Braubetrieb wurde in Benediktbeuern 1925 eingestellt, während die alte Klosterschänke ihre Tore nach der Übernahme der aufgelassenen Klostergebäude durch die Salesianer Don Boscos noch bis 1960 öffnete. 1989/90 richtete dann die Spaten-Franziskaner-Brauerei in der ehemaligen Klostermeierei das heutige Kloster-Stüberl mit 350 Sitzplätzen, großem Biergarten und Hotelbetrieb ein.
Das Ettaler Sudhaus war wiederum unter den süddeutschen Braubetrieben gegen Ende des 18. Jahrhunderts noch so erfolgreich, dass der bayerische Staat nach der Säkularisation die Anlage von 1803 bis 1809 unter eigene Regie stellen ließ. Ettal blieb so zusammen mit der Klosterbrauerei des aufgelösten Chorherrenstifts St. Nikola bei Passau am längsten unter staatlicher Aufsicht, während man in Benediktbeuern und Tegernsee schlechte Erfahrungen mit ehemaligen Klosterrichtern als provisorischen Brauereiverwaltern gemacht hatte. Ettal zählte trotz guter Geschäfte nicht unbedingt zu den umsatzstärksten Brauereien.
Während Klosterbrauereien quer zur jeweiligen Ordenszugehörigkeit in Aldersbach, Niederaltaich, Raitenhaslach, Rottenbuch, Steingaden mit seinem 1787/90 unter dem Prämonstratenserabt Gilbert Michl errichteten Brauhaus, in Weihenstephan oder bei den Roggenburger Prämonstratensern mit seinem 1768/69 modernisierten, unter Abt Georg IV.
Lienhardt (1717–1783) inklusive Malzdarre, Gär-, Lager- und Eiskeller repräsentativ ausgestalteten Sudgebäuden mit einem jährlichen Bierausstoß von 2500 bis zu 5000 Hektolitern um 1800 zur Gruppe mittelgroßer deutscher Brauereien zählten, lag Kloster Ettals Produktion etwas darunter.
Erst Ende des 19. Jahrhunderts war dann die Rede von einem Kapazitätsausbau bis zu 3000 Hektolitern. Nach der Veräußerung durch den Staat blieb das Ettaler Sud- und Brauhaus auch nach der Säkularisation in Betrieb. Die Besitzerfolge wechselte allerdings, unter anderem bewirtschafteten die Braubetriebe seit 1856 die Grafen von Pappenheim, die in ihrer südfränkischen Residenzstadt weitere Brauereien betrieben und die in Ettal Gebäudeteile der alten Ritterakademie nutzten. Schließlich ging der Betrieb wieder in Klosterbesitz über, wobei Laienbrüder als Braumeister agierten. Der letzte Ordensmann war bis 1961 in dieser Funktion Frater Canisius Harthauser als Mälzer und Bräumeister.
Absatz, Markt und Landschaft
Die Geschichte der Brauereien und Brennereien ist exemplarisch sehr gut bearbeitet, doch fehlt vielen monographischen Überblicken und Festschriften die regionale Einbettung in den jeweiligen Entscheidungskontext der Landesherrschaft. Früh zu erkennen ist dabei die Abschließung des Biermarktes gegenüber ausherrischen, fremden Produzenten. Das galt für die Brauereien des Adels und der Klöster gleichermaßen. Im fränkischen Scheinfeld mussten die Wirte gemäß herrschaftlicher Dekrete – zuletzt wurden sie 1782 und 1785 erneuert – nicht dem Markt, sondern „von jedem einführenden Eimer Bieres g[nä]d[ig]ste[r] Herrschaft allein“, also dem Fürstenhaus Schwarzenberg, das Ungeld hinterlegen.
Das Brauhaus Schwarzenberg lieferte aber auch über den engeren Herrschaftssprengel hinaus. 1679 erhielten ein Apotheker in Kitzingen und die Judengemeinde in Castell Bierlieferungen. Dennoch war es bis ins 19. Jahrhundert schwierig, der Bierproduktion ein überregionales Image zuteilwerden zu lassen. Noch Ende Juli des Jahres 1848 empfiehlt die Kanzlei dem Fürsten von Schwarzenberg einen Pachtvertrag mit dem örtlichen Bierbrauer und Schnapsbrenner Georg Drexel abzuschließen, da momentan „Handel und Wandel“ darnieder lägen. Es herrschten „Verdienstlosigkeit“ und „Geldmangel“. Deshalb sei voraussichtlich „kein anerse[h]barer Pächter aus der Ferne zu erhalten“.
Klosterbrauereien hatten in der frühen Neuzeit ein besseres Image. Sie sprengten im Vertrieb bisweilen die Grenzen ihrer Hofmark, Grund- und Gerichtsherrschaft, auch wenn die Wirte vor 1800 gehalten waren, ihr Bier ausschließlich vom herrschaftlichen Brauhaus zu beziehen. Größere Klosterterritorien wie die Fürstabtei Kempten errichteten deshalb mehrere Brauhäuser – dort zählte man im 18. Jahrhundert fünf Stiftsbrauereien – um ja fremdes Bier nicht importieren zu müssen. Ferner pilgerten die Konsumenten zu den bekannten Wallfahrts- und Klosterkirchen, um anschließend in der Klosterschänke Wein oder Bier zu genießen. Die Bedürfnisse der Wallfahrer sprengten die Kapazitäten kleiner Klosterbrauereien.
In Ettal musste jedenfalls in den Anfangsjahren des eigenen Bierausschanks nach 1609/1618 zusätzlich noch teures Bier aus Weilheim bezogen werden. Der Hopfen stammte aus dem Klosterort Murnau. Einnahmen aus der aufblühenden Wallfahrt „zur Heiligen Mutter Gottes“ zu Ettal führten zum Ausbau der klostereigenen Braubetriebe – die Baurechnungen von 1609 gaben sich noch sehr bescheiden –, zur Errichtung des Klostergasthofes und zum Ausbau der vom Loisachtal ansteigenden Bergstraße unter Abt Othmar I. Goppelsrieder (1615–1637).
Klosterbiere wurden beliebter. 1791 berichtete Franz Xaver von Mosham(m) als Verfasser einer einschlägigen Abhandlung zum Braurecht dazu: „In den baierischen Kloestern wird gewoehnlich zweierlei Braunbier gebraut: das beste, das in diesen Herrnbier genannt wird, trinken die Religiosen selbst, und man will auch die Bemerkung gemacht haben, dass in denienigen Kloestern, die keine Weinberge in fremden Laendern, wie z. B. in Oesterreich, Tyrol besitzen, noch kraeftigere Biere gebrauet werden, als in denen, welche wirklich Weinberge besitzen; die Klosterbiere sind schmackhaft, klar, stark, hitzig und nahrhaft, kurz diese Biere werden haeufig gesucht, und mit Begierde getrunken.“
Neuerdings werden deshalb zum Marienwallfahrtsort Altötting sogar eigene „Bierwallfahrten“ – man sollte sie besser als gastronomische Erlebnisfahrten bezeichnen – angeboten. Begleitet werden diese „Wallfahrten“ vom bayerischen Mundart-Kabarettisten und „Rosenheim-Cops“-Darsteller Fritz Mayer.
Klosterbrauereinen waren mit ihrer Brautradition selbst für die Bierstadt München eine ernsthafte Konkurrenz. 1782 konnte man beispielsweise im Münchner-Intelligenzblatt folgende Notiz lesen: „Zu München sind fürs Jahr 1782 an Sommer- oder Maerzenbier 1745 Faß eingesotten worden, welche 43.625 Eimer halten. Also sind gegen fertiges Jahr mehr gebraeuet worden um 171 Faß, oder 4275 Emmer. […] Es sollten doch 44.000 Seelen in Muenchen im August und September ihr Bier nicht am Ammersee zu Dießen, und noch weiters herhollen daerfen.“ Mit Dießen waren natürlich das Unserer Lieben Frau geweihte Augustiner-Chorherrenstift mit seiner zugehörigen Hofmark gemeint, in der auch das ehemals selbständige „Bierdorf“ mit seiner mehrdeutigen Etymologie lag. Dort orientierte man sich primär an den Klosterbrauereien in Andechs und Dießen.
Ein Bamberger Klosterkeller im Fadenkreuz
Bier- und Weinkonsum und die jeweiligen Distributionssysteme im Umfeld der Brauereien und Weinberge werden im Blick auf die Bestände im und die Rechnungen aus den Klosterkellern transparent. Wir wollen dies am Beispiel der Bamberger Benediktinerabtei St. Michael verdeutlichen, zumal dort Koch- und Trinkweine aus fränkischen oder fremden Lagen, Beerenweine, Braun- und Weißbier, aber auch Branntwein und Mineralwasser gleichermaßen verfügbar waren.
Der Michelsberger Klosterkeller wurde erwartungsgemäß selbst zum Gegenstand der Bilanzen. Abt und Konvent gaben hier im Jahr 1779/80 Geld aus für die „reparirung der öffen in der kellereÿ“, für neue Fenster und Kellerschlüssel – sie öffneten auch ein „neues franzosisches schloss“ im renovierten Bierkeller –, für Weinfässer, Bierzuber und Kühlbottiche, für 110 „krüg Schwalbacher wasser“, für 130 Krüge „Zelser wasser“ und für einen Weinfilter, der auch als „kamb auf den wein“ bezeichnet wurde. Man bezahlte 1733/34 einen Braumeister, mehrere Brauknechte sowie ungezählte saisonale Taglöhner, die „ieden tag mit 10 Xr.“ rechnen konnten.
Die Rechnungen des Kelleramts geben detailliert Aufschluss über den täglichen klösterlichen Brot-, Wein- und Bierverbrauch und die Naturalentlohnung für Klosterbedienstete. Betrachten wir zunächst die Bier- und Weindeputate. So erhielten 1779/80 einen nicht näher spezifizierten Hauswein in der Größenordnung von vier Fudern, einem Eimer und einer Maß folgende Personen: der Michelsberger Hofrat (1 Fuder), der Klosterkastner (3 Eimer), zwei Jäger, der Klostermetzger, der Schneider (3 Eimer, 22 Maß), der „wein gartens mann“, der „hopfen gartens mann (1 Eimer), der Reitknecht und die „alte Cunegund zu Dörffleins“, also aus dem oberfränkischen Klosterort Dörfleins. Die Boten und Kutscher erhielten ihr Weindeputat monatlich, wobei im Juli bei fast vier Eimern offenbar die meisten Dienste anfielen.
Gleiches galt auch für die Fuhr- und Fronarbeiter, die wiederum in den erntefreien Wintermonaten November, Dezember (7 Eimer, 27 Maß) und Januar besonders aktiv wurden. Für Dienste unterwegs gab der Keller für Vögte, Wirte und Gerichtsschreiber ein obligates Weindeputat hinzu. Der Vogt im Klosterort Bischberg erhielt 1733 fünf Maß Wein und 24 Maß Bier Zehrgeld, um bei einer Regierungsmission in den benachbarten Schönborn-Landen Michelsberger Klosterinteressen zu vertreten.
Im Klosterkonvent trank man im Rechnungs- und Wirtschaftsjahr 1779/80 an Weißbier nach „ausgab an weisen bier pro conventu“ monatlich bis zu 5 Eimern und 62 Maß. Das preisgünstigere Braunbier wurde häufiger aufgetischt. In der Klosterküche verarbeitete man ferner an saurem Kochwein minderer Qualität bis zu 54 Maß pro Monat. An trinkbarem Speisewein wurden dagegen nur noch bis zu 11 ½ Maß und an exquisiten Mundweinen noch bis zu 7 ½ Maß „in die kuchen“ geliefert. Der Konvent orderte dagegen vom Speisewein allein im Oktober 1779 ein Fuder, einen Eimer und 61 Maß. Auch dem Mundwein verschlossen sich die Mönche nicht, denn im März 1780 konsumierte man immerhin ein Fuder und 26 ½ Maß.
Neben jüngeren Mundweinen fanden sich in der Kellerbilanz auch gut ausgereifte Weine unterschiedlicher Herkunftsregionen. An „[17]48 er wein“ verbrauchte man in der Abtei noch 1779/80 etliche Flaschen.
Aus hauseigenen Bamberger Lagen waren von diesem fruchtbaren Jahrgang noch im März 1779 über einen Eimer und zwei Maß vorrätig. Sie hatte man zuvor mehrmals „verfüllet“. An 1766er Weinen – auch sie lagerten ja schon gut 13 Jahre – schenkte der Keller noch monatlich bis zu 40 Maß aus, einige Fässer aber leider auch als „trübwein“. Aufgetischt wurden ferner auch Beerenweine und Branntwein. Vom hochprozentigen Branntwein konsumierte man im Kloster insgesamt bis zu 28 Maß. Die Frage, ob im Kloster auch europäische Importweine kredenzt wurden, lässt sich mit Blick auf andere Jahrgänge schnell beantworten. 1743/44 und 1733/34 gab der Keller für sonnengereifte „spanisch weinlein“ pro Monat bis zu drei Gulden 36 Kreuzer aus. Und für drei Fässer „welschen wein“ samt Zapfgeschirr reichte man alleine im März 1733 über vier Gulden. Wo Wein und Bier vom Keller in großen Mengen geordert und verkauft wurden, entstanden Kosten für das örtliche Handwerk der Büttner.
Es war keine Frage, dass angesichts florierender klösterlicher Kellergeschäfte zu St. Michael, die auch benachbarte Stadtviertel und Immunitäten in Bamberg tangierten, das Hochstift als Landesherr einschränkend reagierte. Am 27. Januar 1761 erließ die Bamberger Bischofskanzlei nicht zum ersten Mal ein Policey-Mandat zur Reglementierung der Öffnungszeiten für Schank- und Spielstätten sowie zur Einschränkung des Alkoholkonsums bei Wein, Branntwein und Bier. Kontrolliert wurde danach in der Bier- und Bischofsstadt Bamberg: „Nachdeme zeithero in dahiesiger Hochfuerstl[icher] Residenz Stadt bedauerlich wahrgenommen worden ist, daß bey einfallender Nachts=Zeit allerley mißbeliebige, und schaedliche Schwaermereyen, auch andere-hiebey veruebet werdende Muthwillen, dann groebliche Mißhandlungen deren dahiesigen Innwohneren, Burgeren, und Innsassen ohnvermutheter Dingen nicht nur allein sich oefters zeithero ergeben, und zugetragen haben […].“
Konkret hatte man Hinweise, dass „sothane Gast-Wirths- Wein- und Caffeé-Haeussere entweder oder in so lang gar nicht eingelassen haben, bis derley Gast- und andere Wirthe, Wein-Schenke, dann Caffeé-Siedere die ueber die erlaubte Zeit, allda sich aufgehaltene Zech-Gaeste von denenselben, oder von ihren Haus-Genossenen verstecket, oder aber gar durch andere Ausgaenge, und Thuere heimlich hinausgelassen worden seynd, ueber dieses auch sich mehr […] verbottene sogenannte Hazard-Spiele zu
merklichen Schaden und oefteren Verfall deren diesseitigen Burgeren, […] und Innsassen“ einbürgerten. Dies und Ähnliches sollte künftig verboten sein.
Results
Klosterlandschaften definierten sich zwar nicht vorrangig, aber doch wirksam und nachhaltig auch über die Marktanteile und Distributionssysteme ihrer Klosterökonomien. Bier, Wein und Liköre – weniger die Branntweine – spielten dabei eine besondere Rolle, die trotz des Grundsatzes der territorialen Absatzmonopole – sie galten bis zum 19. Jahrhundert – immer auch eine grenzüberschreitende Rolle spielten. Die Säkularisationswelle des frühen 19. Jahrhunderts, die konkret in vielen Kloster- und Stiftsorten und generell in der zugehörigen Ordens- Stifts- und Klosterlandschaft zu einer harten Zäsur führte, verschonte meist die wirtschaftlich florierenden Betriebe der Klosterökonomie. Klosterbrauereien und Sudhäuser wurden zunächst unter staatlicher, später unter privater Betriebsführung nach 1802/03 fortgeführt. Klösterliche Weinbaubetriebe wurden ebenfalls nur selten aufgegeben, sondern entwickelten sich unter den Rechts- und Besitznachfolgern rege. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es dann zum Rückkauf oder zur Übergabe an neu entstandene oder wiederbegründete Konvente und Ordensgemeinschaften. Brauereien wurden in der Moderne wieder zu Klosterbrauereien, Weine und Liköre generierten wieder zu klostereigenen Produkten, gewachsen, gepflegt, konsumiert und vermarktet durch geistliche Institutionen oder durch Niederlassungen, die in ihrem Auftrag handelten. Abgesehen von einigen Weltmarken, wie sie unter den magenfreundlichen Klosterlikören oder den dunklen Bockbieren aus Klosterbrauereien zu finden waren, steckten die Klosterbetriebe des 19. bis 21. Jahrhunderts wieder ihre „Claims“ ab. In der Summe schufen auch sie in der Fläche einen Markt, den man auch als Landschaft definieren kann.