Begrüßung durch den Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät

Kardinal Wetter Preis 2017

Im Rahmen der Veranstaltung "Verleihung des Kardinal Wetter Preises an der LMU München", 22.11.2017

„Think big!“, so haben wir uns heute gedacht, und darum war der beste Saal der Uni gerade gut genug: statt dem kleineren Fakultätenzimmer die Große Aula mit ihrem mit Jugendstilambiente und ihrer bedeutenden Historie, unter anderem als Tagungsort für die Verfassungsgebende Landesversammlung nach dem Zweiten Weltkrieg. Die einzigartigen Bilder und Inschriften aus griechischer Mythologie und Philosophie lassen uns den großen Atem der Geistesgeschichte spüren. „Think big!“

So freue ich mich ganz besonders, dass Sie in so großer Zahl gekommen sind und so das „Think big!“ durch Ihre Präsenz mit Leben gefüllt haben. Dankeschön für Ihr Kommen zur Verleihung des Kardinal Wetter Preises 2017!

Doch warum haben wir diese Preisverleihung so hoch gehängt? Es gibt einen äußeren und einen inneren Grund. Zum einen ist dieser Preis der wichtigste Nachwuchspreis für katholische Theologie in Bayern. Kardinal Friedrich Wetter, der Namensgeber des Preises, war von 1982 bis 2008 als Erzbischof von München und Freising zugleich Protektor der Katholischen Akademie Bayern, die ihm dafür durch die Stiftung des nach ihm benannten Preises dankte. Seither wird er jedes Jahr für theologische Dissertations- oder Habilitationsschriften verliehen. Die Vergabe des mit 1.500 Euro dotierten Preises erfolgt nach enger Absprache zwischen der Akademie und den katholisch-theologischen Fakultäten und Instituten aller bayerischen Universitäten im Wechsel. In diesem Jahr darf nun also die Ludwig-Maximilians-Universität und damit auch unsere Fakultät Gastgeberin sein und vor allem die Preisträgerin stellen, Veronika Weidner.

Doch es gibt auch einen inneren Grund für unser „Think big“. Mit diesem Preis werden einzelne junge Forscherpersönlichkeiten ausgezeichnet. Individuen in der Wissenschaft zu ehren scheint beinahe wie ein Anachronismus. Die Einstein-Zeiten sind doch längst vorbei, oder? Denn Wissenschaft geschieht heute weithin in großen Systemen, in Forschungsverbünden und -netzwerken. Das ist beeindruckend und zunehmend unersetzlich. Dennoch könnte es dabei den Anschein haben, als wäre der oder die Einzelne nur noch „Rädchen im Getriebe“. „Es denkt“, könnte man in freier Anlehnung an Nietzsche und Heidegger sagen, nicht mehr „Ich denke.“

Und dennoch, das Ich bleibt unersetzlich in Forschung und Wissenschaft. Wir sehen es etwa am letzten Preisträger Michael Seewald von 2011, der heute bereits Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte in Münster und Heinz Maier-Leibnitz-Preisträger ist. Auf eigenes Risiko, in unvertretbarer Denkbewegung und in freier Annäherung an die Sache des Denkens erschließt es sich Regionen des Seins, die eben nicht einfach planbar sind wie bei der Erschließung eines Geländes entsprechend einem Flächennutzungsplan. Nur so bleibt Forschung übrigens auch wirklich ergebnisoffen. Wenn das Grundgesetz in Artikel 5 Absatz 3 die Wissenschafts- und Forschungsfreiheit so hoch schätzt, dass es diese im Grundrechtsteil unter „Ewigkeitsschutz“ gestellt hat, dann bedeutet diese Tatsache ja eben gerade anachronistisch – und die großen Köpfe griechischen Denkens in der Großen Aula stehen dafür ein –, dass hier allen Systemmächten Grenzen gesetzt werden gegenüber der Freiheit jedes Einzelnen, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. So haben Veranstaltungen wie diese nicht zuletzt gegenüber dem wissenschaftlichen Nachwuchs die Aufgabe, die Kategorie des Einzelnen wieder bewusst zu machen, wie es Kierkegaard angesichts der Dominanz der totalen Systemphilosophie Hegels für sich einmal als Lebensaufgabe formulierte, so Sören Kierkegaard in „Die Schriften über sich selbst.“

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