Der Weinbergbesitz des Hochstifts Freising in der Frühen Neuzeit

Im Rahmen der Veranstaltung "Wein und Bier", 24.09.2021

Eines der Kennzeichen des Hochstifts Freising war sein weitentlegener mediat-herrschaftlicher Streubesitz, der überwiegend auf mittelalterliche Königsschenkungen zurückreichte. Dieser Besitz hatte für die Freisinger Fürstbischöfe der Frühen Neuzeit wirtschaftliche und finanzielle Bedeutung, wie die Untersuchung zur Weinbergverwaltung zeigt.

 

Die Lagen – Bauen auf jahrhundertealte Tradition

Der Weinbergbesitz des Hochstifts Freising befand sich im Erzherzogtum Österreich und in der Grafschaft Tirol. Der Ertrag der Weinberge stand dem Freisinger Fürstbischof durch grundherrliche Rechte als Zins- und Zehntgüter zu. Die Weinberge in der Grafschaft Tirol befanden sich in Gries bei Bozen, im Erzherzogtum Österreich lagen sie um Hollenburg, Weißenkirchen (herobere Weine) und um Wien (heruntere Weine). Auch in der Residenzstadt Freising selbst, am Südhang des Dombergs, war bis in die 1670er Jahre ein kleiner Weinberg vorhanden.

 

Die Verwaltung – Steter Kontakt im Jahreslauf

Zur Verwaltung der Weinberge gab es unterschiedliche Organisationsformen. Für die Weinberge bei Bozen war vor Ort ein Agent als Ansprechpartner vorhanden; gegebenenfalls schrieb man aus Freising auch an den weiter entfernten Pfleger von Innichen, einem Freisinger Beamten. In Österreich wurden die heroberen Weine, also die Weinberge um Hollenburg und Weißenkirchen, durch den Freisinger Hauptmann der Herrschaft Hollenburg beaufsichtigt. Für die herunteren Weine war der Freisinger Hofmeister von Wien zuständig. Im Jahreslauf hatten die Freisinger Beamten oder Agenten den Auftrag, über die Weinberge Aufsicht zu halten und über deren Zustand regelmäßig an den Freisinger Hof zu berichten.

 

Die Weinpröpste – Ämter auf Zeit

Die Aufsicht über die Weinlese und den jährlichen Weintransport nach Freising übernahmen von Freising abgesandte Hofbedienstete: Für diesen Zeitraum waren sie Weinpröpste. Ihre Aufgabe bestand darin, der Weinlese vorzustehen, Zins- und Zehntabgaben einzuholen, Einkäufe zu erledigen und natürlich den Weintransport nach Freising zu organisieren und zu begleiten. Am Freisinger Hof wurden jährlich zwei Weinpröpste ernannt: der Etschweinpropst für die Güter in der Grafschaft Tirol und der Österreichische Weinpropst für die Weingüter im Erzherzogtum Österreich, um Wien, Hollenburg und Weißenkirchen. Nur in Ausnahmefällen, wie bei Krieg, Seuchen oder Missernten, fielen die jährlichen Weinfahrten aus und die Weinlese wurde den jeweiligen Pflegern vor Ort übertragen. Infolge der Belagerung Wiens im Jahr 1683 verwüsteten die osmanischen Truppen die Felder und Weinberge um die Stadt. Auch die Freisinger Weingärten blieben davon nicht verschont; für den Weinbau bedeutete dieses Ereignis einen massiven Rückschritt. Erst 1689 fand erstmals wieder eine Ausfuhr des österreichischen Weins nach Freising statt.

 

Der Transport – Eine logistische Herausforderung

Die Weinfahrten der Weinpröpste dauerten in der Regel zwischen eineinhalb und drei Monate. Während der Weinlese organisierten die Weinpröpste alles Erforderliche, um einen zügigen Weintransport nach Freising zu gewährleisten.

So bestellte der Etschweinpropst während der Weinlese die jeweils notwendige Anzahl an Fuhrwerken, um den zügigen Transport des frischgepressten Ertrags von Gries in Tirol nach Mittenwald zu bewerkstelligen. Die Fuhrwerke nahmen den Weg über die Brennerstraße. In Mittenwald wurden die Weinfässer und die weiteren Einkäufe auf die Flöße umgeladen. Auf der Isar erreichten die Flößer mit dem Weinpropst innerhalb von wenigen Tagen Freising.

Der Österreichische Weinpropst fuhr mit seinen Lesehelfern und mehreren Floßknechten von Freising ab. Isarabwärts durch bayerisches Gebiet ging es bis nach Plattling zur Isarmündung an die Donau, von dort weiter flussabwärts nach Passau. In Linz besprach sich der Weinpropst mit dem Floßmeister bezüglich des in wenigen Wochen anstehenden Transports der Freisinger Weine. In Hollenburg und Weißenkirchen verließen die Lesemeister das Floß, in Wien stieg der Weinpropst ab und besorgte die Einholung des bischöflichen Weins. Außerdem war der Weinpropst für weitere Einkäufe in Wien und gegebenenfalls die Klärung rechtlicher Angelegenheiten zuständig.

Nach der Weinlese wurden die Weinfässer in Nußdorf bei Wien, Hollenburg und Weißenkirchen an den Donauländen aufgenommen und stromaufwärts nach Pleinting bei Vilshofen getreidelt. Während im 17. Jahrhundert noch der frische Wein nach Freising ausgeführt wurde, brachte man im 18. Jahrhundert den Wein erst mit mindestens einjähriger Verzögerung, zumeist im Frühling, in die Residenzstadt. In Pleinting angekommen wurden die Weinfässer auf die dort wartenden Fuhrwerke umgeladen. Für das Jahr 1721 hat sich eine detaillierte Auflistung über die notwendigen Fuhren erhalten: So waren neun Rottfuhren für 2061,5 Eimer Wein vonnöten. Jeder Rottfuhrzug beinhaltete acht bis elf Fuhrwerke, von der jede um die 25 Eimer laden konnte. Auf dem bayerischen Landweg über Niederpöring, Wörth an der Isar und Landshut erreichte der Transportzug innerhalb einer Woche Freising.

Die Weine aus Österreich und Tirol wurden nach dem langen Transport in den Kellerräumen der Freisinger Residenz und des sogenannten Neubaus an der Nordseite des Dombergs gelagert. Dort fanden sich noch viele weitere Sorten, die hinzugekauft wurden: beispielsweise Weine aus dem Mosel-, Rhein- oder Neckargebiet, wie auch Champagner, Hermitage und Elsässer Wein.

 

Das Ende der Eigenweintransporte nach Freising

Infolge der Klimaverschlechterung im 17. und 18. Jahrhundert und auch durch Schädlingsbefall ab den 1740er Jahren wurde die Weinqualität immer mehr in Mitleidenschaft gezogen. Es häuften sich Beschreibungen, wonach die Weine „sauer“ seien: Der Hauptmann von Hollenburg schrieb nach Freising, dass er sich „kein Hoffnung zu einen guten Wein machen [könne], sondern förchte das [die Weine] ein rechter Sauerampfer werden“. Der Hauptmann von Ulmerfelden riet von einer Lieferung der säurehaltigen Weine nach Freising sogar ganz ab, da diese „die Pierländer bekanntermassen scheuchen“.

Sogar die Freisinger Beamten, die den Wein oftmals als Naturalbesoldung erhielten, beschwerten sich 1759, dass der Wein nicht „ohne Gesundheitsverlezung“ zu genießen sei und forderten künftig mit Bier oder durch den Geldwert bezahlt zu werden. Diese Verkettung der für den Weinbau missgünstigen Umstände führte schließlich dazu, dass die Weintransporte aus Österreich und Tirol unter Fürstbischof Clemens Wenzeslaus von Sachsen im Jahr 1766 eingestellt wurden.

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