Nach einem solchen Wort ist ein Schlusswort eigentlich überflüssig, aber ich möchte es doch tun, Königliche Hoheit, verehrte Anwesende, um auch im Namen des Erzbistums, aller Bischöfe, ja der gesamten katholischen Kirche in Bayern, die diese Akademie trägt, einen Glückwunsch zu sagen.
Natürlich entscheidet die Akademie frei über den Preisträger, aber ich werde informiert und ich habe mich sehr gefreut über diese Entscheidung für den richtigen Preisträger.
I.
Also von mir ein Schlusswort oder ein „Mission-Statement“, so könnte man sagen. Herzog Franz hat uns ein gewisses „Mission-Statement“ mit auf den Weg gegeben und so sollten eigentlich auch Schlussworte sein. Wir haben heute sehr viel über die Kunst gehört; darin bin ich nicht so bewandert wie Pater Mennekes und Herzog Franz. Aber ich bin ein Liebhaber der Kunst in allen Facetten, auch der Musik übrigens. Und deswegen, glaube ich, kann man nur noch hinzufügen, um die Würdigung der Gesamtpersönlichkeit von Herzog Franz weiter anzureichern im Sinne von „Was macht eigentlich in Ihnen den Christen aus, den Menschen?“ Ich schaue nicht in Ihr Inneres, sondern möchte einfach ein paar Punkte nennen, die vielleicht für uns alle auch ein Beispiel sind. Wenn jemand schon so ein langes Leben hinter sich hat und hoffentlich noch viele Jahre vor sich, dann mag er auch anderen ein Beispiel geben, wie man das gelingend umsetzt, wie man so schön sagt heute. Und dazu gehören, und das habe ich in den Gesprächen immer wieder gespürt: Neugierde und Offenheit. Das ist nicht nur für die Kunst wichtig, sondern für das Christsein.
Kardinal Basil Hume, ein Benediktinerabt, hat das schöne Buch geschrieben „Gott suchen“ über Leben und Arbeit der Mönche. Ein Mensch, der Gott sucht? Vielleicht sollten wir lernen, nicht zu viel zu erklären, wer Gott ist, sondern ihn suchen, mit Neugierde und Offenheit. Und darin treffen sich vielleicht auch Kunst und Religion. Man könnte sagen, als man zum ersten Mal archaische Rituale gefeiert hat, hat man auch an die Höhlenwände ein paar Skizzen gemalt. Kunst und Religion sind koextensiv. Es gibt keine Religion ohne Kunst und es gibt auch keine Kunst ohne die Suche nach dem Plus, nach dem Mehr, nach dem Anderen. Und das hat Herzog Franz, glaube ich, gut verbunden; so ist mein Eindruck. Neugierde und Offenheit – unbändige Neugierde. Wir haben es ja eben gehört, bis heute ist er neugierig, auch wenn er die künstliche Intelligenz vielleicht nicht mehr (wie ich auch) in Gänze erfassen wird. Aber er wird nicht aufhören, Artikel darüber zu lesen und das genau zu studieren und eben von der Akademie erwarten, dass sie da dranbleibt. Dranbleibt an den Themen, die eben heute wichtig sind.
II.
Und ein zweiter Gedanke – auch das ist sichtbar geworden, ich nenne es einmal: Empathie und Sensibilität. Ich erinnere mich etwa an Telefonanrufe in der Flüchtlingskrise 2015, wo Sie, lieber Herzog, gesagt haben: „Also ich überlege doch wirklich, muss ich noch einmal etwas sagen? Wie sieht das aus? Was können wir tun für die Flüchtlinge? Wie kann man da etwas in Gang bringen?“ Eine Sensibilität für die Armen. Ein Mensch, der aus einer solch großen Familie kommt, der für viele Menschen einer der Hochadligen ist, hat das Herz für die einfachen Menschen nie verloren. Das habe ich immer gespürt, auch in den Begegnungen und eben besonders im Einsatz für die Armen. Die soziale Seite in den Blick zu nehmen, das gehört zum Christsein, zum Menschsein. Wir haben ja eine Liste seiner Engagements gesehen. Margaret Thatcher hat gesagt, so etwas wie Gesellschaft gäbe es überhaupt nicht. Das ist töricht. Es gibt Gesellschaft, Zivilgesellschaft. Das ist ein wesentlicher Teil unseres Lebens. Der Staat ist das eine, aber die lebendige Gesellschaft ist das andere: die sich selbst organisiert, sich selbst voranbringt, die Kunst hervorbringt, die soziale Aktivitäten hervorbringt, dass das ineinander geht, miteinander geht und der Mensch niemals – wie Sie gesagt haben – alleine unterwegs ist.
Es gibt kein Menschsein für sich allein, es gibt nicht das Subjekt an sich, es gibt immer nur das Wir und das Ich zusammen. Das ist eine Vorstellung des christlichen Menschenbildes. Empathie und Sensibilität, wie es ja auch Romano Guardini gelebt hat, obwohl er sozial und politisch nicht so aktiv war; aber er hat gespürt, was in der Welt los ist. Manchmal nehme ich sein Buch in die Hand, in dem er über den Sinn der Schwermut schreibt. Wir Westfalen sind ja auch so ein bisschen „sentimentale Eichen“, wie Heinrich Heine gesagt hat. Das ist bei Herzog Franz nicht der Fall, aber er besitzt eine sehr hohe Sensibilität für das, was an Brüchen und Herausforderungen in der Welt ist.
So wie er das Bild hinter mir interpretiert hat, haben Sie alle es gespürt: Das kann nur jemand, der hoch empfindlich die Zeit sieht und die Wunden der Welt anschaut. Und das Letzte für einen Christen, für einen Menschen, ein „Mission-Statement“ sozusagen, ist für uns: Gelassenheit und Zuversicht. In einem gewissen Alter denkt man ja vielleicht auch weiter. Das tut Herzog Franz sicher. Aber er tut es in Gelassenheit und Zuversicht.
Mein alter Heimatpfarrer sagte etwas ganz Schönes: „Je älter Pater Placidus wurde, desto gütiger wurde der liebe Gott.“ Pater Placidus war natürlich eine Erfindung, aber eine gute.
III.
Und ich denke, das gilt auch für Ihr Zeugnis in die Kirche hinein. Darüber haben wir immer wieder gesprochen. Neulich – das ist auch eine Anekdote, die aber wahr ist – haben wir in Schloss Nymphenburg gemeinsam eine Opernaufführung besucht. In der Pause habe ich dann gesagt: „Königliche Hoheit, jetzt ist die Pandemie zu Ende. Wie wäre es, wenn die ‚alten Mächte‘ zeigen, dass die Pandemie wirklich vorüber ist? Wir gehen gemeinsam in die Oper.“ Das haben wir dann auch getan. Und wir saßen dabei in seiner Loge und haben die Oper angeschaut. Ich war während der ganzen Zeit ein bisschen niedergeschlagen durch die ganze Situation in der Kirche und auch traurig. Und er sagte: „Herr Kardinal, es kommen auch andere Zeiten.“ Er hat mich in der Loge getröstet. Danke noch nachträglich dafür, dass Sie das getan haben und auch für diese Zuversicht. Nicht wegschauen, die Dinge sehen, nicht ausweichen, aber dann doch nicht resignieren. Und da denke ich, sind Sie ein guter Inspirator und ein Helfer und Freund der Gemeinschaft des Glaubens.
Der Glaube ist für Sie eine diskrete Angelegenheit, aber eine, die in Treue gelebt wird. Und das finde ich großartig. Das ist ein Beispiel für viele Menschen. Die Sicherheit, dass man in all den Turbulenzen, in all dem Auf und Ab der Geschichte der Kirche die Hoffnung hat, dass das, was uns dieser Mann aus Nazareth mit auf den Weg gegeben hat, nicht aufhört. Und dass wir weiter daran arbeiten werden, dass wir diesen gemeinsamen Weg gehen.
Und die Kunst wird dabei wichtig sein: Alterität! Es gibt das schöne Wort von Johann Baptist Metz, das mich immer begleitet, zur Definition von Religion: Unterbrechung! Das könnte man auch über die Kunst sagen: Unterbrechung des Zweckhaften durch das, was keinen Nutzen bringt, aber einen Sinn hat, wie wir eben gehört haben. Das hat uns Guardini ganz gut beigebracht: Alterität und Unterbrechung.
Danke für Ihr Zeugnis! Danke für das, was Sie uns schenken, in den immer wieder neuen persönlichen Begegnungen. Danke für das, was Sie für diese Akademie getan haben. Begleiten Sie uns noch lange mit Ihrem Zuspruch und Ihrem Gebet. Danke!