Der Siebenjährige Krieg (1756–1763), der heute gern als frühmoderner ‚Weltkrieg‘ gehandelt wird, war in der Tat ein Konflikt mit globalen Dimensionen und verband Kriegsschauplätze und Konfliktlinien in Europa, Nord- und Südamerika, der Karibik, Afrika und Südasien. Je nach nationalem Blickwinkel steht er allerdings für zwei verschiedene Kriege des 18. Jahrhunderts. So begann der Siebenjährige Krieg für die einen im Juli 1755 im Ohio Tal, für die anderen im August 1756 mit dem Einmarsch preußischer Truppen in Sachsen. Der Siebenjährige Krieg steht damit für zwei ganz unterschiedliche Konflikte des 18. Jahrhunderts: den Kampf Großbritanniens mit Frankreich und die Rivalität zwischen Preußen und Österreich. Beide Konfrontationen gingen auf ungelöste Rivalitäten des vorangegangenen Krieges zurück, der als Österreichischer Erbfolgekrieg ebenfalls globale Ausmaße angenommen hatte und als 1. und 2. Schlesischer Krieg die Konflikte zwischen Preußen und Österreich umfasste. Österreich und Preußen hatten zwar in Dresden 1745 einen Frieden geschlossen, doch war der Raub Schlesiens durch Friedrich II. in Wien keineswegs akzeptiert. Auch der Frieden von Aachen 1748 konnte die anglofranzösische Rivalität in den Kolonien kaum wirklich beilegen, gerade in Frankreich galt der Friede als großer Fehler. Im Folgenden steht mit den Auseinandersetzungen zwischen Großbritannien und Frankreich die globale Seite des Konfliktes im Mittelpunkt, doch wird stets zu fragen sein, wie diese mit denen der anderen Kriegsparteien und Schauplätzen verflochten war. So lag der räumliche Knotenpunkt in Kurhannover, dessen Verteidigung gegen Frankreich die Briten zum Engagement in dem seit 1714 durch Personalunion verbundenen Territorium des Alten Reiches zwang. Für das, was die Historiker*innen heute Verflechtung nennen, bemühten die Zeitgenossen Bilder überspringender Flammen, angesichts der hohen Stadtbrandgefahr im vormodernen Europa eine lebensweltlich unmittelbar evidente Metaphorik.
Aber auch wenn Preußens und Österreichs Konflikt völlig unverbunden mit dem Krieg zwischen Großbritannien und Frankreich gewesen wäre, würde dies an der globalen Dimension wenig ändern, denn der Konflikt zwischen den beiden maritimen Kolonialmächten fand auf mindestens sechs Schauplätzen statt, von denen im Folgenden diejenigen außerhalb Europas eingehender behandelt werden. In Großbritannien und Frankreich wird der Siebenjährige Krieg als Konflikt um die Vorherrschaft in Europa und auf den Weltmeeren erinnert, der mit der Hegemonie des Britischen Empire endete. In den USA ist er unter dem Namen French and Indian War eine Vorstufe zum amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. In Kanada firmiert der Siebenjährige Krieg nicht nur als French and Indian War, sondern auch als Guerre de la Conquete, als ‚Krieg der Eroberung‘ mit dem Resultat eines endgültigen Endes der Nouvelle-France. Für Indien ist er als dritter Krieg im Karnatik und Konflikt in Bengalen ein Kapitel auf dem Weg zur britischen Kolonie. Fragt man danach, um was für einen gesellschaftlichen Ort es sich jeweils handelte, wer die Kriegsparteien waren, welche Formen der Kriegführung vorherrschten und um welche Ressourcen gerungen wurde, zeigen sich im Vergleich zu Europa einige signifikante Unterschiede.
In Nordamerika und in Indien hatte man es jeweils mit einem triangulären Konkurrenzverhältnis zu tun: in Nordamerika die europäischen Siedler beider Nationen und die Native Americans, in Indien die europäischen Handelskompanien und die lokalen Gewalten in der Nachfolge des ehemaligen Mogulreiches. In der Karibik und in Afrika haben wir es vor allem mit Konflikten der europäischen Kriegsmarinen und lokaler Milizionäre zu tun. Auf allen Schauplätzen ging es um wirtschaftliche Ressourcen: in der Karibik um Zucker, in Kanada um Pelze, im Ohiotal um Land, in Westafrika um Gummi Arabicum und in Indien unter anderem um Salpeter und lokale Steuerhoheiten. Auch die Art der Kriegführung unterschied sich je nach Kriegsparteien und lokaler Umwelt. In den Wäldern Nordamerikas dominierte der kleine Krieg und die Belagerung fester Plätze, in Afrika und der Karibik herrschten amphibische Operationen, also Belagerungs- und Landungsoperationen der Seestreitkräfte vor, und in Indien dominierten Belagerungen und einige wenige, kaum mit den europäischen vergleichbare Schlachten. Zusätzlich angefacht wurde die britisch-französische Rivalität durch konfessionelle Motive, die zur ideologischen Radikalisierung beitragen konnten und das nicht nur unter den christlichen Europäern, sondern auch mit Blick auf die Indigenen: Den Native Americans begegnete man als ‚Heiden‘ mit besonderer Härte, und auch die südasiatische Religionsvielfalt mit Muslimen und Hindus bot zusätzlichen Konfliktstoff. Die globale religiöse Verflechtung, wie sie unter anderem über Missionare und Orden vermittelt wurde, unterstützte jedoch auch Informationsflüsse innerhalb eines frühmodernen Medienkrieges. Bereits aus diesem groben Überblick wird erkennbar, dass es sich neben geopolitischen Kalkülen der europäischen Machtzentren in London und Paris ganz wesentlich um Akteure vor Ort mit modern gesprochen privatwirtschaftlichen Interessen handelte und dass Armeen und Kampfweisen zum Teil deutlich vom europäischen Ideal abwichen. Die globale Ausdehnung europäischer Mächterivalitäten als solche war nicht neu, auch der pfälzische, spanische und österreichische Erbfolgekrieg hatte jeweils seine außereuropäischen Schauplätze. Einen nachhaltigen geopolitischen Unterschied machte jedoch der Ausgang des Siebenjährigen Krieges.
Für einige Äcker voller Schnee? Kanada und die nordamerikanischen Kolonien
In Nordamerika hatte der Aachener Frieden 1748 die Rivalitäten, die zwischen Neufrankreich und den britischen Kolonien von Virginia bis hoch nach Neufundland schwelten, nicht beendet. Am Zusammenfluss von Allegheny und Monongahela, den „Forks of the Ohio“ in der Nähe des heutigen Pittsburgh eskalierte die Gewalt im Scharmützel von Jumonville Glen im Mai 1754 – einer französischen Niederlage – und der Niederlage der Briten in der Schlacht am Monongahela am 9. Juli 1755. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob der schleichende Ausbruch des Krieges im Ohiotal die europäischen Mächte, ohne dass diese es wollten, in einen globalen Konflikt gezogen hätte: Im Mai 1756 erklärte Großbritannien Frankreich offiziell den Krieg.
Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich rasch längerfristiges geopolitisches Kalkül sowohl auf Seiten Großbritanniens wie auch Frankreichs. In Großbritannien unterschieden sich die beiden Lager der „blue water policy“ und des „continental commitment“ besonders deutlich. Während die einen die Expansion auf den Weltmeeren befürworteten, standen für die anderen der Schutz Kurhannovers und ein Eingreifen auf dem europäischen Festland im Vordergrund. Die Debatte spielte sich in einer relativ modern gearteten politischen Öffentlichkeit ab, denn neben der Krone stand das Parlament als Entscheidungsinstanz, und die Presse konnte wesentlich freier publizieren als auf dem Kontinent. Angesichts des schwelenden Konflikts in Nordamerika bemühte sich Frankreich in der europäischen Öffentlichkeit das Bild einer britischen Aggression zu verbreiten. Ein wichtiges außenpolitisches Ziel war es, die Niederlande aus einer möglichen antifranzösischen Koalition herauszuhalten. In Paris rivalisierten ähnliche Fraktionen wie in London: Während die einen eine politische Fokussierung auf den Kontinent propagierten, forderten andere ein Engagement für die Kolonien.
In einem Brief an seinen Freund Nicolas-Claude Thieriot (1697–1772) schrieb Voltaire am 29. Februar 1756 die berühmten Worte: „Ich weiß nicht, ob in diesem Bild viele für die Menschheit schmachvollere Züge sind als zwei aufgeklärte Nationen zu sehen, die sich gegenseitig den Hals abschneiden für einige Morgen von Eis und Schnee in Amerika.“ In seinem berühmten Can-dide griff er die Formulierung 1759 wieder auf, als dieser fragt, ob die Menschen in England genauso närrisch wie in Frankreich seien und zur Antwort erhält: „Sie wissen doch, daß diese beiden Völker wegen ein paar Schneefeldern gegen Kanada Krieg führten und daß sie für diesen hübschen Krieg mehr ausgaben, als ganz Kanada wert ist.“ Das war aber nur eine, vergleichsweise extreme Position unter vielen. So hegte die französische politische Elite keineswegs eine allgemeine Skepsis gegenüber den kolonialen Initiativen. Während die einen den reinen Seekrieg forderten, setzten die anderen auf eine Besetzung Hannovers und der österreichischen Niederlande. Jedoch herrschte auch unter den Befürwortern der Kolonialpolitik keineswegs Einigkeit. Einige bevorzugten vor allem das Mississippi-Tal und Louisiana, andere machten dezidiert Werbung für Kanada.
Das quantitative Verhältnis beider Mächte in Nordamerika gestaltete sich höchst ungleich: Rund 2 Millionen Bewohnern der britischen Kolonien standen nur etwa 60.000 französische Bewohner gegenüber. Auch die Streitkräfte waren entsprechend ungleich aufgestellt, hier waren etwa 10.000 reguläre französische Land- und Marinetruppen mit 42.000 Regulären und Milizionären auf britischer Seite konfrontiert. Aufgrund dieser Asymmetrie waren vor allem die Franzosen auf indigene Verbündete, wie unter anderen die Abenaki, Algonquin, Lenape, Ottawa oder Shawnee, angewiesen. Die Briten hingegen waren zeitweise mit der Irokesen Konföderation oder der Nation der Cherokee verbündet, woher der Konflikt den Namen Franzosen und Indianer-Krieg erhielt. Mit den Native Americans veränderten sich auch die Praktiken europäischer Kriegführung, was aus europäischer Sicht immer wieder als Entgrenzung wahrgenommen wurde, auch wenn gerade die europäische Kriegführung gegenüber den Stämmen besonders rücksichtslos ablief. In den zeitgenössischen Medien erregten Praktiken wie das Skalpieren Aufsehen und immer wieder erschienen Berichte von vermeintlichen Gräueltaten der ‚Indianer‘. So etwa ein als ‚Massaker‘ medialisierter Vorfall bei der Einnahme des britischen Fort William Henry im August 1757, bei dem etliche der abziehenden Briten getötet wurden. Literarische Berühmtheit erlangte das Ereignis vor allem durch James Fenimore Coopers Historienroman Der letzte Mohikaner von 1826.
1757 war die Situation für die Franzosen zunächst von Erfolgen geprägt. Die britische Führung war noch unorganisiert und im Kleinkrieg um die Forts im Ohiotal bewährte
sich die französische Taktik. Eine Expedition auf Louisbourg im heutigen Nova Scotia scheiterte am Entsatz durch eine französische Flotte. Doch nun begann sich das Blatt strukturell zu wenden. Die britische See-blockade griff zunehmend und schnitt die Franzosen von der Versorgung mit Truppen und Ressourcen aus dem Mutterland ab, die Ernte fiel 1757 in Kanada schlecht aus, der für die Heeresversorgung verantwortliche Intendant überzog das gewöhnliche Maß an Korruption, die verbündeten Stämme litten vielfach unter Pockeninfektionen und die Briten konnten im Gegenzug erfolgreich Truppen mobilisieren. 1758 fiel das belagerte Louisbourg an die Briten, zudem gewannen sie die Kontrolle über das Ohio Tal. Doch die eigentliche Wende erfolgte mit der spektakulären Eroberung Quebecs im September 1759. Nach einer gewagten Landung an der Steilküste vor der Stadt kam es zur Schlacht auf den Abrahamsfeldern, mit rund einer Stunde eine der kürzesten, aber folgenreichsten Schlachten des Siebenjährigen Krieges. Beide Kommandeure, der britische General James Wolfe und der französische General Louis Montcalm fielen in Folge der Schlacht, während die aus Milizionären und Linieninfanterie gemischten Reihen der Franzosen rasch in Auflösung gerieten. In der Folge musste die eingeschlossene Stadt alsbald kapitulieren. Die wichtigste französische Bastion in Kanada war verloren, als letzte große Stadt war allein Montreal in französischer Hand. Angesichts einer Armee von rund 18.000 britischen Regulars und Kolonialtruppen ergab sich Gouverneur Vaudreuil mit seinen 4.000 verbleibenden Männern am 8. September 1760 kampflos den überlegenen Angreifern. Binnen weniger Wochen gelangte anschließend die gesamte Provinz unter britische Herrschaft. Auf dem kanadisch-nordamerikanischen Schauplatz war der Siebenjährige Krieg als French and Indian War damit beendet. Eine kleinere französische Expedition gegen Neufundland 1762 blieb Episode. Die Native Americans verloren mit den Franzosen einen mächtigen Verbündeten, und obwohl es zunächst so aussah, als ob dem Vormarsch der europäischen Siedler westlich der Appalachen mit der königlichen Proklamation Georgs III. vom Oktober 1763 Einhalt geboten würde, blieb die Grenzziehung weitgehend wirkungslos, und mit dem Pontiac Krieg 1763–1766 schloss sich gleich der nächste Konflikt an.
Indien: Eine Handelskompanie auf dem Weg zur Territorialmacht
Indien war nach dem Tod des Moguls Aurangzeb im Jahr 1707 von zahlreichen Erbfolgekonflikten geprägt, ein Zustand, den man negativ als Zerfall des Mogulreiches beschreiben kann oder positiv als „segmentäre Staatsbildung“ (Michael Mann). In jedem Fall öffnete die Schwäche der über Jahrhunderte zentrale Macht ausübenden muslimischen Dynastie auswärtigen Akteuren vielfältige Möglichkeiten der Bündnispolitik. Aus den lokalen Rivalitäten ließen sich immer wieder Vorteile für Dritte generieren. Anders als auf dem amerikanischen Kontinent oder in Europa wurde der Konflikt in Indien von europäischer Seite jedoch nicht von regulären Armeen oder lokalen Milizen, sondern von den jeweiligen Handelskompanien geführt. Die britische East India Company (EIC) und die französische Compagnie des Indes (CdI) hatten allmählich die Niederländer und Portugiesen als wichtigste europäische Handelsnationen auf dem indischen Subkontinent abgelöst und steuerten auf eine militärische Konfrontation zu. Im Vergleich zu Nordamerika waren in Südasien jedoch beide Parteien auf lokale militärische Unterstützung angewiesen. Als erste reagierten die Franzosen systematisch auf den Bedarf an Soldaten und rekrutierten lokale Krieger, die sogenannten Sepoys, welche sie nach europäischen Mustern drillten, uniformierten und bewaffneten, alsbald adaptierten auch die Briten diese Rekrutierungsstrategie und überflügelten langfristig ihre französischen Rivalen darin. Die Briten besaßen drei besonders wichtige Handelsniederlassungen auf dem indischen Subkontinent: An der Westküste in Mumbai (kolonialsprachlich Bombay), an der Südostküste in Madras und in Kalkutta im Nordosten in Bengalen. Nördlich von Kalkutta befand sich jedoch der französische Stützpunkt in Chandannagar und in räumlicher Nachbarschaft von Madras das französische Pondicherry. Eine direkte Konfrontation war also naheliegend, zumal die Franzosen mit Joseph Francois Dupleix einen ambitionierten Gouverneur eingesetzt hatten. Ähnlich wie Nordamerika waren die Expansionsbestrebungen der Europäer auf lokale Kooperationspartner angewiesen, so dass sich auch hier trianguläre Bündnisstrukturen mit den lokalen Mächten ergaben. Ein Konfliktpunkt mit den lokalen Fürsten in der Nachfolge des indischen Mogulreiches lag immer wieder in der Berechtigung, lokale Forts zu errichten und zu befestigen, befanden sich die europäischen Händler doch stets auf fremdem Territorium und waren nur geduldet. Sie nutzten jedoch geschickt eine Politik der Versicherheitlichung, das heißt eine Situation wurde als unsicher und den Handel bedrohend beschrieben, was Maßnahmen zur Sicherheit erforderte, die sich letztlich jedoch auch gegen die lokalen Gewalten richten konnten.
Im Falle von Fort William in Kalkutta eskalierte diese Politik 1756 zu einem offenen Konflikt mit dem Nawab von Bengalen, Fürst Siraj ud-Daulah (1733–1757). Die Truppen des Nawabs nahmen im Juni Fort William ein, und die verbliebenen Briten – der Kommandeur hatte sich abgesetzt –, deren Zahl in den Berichten ca. zwischen 40 und 145 schwankt, wurden in einem kleinen Wachraum des Forts inhaftiert. Diese Nacht im „Black Hole of Calcutta“ überlebte die Mehrheit der Inhaftierten nicht, was in der Folge medial zu einem der Mythen des britischen Empire aufgebaut wurde. Der Authentizitätsgehalt des einzigen schriftlichen Zeugnisses eines Überlebenden, John Zephaniah Holwell, das bereits zeitnah auch in deutscher Übersetzung erschien, gilt als umstritten, der Wirkmächtigkeit des Schwarzen Lochs für das britische Bild indischer Despotie stand dies jedoch nicht im Wege.
Als die Nachricht des Verlustes der Niederlassung in Kalkutta Madras erreichte, ergriff die Company unter Führung von Colonel Robert Clive rasch die Initiative zu einem Gegenangriff, der sich jedoch aufgrund der Verkehrslogistik zunächst bis Dezember verzögerte. Kalkutta wurde Anfang Januar 1757 mehr oder weniger kampflos eingenommen, doch die Konfrontation mit dem Nawab endete in einer Art Pattsituation, zumal dieser Angriffen aus Afghanistan ausgesetzt war und nicht an zwei Fronten gleichzeitig agieren konnte. Die Briten nutzten die Pause, um sich gegen das französische Chandannagar zu wenden, das am 23. März an die Truppen Clives fiel. Strategisch bedeutete das nicht nur den Verlust französischen Einflusses in Bengalen, sondern hatte auch weitere logistische Konsequenzen für die französische Niederlassung auf Mauritius.
Am 26. Juni kam es bei Plassey, 150 Kilometer nördlich von Kalkutta, zu einer Kanonade der Truppen Clives und der Armee Siraj du-Daulahs, die als Entscheidungsschlacht im Ringen um die britische Vorherrschaft erinnert wird. Die Zusammensetzung der Parteien ist signifikant für die Asymmetrie des ganzen Konflikts. Rund 50.000 Mann auf Seiten des Nawab standen rund 3.000 Mann auf Seiten Clives gegenüber, darunter allein 2.100 Sepoys. Die Artillerie des Nawab wurde zudem von 50 französischen Artilleristen unterstützt. Mehrere Faktoren machten das Ereignis zu einem Debakel für den Nawab. Einer seiner Gefolgsleute Mir Jafar Ali Khan, Befehlshaber einer Armee von 15.000 Mann, konspirierte gegen den Nawab und griff nicht in den Kampf ein, ein Monsunregen hatte das Pulver der indischen Seite durchnässt, während es die Briten mit Zeltplanen trocken halten konnten. Zwei der drei wichtigsten Kommandeure des Nawab wurden schon während einer frühen Phase des Gefechts getötet. Die Briten verloren rund 80 Mann an Toten und Verwundeten, die Inder hingegen an die 500. Einer der größten Nutznießer des Sieges war Mir Jaffir, der von Clive als der neue „Nabob von Bengalen“ begrüßt wurde. Der immer wieder siegreiche Clive wurde zu der Heldenfigur des indischen Kriegsschauplatzes schlechthin. Man verlieh ihm zur Belohnung den Titel „Clive of Plassey”, in die Geschichtsschreibung ging er jedoch später als „Clive of India“ ein. Mit der siegreichen Schlacht von Wandiwash 1760 und der Eroberung Pondicherrys im Jahr 1761 sicherten sich die Briten schließlich endgültig die Vorherrschaft in Indien. Eine Entscheidung, die für die Geschichte Indiens von kaum zu überschätzender Bedeutung war. Durch den sukzessiven Erwerb von Steuerprivilegien und das weitere Gegeneinanderausspielen der lokalen Fürsten wandelte sich die Rolle der EIC in Bengalen vom Handelspartner zum territorialen Herrschaftsakteur. Dies erforderte auch immer mehr politisches Engagement der britischen Krone und ebnete langfristig den Weg zum British Raj des 19. und 20. Jahrhunderts.
An den Küsten Afrikas, Südamerikas und der Karibik
Globale Verflechtung bedeutete aus Sicht der Kabinette immer auch ein Abwägen von Gewinnen und Verlusten. So zeigte Frankreich insgesamt deutlich weniger Interesse an seinen Territorien in Nordamerika, die vor allem für den Pelzhandel relevant waren, als an den wesentlich lukrativeren Zuckerinseln in der Karibik. Das wusste auch London, und so zielte einer der maritimen Strategien des britischen Außenstaatssekretärs Willam Pitt darauf, den französischen Handel auf den West-Indischen Inseln zu treffen. Eine Expedition gegen Martinique Ende 1758 scheiterte zunächst, doch in der Folge kam es im Mai 1759 zur Eroberung Guadeloupes. Ein Ereignis, das erst in jüngerer Zeit in diesem Zusammenhang auch mit Bezug auf den Siebenjährigen Krieg gewürdigt wurde, ist der unter dem Namen Tacky’s Rebellion erinnerte Sklavenaufstand auf Jamaika vom April 1760 bis zum Oktober 1761. Angeführt von einem versklavten Afrikaner namens Tacky kam es zu einem der größten Sklavenaufstände der Zeit, während dessen blutiger Niederschlagung mehrere hundert schwarze Menschen getötet wurden. Ein Vorgehen, das britische militärische Kräfte band und die strategische Lage in der Karibik beeinflusste. Nachdem die großen Truppenverbände in Nordamerika nach 1760 für andere Aufgaben verfügbar waren, entsandte man Teile von ihnen zum erneuten Versuch der Einnahme von Martinique, der im Februar 1762 Erfolg hatte, rasch gefolgt von der Eroberung von Saint Lucia, Grenada and Saint Vincent. Das war wirtschaftlich ein harter Schlag für die französische Krone, doch für die Plantagenbesitzer öffneten sich mit der damit endenden britischen Blockade auch wieder die Märkte.
An zwei weiteren, heute wohl in der historischen Erinnerungskultur Europas nur noch wenig präsenten, britischen Operationen in Afrika und Lateinamerika wird insbesondere die Wirkmächtigkeit privatwirtschaftlicher Initiativen für die globale Verflechtung ersichtlich. Im Jahr 1758 überzeugte ein New Yorker Quäker und Kaufmann namens Thomas Cummings Pitt von dem Projekt, den französischen Handel mit Gummi arabicum an sich zu ziehen und eine Expedition an die Küste Westafrikas zu entsenden. Gummi arabicum ist aus dem Wundsaft bestimmter afrikanischer Akazienbäume (u. a. Senegalia senegal) gewonnenes Harz, das im 18. Jahrhundert unter anderem zum Binden von Farben, dem Kattundruck (Calico printing) und bei der Seidenverarbeitung verwendet wurde. Heute ist es beispielsweise ein wichtiger Bestandteil von Coca-Cola.
Von Plymouth machte sich am 9. März 1758 eine kleine Flotte von vier Kriegsschiffen unter dem Kommando von Henry Marsh auf den Weg nach Afrika. Ihr Ziel war das 1659 gegründete französische Sklaven-Fort St. Louis an der Mündung des Senegal. Am 23. April erreichten die Briten die Flussmündung und nahmen das Fort ohne Gefechte rasch ein. So für weitere Eroberungen motiviert, nahmen sie Kurs auf den 100 Meilen südlich gelegenen französischen Inselstützpunkt Gorée (von niederländisch „Goede Reede“ sicherer Hafen), einem zentralen Umschlagplatz des atlantischen Sklavenhandels. Doch der Angriff blieb erfolglos, so dass man mit 400 Tonnen erbeutetem Gummi arabicum die Heimreise antrat. Pitt sah das als einen Erfolg und entsandte sogleich eine noch umfangreichere Flotte unter Kommando von Captain Augustus Keppel (1725–1786), die bereits am 22. Oktober von Spithead wieder Richtung Afrika aufbrach. Diesmal verlief die Fahrt jedoch weniger reibungslos. Eines der Schiffe erlitt vor Marokko Schiffbruch, mit dem Ergebnis, dass 130 Männer ertranken und 220 weitere zu Gefangenen der Mauren wurden. Die übrige Flotte ging am 28. Dezember 1758 bei Dakar vor Anker. Diesmal gaben die Franzosen rasch auf, die Gefechte kosteten 30 Franzosen und 16 Briten das Leben, weitere 300 französische Soldaten wurden nach Europa verbracht, um sie gegen gefangene Briten einzutauschen. Die Bewohner des Alten Reiches erhielten die Nachricht von der Eroberung Ende Januar 1759, konnten damit aber meist wenig anfangen. Der strategische Wert der britischen Einnahmen war begrenzt. Sie waren jedoch Teil einer Strategie Pitts, die französische Ökonomie zu schädigen, und stellten eindrucksvoll unter Beweis, zu welch globaler Schlagkraft die britische Navy in der Lage war.
Eine weitere Ausweitung erfuhr der Krieg in Folge des Bourbonischen Familienpaktes zwischen Frankreich und Spanien, mit dem sich der Konflikt 1762 auch auf koloniale Territorien Spaniens und Portugals ausweitete. So kam es neben Kuba und den Philippinen auch in Lateinamerika zu Kämpfen. In Nicaragua erfolgte ein britischer Angriff auf die Festung Immaculata Concepción, am Rio de la Plata kam es um Buenos Aires zu Kämpfen der Briten und Portugiesen gegen die Spanier, in Brasilien kämpften Spanier und Portugiesen in der Provinz Mato Grosso und um Colonia del Sacramento. An dieser Stelle sei nur eine kurze Episode erwähnt, die auf wiederkehrende Muster der britischen Seekriegsführung verweist. So startete 1762 John MacNamara, ein ehemaliger Offizier der East India Company, eine private Initiative gegen die spanischen Siedlungen an der Mündung des Rio de la Plata. Mit einem Syndikat aus Plymouth segelte er mit den drei Fregatten Gloria, Ambuscade und Lord Clive gegen Colonia del Sacramento. Den Spaniern gelang jedoch die erfolgreiche Verteidigung des direkt gegenüber von Buenos Aires liegen Forts. Das nach dem in Indien so erfolgreichen Robert Clive benannte Flaggschiff fing Feuer, und in der Folge wurden sowohl Kommandeur MacNamara als auch ein Großteil der Besatzung getötet. Anders als im Senegal war den Briten hier kein Erfolg beschieden.
Zwei Frieden und eine neue Weltordnung
Bereits Ende 1759 zeigten sich erste Anzeichen für einen möglichen Frieden. Man plante einen europäischen Friedenskongress in Augsburg im Jahr 1761, der jedoch nie zustande kam. Hier hätte sich für alle Parteien die Möglichkeit ergeben, die Teilkonflikte des Siebenjährigen Krieges in einem gemeinsamen großen Friedenswerk zu beenden. Stattdessen schloss man 1763 zwei Frieden: Am 10. Februar 1763 erfolgte der Friedensschluss zwischen England, Frankreich, Spanien und Portugal in Paris und am 15. Februar im sächsischen Hubertusburg der zwischen Preußen, Österreich und Sachsen. Von einem sofortigen Ende des Krieges kann jedoch kaum gesprochen werden, er endete ähnlich schleichend, wie er begonnen hatte. Bis alle Armeen die gegnerischen Territorien verlassen hatten, vergingen noch Monate, und im globalen Maßstab verhinderten die langen Kommunikationswege ohnehin ein zeitgleiches Handeln. Manche Siegesnachricht traf erst nach dem Friedensschluss in Europa ein. Schon am 3. November 1762 war in Fontainebleau der Vorfrieden des Pariser Friedens unterzeichnet worden.
In Großbritannien war der Frieden nicht unumstritten. Gerade aus Sicht der siegreichen Partei sahen einige noch nicht genug Vorteile darin erreicht. Umstritten waren u. a. die Rückgabe der französischen Zuckerinseln, Zugeständnisse bei den Fischereirechten in Neufundland oder die Folgen des Rückzugs aus dem Reich für den preußischen Bündnispartner. Doch das House of Commons stimmte dem Frieden schließlich mit überwältigender Mehrheit zu.
Am 10. Februar 1763 kam es im Hotel des englischen Botschafters in Paris zur Unterzeichnung des 27 Haupt- und 3 Separatartikel beinhaltenden Vertrages. Zu den folgenreichsten Vereinbarungen zählte die vollständige Abtretung von französischen Gebietsansprüchen in Nordamerika. Damit war das Ende Neu-Frankreichs, der nouvelle France, besiegelt. Die französischen Bewohner Kanadas erhielten Religionsfreiheit und bestimmte Rechte auf Fischfang, Louisiana wurde entlang des Mississippi geteilt und Spanien erhielt den westlichen, Großbritannien den östlichen Teil. Besser stand es für Frankreich in der Karibik wo es u. a. die Inseln Guadeloupe, Marie-Galante, Désirade und Martinique zurückerhielt, während Grenada an Großbritannien ging, das auch St. Vincent, Dominique und Tobago behielt. Während das an der westafrikanischen Küste gelegene Gorée zurück an Frankreich fiel, erhielten die Briten den Senegal. In Südindien stellte man den französischen Besitzstand an Faktoreien des Jahres 1749 wieder her, während im Nordosten, in Bengalen, den Franzosen fortan jede Form militärischer Aktivität verboten war; Chandannagar und Pondicherry fielen zurück an Frankreich. Auch Belle-Île ging zurück an Frankreich, Menorca wiederum an Großbritannien. Die territorialen Verschiebungen waren gewaltig und führten zu einer nachhaltigen Neuausrichtung der imperialen Ausrichtung Frankreichs und Großbritanniens.
Der Krieg hatte nicht nur unterschiedliche Schauplätze miteinander verknüpft, sondern auch viele Verbindungen gekappt. Frankreich suchte nach neuen Einflusszonen etwa im Norden Lateinamerikas (Französisch-Guyana) und vor allem in Afrika. Großbritannien war zu einem Weltreich geworden, dessen enorme Ausdehnung jedoch mittelfristig auch zum Problem werden sollte. Die Kosten des Krieges mussten beglichen werden, und die dazu notwendige Besteuerung wollten etwa die nordamerikanischen Kolonien nicht ohne politische Teilhabe mittragen. Der Franzosen und Indianer-Krieg gilt daher auch als wichtige Vorstufe zum amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, in den sich dann auch die einstigen Rivalen Frankreich und Spanien auf Seiten der ‚Rebellen‘ einschalteten. Zu den Folgen des Verlustes der nordamerikanischen Kolonien zählte eine stärkere Konzentration der Briten auf Indien, womit sich erneut die globalen Interdependenzen einer Welt in Flammen herausstellten. Es hing auch im 18. Jahrhundert nicht alles mit allem zusammen, doch ist der Siebenjährige Krieg ein eindrucksvolles Beispiel für die globale Dynamik eines Krieges, der Effekte auf weit entfernte Regionen ausüben konnte. Effekte, die sich geopolitischer Planbarkeit zum Teil bereits rein technisch weitgehend entzogen, ohne damit einen imperialen Willen gegenüber den Aktivitäten der Akteure vor Ort als irrelevant zu erachten. Kennzeichnend für diesen Krieg war vielmehr, dass er sich mit gängigen Etiketten wie dem Kabinettkrieg kaum beschreiben lässt und von einer komplexen Gemengelage wirtschaftlicher, territorialpolitischer, konfessioneller und patriotischer Motive geprägt war. Motive, die zahllose menschliche Opfer gefordert haben, die nicht nur in Kampfhandlungen, sondern auch an Krankheiten und Hunger verstarben und damit dem Jahrhundert der Aufklärung blutig den Spiegel vorhielten. So beklagte Voltaire 1764, dass man Hunger und Seuchen der Vorsehung verdanke, den Krieg als deren zusätzlichem Motor aber allein „der Einbildungskraft von drei- oder vierhundert Personen, die unter dem Namen Fürsten oder Minister über den ganzen Erdball verteilt“ seien.