Es sind bewegte und bewegende Zeiten, die wir momentan erleben. Erst raubt uns die Pandemie etwas von der Gewissheit, dass wir selbstverständlich auch morgen leben werden, wenn wir uns heute noch gesund fühlen, zerstört die Unbefangenheit in der Begegnung miteinander und verlangt stattdessen Achten auf Abstand, und nötigt uns, zum Schutz vor Ansteckung verhängte Einschränkungen unserer Freiheiten hinzunehmen.
Dann konfrontiert uns der kriegerische Überfall auf die Ukraine von einem auf den anderen Tag mit der Erkenntnis, dass sich offensichtlich doch nicht alle Konflikte mit Diplomatie und Gesprächen lösen lassen, und lässt das längst vergessene Risiko spüren, dass auch wir hier in einen Krieg hineingezogen werden könnten. Unfassbar, wie 2022 ein ganzes Land mit Desinformation, systematischer Lüge und Unterdrückung freier Berichterstattung an der Nase herumgeführt werden kann. Grausame Bilder von Kriegsverbrechen wecken jeden Tag nachhaltige Zweifel, ob es überhaupt einen Fortschritt der Menschheit in Kultur und Humanität gibt.
Das Gemeinsame dieser beiden Krisen: So viele Gewissheiten sind innerhalb kürzester Zeit abhandengekommen. Dieses Grundgefühl des Abhandenkommens von fundamentalen Gewissheiten trifft – leider – auch in Bezug auf die Kirche zu, seit die Dimension des sexuellen Missbrauchs in ihr und die Art, damit umzugehen, an das Licht der Öffentlichkeit gekommen sind. Für die Diözese München ist dazu Ende Januar das umfangreiche Gutachten der Kanzlei Westpfahl-Spilker-Wastl erschienen.
Zur augenblicklichen Lage
Ich möchte im Folgenden nicht die Ergebnisse dieses Gutachtens referieren, sondern Reaktionen schildern, die es ausgelöst hat. Ich werde dabei meine eigenen Wahrnehmungen und gedanklichen Konnotationen nicht heraushalten, wie das sonst in dem Bericht eines Wissenschaftlers üblich ist.
Die Reaktionen lassen sich umschreiben mit Entsetzen, Wut, Enttäuschung, Scham und ja, Verunsicherung. Die Irritation wurde verstärkt durch das Verhalten des emeritierten Papstes Benedikt XVI., der seine Anwesenheit bei einer Ordinariatssitzung, in der über die Übernahme und Verwendung eines „Täters“ beraten und entschieden wurde, in Abrede gestellt hatte, dies später aber revidieren musste und dann als Fehler seiner Berater bei der Redaktion seiner Stellungnahme dargestellt hat. In journalistischer Zuspitzung und schlagzeilenmäßiger Verknappung wurde dieser nachgeschobene Korrektur-Versuch zu der verheerenden Aussage zusammengefasst, der ehemalige Papst habe „gelogen“.
Viele hatten das alles nicht nur für nicht möglich, sondern nicht einmal für denkbar gehalten. Nüchterner ausgedrückt ist der ohnehin bedrückende Komplex „Missbrauch“ jetzt um eine zusätzliche Dimension erweitert worden: Zum Skandal des zigfachen Verbrechens an Kindern und dem in den Gutachten bescheinigten unangemessenen und auf Unsichtbarmachung zielenden Umgang der Verantwortungsträger damit („Vertuschung“) ist eine suboptimale Kommunikation mit der Öffentlichkeit hinzugekommen. Die hat zusätzlich durch das etwa zeitgleiche ungeschickte Agieren des Kölner Kardinals Woelki, das vatikanische Verbot der Segnung homosexueller Paare im Februar 2021, das zu früheren Äußerungen von Papst Franziskus in direktem Widerspruch stand, und die Tatsache, dass das Thema Missbrauch jetzt schon zwölf Jahre auf der Agenda steht, eine desaströse Qualität erreicht.
Reaktionen im Innern
Was macht das mit den Leuten? Es gibt unter den Gläubigen eine kleine Gruppe, die sagen: „Das geht mich nichts an, das sind bedauerliche Einzelfälle; ich habe es satt, das jeden Tag in der Zeitung zu lesen und in den Nachrichten hören zu müssen.“ Es gibt aber auch die, die sich an einer Abbruchkante stehen fühlen und sagen: „jetzt reichts“ und ernsthaft überlegen auszutreten. Auch wenn sie sich, sollte es tatsächlich zum Entschluss kommen, das zu tun, nicht automatisch auch vom Glauben und von der Religion verabschieden wollen, möchten sie mit der konkreten Institution und deren sichtbaren Vertretern überhaupt nichts mehr zu tun haben.
Die meisten jedoch erleben sich einfach als hilflos. Für sie bedeutet das Ganze, dass ein Stück Sicherheit aus ihrem Leben verloren geht. Was sie jetzt bräuchten, wäre vor allem Zuspruch und Trost; aber das bekommen sie gerade nicht. Manche geraten in ihrem eigenen Umfeld unter Rechtfertigungsdruck: „Wie kannst Du in so einer Organisation bleiben?“ Oder: „Warum sollen wir einen Verein, in dem so schlimme Dinge passieren, mit unserem Geld auch noch unterstützen?“ Oder: „Was bringt mir die Mitgliedschaft in der Kirche?“ „Welchen Grund gibt es überhaupt zu bleiben?“
Ein guter Bekannter, der sein ganzes Berufsleben in die Kirche investiert hat, erzählt mir, dass seine Kinder ihn und seine Frau fragen, warum sie sich „in so einem Laden“ noch engagieren. Junge Eltern, die gerade intensiv erleben, welches Glück kleine Kinder sein können, aber auch: wieviel Sorgfalt und Abstriche an den eigenen Wünschen sie verlangen, äußern Verständnislosigkeit und Empörung, wenn sie hören, wie anvertraute gleichaltrige Kinder behandelt und die Täter durch die Institution geschützt wurden; sie besonders sehen darin einen Angriff auf das, was ihnen als das Wichtigste und Wertvollste im Leben gilt.
Und schließlich sind da noch die vielen einfachen Priester, die ihren Dienst tun, aber merken, dass sie – unausgesprochen oder sogar ausgesprochen – unter Generalverdacht stehen und sich angesichts der noch ausstehenden Gutachten und erst beginnenden Untersuchungen in anderen Ländern (Italien, Frankreich, Spanien, Portugal) die Frage stellen müssen, wann das denn endlich aufhören wird.
„Entzauberung“ – Stufe 2
Der Erosion im Innern der Kirche entspricht ein gravierender Vertrauensschwund in der Öffentlichkeit. Max Webers vor hundert Jahren geprägte Formel von der „Entzauberung der Welt“ wollte seiner Zeit die Entwicklung der Kultur von einem Denken, in dem man mit der Existenz geheimnisvoller unberechenbarer Mächte rechnet, hin zu Rationalität und Wissenschaft charakterisieren. Heute könnte „Entzauberung“ eine treffliche Chiffre für die Desillusionierung und den abrupten Verlust der Aura und des Anspruchs der Heiligkeit von Kirche (wie sie im Glaubensbekenntnis doch bekannt wird), der „Hochwürdigkeit“ der Priesterschaft, der Glaubwürdigkeit der Deutungsfigur Berufen-Sein und des Zölibats als einer dem neutestamentlichen Jesus besonders nahen Lebensform sein.
Die Auswirkungen sind in der sinkenden Attraktivität kirchlicher und theologischer Berufe deutlich zu spüren. Die Aufmerksamkeit vieler Medien und ihrer Rezipienten an der Kirche beschränkt sich inzwischen auf Nachrichten über Skandalöses. Es entsteht derzeit die Vermutung, dass der katholischen Kirche und ihrem Führungspersonal geradezu alles zuzutrauen ist. Anzeichen sind nicht zu übersehen, dass weitere Wellenbewegungen in Gang kommen, die dann auch die gewachsenen staatskirchenrechtlichen Bestimmungen erfassen werden, die schon jetzt unwidersprochen als „Privilegien“ diskreditiert werden.
Fragwürdige visuelle Botschaften
Öffentliche Kommunikation vollzieht sich heutzutage auch durch Bilder bzw. die Kombination von Worten und Bildern. Ich finde, dass Kirche viel zu wenig darauf achtet, welche visuellen Botschaften über sie ausgesendet werden. Im Stolz auf ihre lange Tradition und deren ausgefeilte Farben-, Ritual und Symbolsprache übersieht sie, wie es heute wirkt, wenn im Chorraum zehn oder zwanzig bis dreißig liturgisch gekleidete Männer stehen oder wenn ein Zölibatär in bischöflicher Kleidung (beabsichtigt oder arrangiert) sich in den Nachrichten zu familien- oder bioethischen Fragen äußert oder wenn in Kathedralkirchen, deren Inneres immer auf Altäre ausgerichtet war, auffällige Throne die Sichtachsen und ein Übermaß an imperialen Gesten den Ablauf von Feiern stören.
Sicher ist es auch ein Effekt der veränderten medialen Kommunikation, dass heute die Chancen viel größer sind, über die Institution und das Sprechen und Handeln der Hierarchie informiert zu werden als über die Versuche der vielen „normalen“ Gläubigen, ihr Christsein an der Basis (also in den Gemeinden) und im Kontext der Herausforderungen des Alltags zu leben. Ich selbst wusste als Schüler und auch noch als Theologiestudent viel weniger über Papst, Bischöfe, verbindliche Stellungnahmen „des“ Lehramts und den Spannungen zwischen spirituellen Gruppen, und es hat mich auch nie so interessiert wie die großen Themen, Fragen und Texte, vor allem die der Bibel und die der großen Religionsdenker, selbst wenn diese wie Feuerbach und Nietzsche sehr kritisch waren. Sicher hat mich aber schon damals klerikales Gehabe abgeschreckt und geärgert.
Gelegentlich liegt es aber auch nicht an den kirchlichen Akteuren, sondern an der medialen Regie, wenn ein schlechter Eindruck entsteht. So werden in Talkshows, in denen es um die kirchliche Situation oder aktuelle Ereignisse geht, die Gesprächspartner oft ausschließlich nach dramaturgischen Gesichtspunkten ausgesucht. So kann es passieren, dass Repräsentanten ganz kleiner Meinungsgruppen (neue geistliche Gemeinschaften) auf Augenhöhe mit kompetenten Vertretern zusammengespannt werden und Gelegenheit erhalten, ausgesprochen naive und von der Theologie schon seit langem aufgegebene Meinungen zu Inspiration und Bibelverständnis sowie zur Konstanz und Einheitlichkeit der kirchlichen Lehre selbstbewusst und sichtbar ergriffen, mit existentiellem Ernst und Anspruch auf Respektierung vorzutragen. Das dient sicher der Farbigkeit der Diskussion, zumal wenn die entsprechenden Personen ein auffälliges Äußeres haben, aber der Seriosität und dem Niveau ist es nicht unbedingt förderlich.
Diskursive Verschiebungen
Ein häufig übersehenes Problem im Zusammenhang der Thematisierung des Missbrauchs im Raum der Kirche, aber nicht nur hier, ist das, was man „diskursive Verschiebungen“ (D. Liebscher) in den Debatten nennen könnte. Damit meine ich das Phänomen, dass ein bestimmtes Problem in der medialen Öffentlichkeit, in der Rechtspolitik und in der aktuellen ethischen Debatte unter einem anderen Blickwinkel diskutiert wird als in der theologischen Tradition und in bestimmten kirchlichen Zirkeln.
So wird der sexuelle Missbrauch heute weltweit als Form von Gewalt gegen Untergebene bzw. Anvertraute, also besonders vulnerable Personen, diskutiert, während er innerhalb der kirchlichen Verwaltung und im Kirchenrecht lange und zum Teil heute noch als Verstoß gegen das 6. Gebot und die Zölibatsverpflichtung aufgefasst wurde. Und der grundsätzliche Ausschluss der Frauen von allen Weiheämtern wird in kirchlichen und theologischen Debatten immer noch mit der Einstimmigkeit der Überlieferung bis auf Jesus begründet und verteidigt, während er außerhalb dieser Kreise längst unter dem Aspekt der Diskriminierung, also eines Verstoßes gegen das Gleichheitsprinzip allein aufgrund des Geschlechts, diskutiert wird.
Ganz ähnlich wird die Frage des angemessenen Umgangs mit Menschen homosexueller oder queerer Orientierung von der Selbstbestimmtheit und der Zielperspektive, bestehende Ausgrenzungen zu überwinden, beantwortet, während sie früher und in vielen Dokumenten unter dem Gesichtspunkt der Natürlichkeit bzw. Nichtnatürlichkeit und der inneren Zwecksetzung der Sexualität her verhandelt wurden. Und schließlich wird heute die im Kirchenvolk und im aufgeschlosseneren Teil des Klerus die Verleihung eines Weiheamts unter dem Aspekt der Vielfalt und der Unterschiedlichkeit der Aufgaben, Begabungen, Kompetenzen, Gruppierungen und deren Zusammenwirken zum Besten der Gemeinde begriffen, und nicht sofort als Problem der hierarchischen Über- und Unterordnung der Menschen.
Eine weitere Beobachtung zu den innerkirchlichen Diskussionen, vor allem jenen, wo es „knirscht“ und polemisch wird, betrifft das, was ich „Diskussionsstopper“ nenne, was man aber weniger vornehm auch als Totschlagsargumente bezeichnen könnte, insofern sie ausschließlich dazu benutzt werden, Forderungen nach notwendigen Veränderungen zu ersticken. Dazu zählen insbesondere Sätze wie „Die Kirche ist doch keine Demokratie!“, „Dazu bräuchte man erst das Einverständnis der gesamten Weltkirche.“ Und „Das ist doch nicht mehr katholisch. Wer das will, soll halt protestantisch werden.“
Wer so argumentiert, macht zwei Fehler: Er lässt zum einen die tatsächliche Entwicklungsgeschichte und Bedingtheit und auch die Vielfalt der kirchlichen Positionen außer Acht. Und er übersieht zum anderen, dass der gesellschaftliche Kontext, in dem die Diskussionen über notwendige Veränderungen stets geführt werden, sich eben auch an ethischen Idealen und normativen Prinzipien wie beispielsweise Partizipation der Betroffenen, Möglichkeiten der Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit (das hat etwas mit Freiheit zu tun), Kontrolle von Macht (durch Gewaltenteilung), Subsidiarität und Rechtsförmigkeit orientiert.
Fast alle der genannten Standards sind von der Kirche bei anderen Gelegenheiten für verbindlich erklärt worden, zumindest im Bezug auf Staat und Gesellschaft. Natürlich kann man darauf verweisen, dass Kirche etwas Besonderes ist, aber es wäre doch hochproblematisch, wenn das nur dazu diente, die in der Gesellschaft anerkannten Standards zu unterschreiten.
Verantwortung „übernehmen“
Notwendig erscheint es mir schließlich, noch etwas zur Vorstellung von Verantwortung zu sagen. „Verantwortung“ bzw. „Verantwortlichkeit“ ist ja gleichsam die theoretische Grundlage für die Aufarbeitung. Verantwortung ist eine dezidiert personale, individuelle Kategorie. Verantwortung lässt sich nicht auf das Kollektiv verteilen oder abschieben. Aber das heißt doch umgekehrt auch, dass die Verantwortung nicht sich selbst überlassen werden darf und der Diffusion preisgegeben wird, sondern dass sie organisiert und transparent gemacht werden muss in Strukturen und Regelwerken.
Dazu gibt es heute weltweit viele Anstrengungen und Vorschläge, etwa in Gestalt von Compliance-Management-Systemen und in Konzepten von Good Governance. Auch für Kirche und ihre diversen Einrichtungen braucht es also Organisations- und Führungsethik mit eindeutigen Zuständigkeiten und Kontrollen. Wenn der Missbrauch ein „systemisches“ Problem ist, woran es nach allem, was bekannt geworden ist, keinen Zweifel geben kann, dann braucht es eben auch systemische Verantwortung – und die kann nicht der Bischof allein wahrnehmen.
Aber zur systemischen Verantwortung gehört auch, dass dann, wenn schwere Fehler passiert sind, die Zuständigen, in deren Verantwortungsbereich das passiert ist, „die Verantwortung übernehmen“. Und dann sind wir bei der Figur des Amtsverzichts oder Rücktritts. In Zeiten, wo noch die Sekretärin, die vor achtzig Jahren im KZ-Büro Listen mit Häftlingen und ihren Maßnahmen getippt hat, strafrechtlich wegen Beihilfe zur Verantwortung gezogen wird, auch wenn sie schon hoch in den Neunzigern steht, macht es sich nicht gut, wenn in der Kirche Rücktritte erklärt, aber zugleich unter den Vorbehalt päpstlicher Annahme bzw. Ablehnung gestellt werden, auch wenn das im Kirchenrecht so vorgesehen ist.
Und erst recht wirkt es befremdlich und wie eine zusätzliche Respektlosigkeit gegenüber dem Glauben der Noch-Gebliebenen und der anschwellenden Menge der durch Austritt sich Äußernden, wenn der Bischof, dessen Verhalten zu so vielfacher und so gründlicher Beschädigung geführt hat wie derzeit in Köln, wieder in sein Amt zurückgeschickt wird, als sei nichts geschehen. Ich weiß: Rücktritte heilen nicht alles, was schiefgelaufen ist, aber sie können ein starkes Signal in Richtung Zukunft und für einen Neuanfang nach einer heillos verfahrenen Situation sein.
Die Aufgabe: Vertrauen und Glaubwürdigkeit wiedergewinnen
Noch eine Bemerkung zum Schluss: Viele Bischöfe haben, nachdem sie wiederholt ihrer Scham Ausdruck verliehen haben, die Wiedergewinnung von Vertrauen und der Glaubwürdigkeit der Kirche zum wichtigsten Anliegen der nächsten Jahre erklärt. Das ist im Prinzip auch richtig. Aber Vertrauen und Glaubwürdigkeit gewinnt man nicht so rasch zurück, wie man sie innerhalb kurzer Zeit eingebüßt hat. Beide sind nicht durch Willensentschlüsse zu generieren und insofern „unverfügbar“. Sie wachsen mit der Zeit und werden gewährt. Höchstens kann man durch mühsames Arbeiten dazu etwas beitragen.
Eine wichtige Voraussetzung dafür und meine dringende Empfehlung wäre, alles dafür zu tun, dass das Thema Missbrauch „abgeräumt“ werden kann, damit wieder Platz für die eigentliche Botschaft ist – aber nicht durch Leugnen und kleinteiliges Verschieben, sondern durch eine große Anstrengung der Wahrheit und des Zugehens auf diejenigen, die Unrecht erlitten haben. Die Frage einer materiellen Wiedergutmachung (als Ausgleich für biografisch erlittenes Unrecht, für dadurch bedingte Benachteiligungen in Beruf und Familie sowie als Erstattung eventueller Therapiekosten) ist sicher nicht der zentrale Punkt, aber einer, der relativ einfach lösbar sein müsste.
Bezüglich der Sexualethik scheint es mir vor allem darauf anzukommen, dass die Kirche den Gestus des überlegenen Alles-Wissens ablegt und ihre Aufgabe darin sieht, die Menschen in ihrer Verletzbarkeit, an erster Stelle die Kinder und Jugendlichen, zu schützen und zu stärken. Auch der Synodale Weg kann sicher ein wichtiger Beitrag sein, soweit er von der allseitigen Bereitschaft getragen ist, miteinander zu lernen, Fehler zu korrigieren, die Erfahrungen der Menschen ernst zu nehmen und auch neue Wege zu wagen. Es wäre ein fatales Signal, wenn all diese Anstrengungen – wieder einmal – folgenlos blieben oder abgeschmettert würden.