Between innovation and ethics

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in den Medien

As part of the event "Between innovation and ethics", 12.11.2024

© Roman Saborskyi

In Kooperation mit der Gesellschaft Katholischer Publizistinnen und Publizisten, der GKP, lud die Katholische Akademie in Bayern am 12. November 2024 zum Nachdenken über KI in den Medien ein. Beim ganztägigen Symposion Zwischen Innovation und Ethik. KI in den Medien waren journalistische Praktiker und Wissenschaftlerinnen in München, um das für die Zukunft der Publizistik und für die Gestaltung der Information für die gesamte Gesellschaft zentrale Thema zu besprechen.

Am Abend folgte in der Akademie die Verleihung des Katholischen Medienpreises, die von der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz und der GKP ausgerichtet wurde. Vier Texte, Filmbeiträge und Radiofeatures (siehe Kasten auf Seite 40) wurden von Kardinal Reinhard Marx, dem Kommissionsvorsitzenden und Erzbischof von München und Freising, ausgezeichnet.

Das Symposion – die Praxis

Beim Symposium gab es am Vormittag Einblicke in zwei sehr unterschiedliche mediale „Maschinenräume“: Thomas Zeller, Chief Content Officer der Mediengruppe Oberfranken, die als Multimediaunternehmen rund 60 Marken um die Regionalzeitung Fränkischer Tag unter ihrem Dach versammelt, berichtete, wie inzwischen KI etwa die E-Mail-Eingänge in den Redaktionen vorsortiert. Anders ließe sich die täglich anfallende Flut an E-Mails kaum mehr bewältigen, berichtete Zeller. Das Risiko, dass hier auch mal etwas durchrutsche, nehme man dabei in Kauf. Insgesamt bewähre sich das Ganze aber.

Die häufig im Lokalen anfallenden Berichte, die zum Beispiel Vereine zusenden, lasse man bereits mit KI zu Artikeln verarbeiten – am Ende schaue aber immer noch ein Mensch darüber. Bei Pressemitteilungen sei man im Experimentierstadium, veröffentliche aber noch keine solchen KI-generierten Texte. Zeller zeigte sich jedoch optimistisch, dass dies nur eine Frage der Zeit sei. Die Mediengruppe kennzeichne KI-generierte Inhalte, was von der Leserschaft positiv bewertet werde.

Steffen Kühne, Tech Lead für AI beim Bayerischen Rundfunk (BR), der das zweite Input-Referat hielt, warb dafür, in Redaktionen Lust auf das Experimentieren mit KI zu machen: „Unser größter Fehler beim BR war, dass wir das anfangs etwas verteufelt haben und den Kolleginnen und Kollegen untersagt wurde, ChatGTP für die Arbeit einzusetzen.“

Jetzt suche man in den Redaktionen nach „KI-Lotsen“, die anderen zeigen können, wie man etwa sinnvoll promptet, um gute Ergebnisse von der KI zu bekommen. Insgesamt zeigte sich Steffen Kühne zuversichtlich, dass ein Zusammenwirken von Journalist:innen und KI möglich und sinnvoll sei.

In der anschließenden, von GKP-Vorstandsmitglied Michaela Pilters geleiteten Diskussion kamen aus dem Feld der rund 40 Teilnehmenden detaillierte Nachfragen zur praktischen Umsetzung des KI-Einsatzes in den Redaktionen.

Das Symposion – die Reflexion

Die Professorin für Wissenschaftskommunikation an der Uni Passau, Hannah Schmid-Petri – sie bestritt den Auftakt der Nachmittagseinheit –, ging kritisch mit den Medienhäusern ins Gericht, vor allem mit Blick auf Transparenz. Zwar seien KI-Richtlinien in den meisten Medienhäusern und Redaktionen inzwischen fest verankert, doch es gebe meist keine festen Standards für die Offenlegung. Oft würden nur größere mit Hilfe von KI-generierte Inhalte gekennzeichnet, nicht aber deren sonstiger Einsatz.

„Die Frage, wer Nachrichten verfasst und verantwortet, wird schwieriger zu beantworten“, so Schmid-Petri. Für Leser verschwimme die Quellenwahrnehmung, so werde die Beurteilung von Glaubwürdigkeit erschwert: „Zentral ist die Sicherung des Vertrauens in unabhängigen Qualitätsjournalismus – wenn jeder mit KI ein Nachrichtenangebot fabrizieren kann, das der Berichterstattung in der Tagesschau täuschend ähnlich sieht, gewinnt (menschliche) Authentizität dramatisch an Bedeutung, damit die Medien ihre demokratische Aufklärungsfunktion wirksam wahrnehmen können.“

Zugleich berichtete Schmid-Petri von einem interessanten wissenschaftlichen Experiment: Es habe sich gezeigt, dass Menschen mit extremen Einstellungen Artikel und Überschriften weniger skeptisch beurteilen, wenn sie sehen, dass diese von einer KI generiert wurden. „Sie halten die Maschine für sachlicher als Journalisten, die aus ihrer Sicht stärker subjektiv und voreingenommener sind.“ Bei einer bestimmten Gruppe Menschen, die Qualitätsmedien nur noch schwer erreichen, werde der KI so eine höhere Glaubwürdigkeit zugeschrieben.

Die epd-Redakteurin und Medienethikerin Christine Ulrich fragte in ihrem Vortrag: „Wie können wir KI nutzen, ohne unsere journalistische Professionalität zu verraten?“ Im vergangenen Jahr habe eine Umfrage ergeben, dass mehr als 60 Prozent der Medienschaffenden ethische Bedenken beim Einsatz von KI hätten. „Wahrscheinlich wäre die Zahl heute schon anders“, so Ulrich. Die Branchenmagazine seien voll vom Thema „KI-Einsatz“ und nicht zuletzt dadurch werde ihres Erachtens auch der Druck in den Redaktionen erhöht.

Christine Ulrich formulierte dann eine dreifache ethische Aufgabe für Journalisten: Sie sollten sich selbst einen verantwortungsbewussten Umgang mit KI-Tools aneignen. Darüber hinaus gehöre auch zu ihren Pflichten, das Publikum aufzuklären und zum Umgang mit KI-Systemen zu befähigen. Und sie sollten den Umgang mit KI-Systemen kritisch hinterfragen. Denn viele Fragen, die sich aktuell noch beim KI-Einsatz ergäben, seien nicht unbedingt ethischer Natur, sondern eher einer mangelnden Qualität der KI geschuldet, sagte Ulrich. Etwa, dass die KI beim Thema Fakten oft noch mangelhaft sei oder keine Quellen angebe.

„Warum lässt man KI vorerst keine ganzen Artikel schreiben – aus Gründen der Qualität oder der Ethik?“, brachte die Journalistin die Frage auf den Punkt. Denn was passiert, wenn die aktuellen Mängel behoben sind – wovon manche ausgehen? Schließlich habe sich das bei Übersetzungs- und Transkriptionstools in den vergangenen Jahren schon beeindruckend mitverfolgen lassen.

Die Referate am Nachmittag waren über den YouTube-Kanal der ­Akademie live gestreamt und auch dort nahmen rund 40 Interessierte teil. In der auf die Referate folgenden, vom GKP-Vorsitzenden Joachim Frank moderierten, sehr lebhaften Podiumsdiskussion, bei der via Fragetool ask.now auch Fragen aus dem Netz eingebracht wurden, herrschte bei vielen die Sorge vor, dass in der gesamten Gesellschaft ethische Standards zunehmend unterlaufen werden, Fakenews immer mehr zunehmen. Es wurde angezweifelt, ob Journalismus – mit oder ohne KI – diese Entwicklung aufhalten könne.

Katholischer Medienpreis

Am Abend folgte dann im Vortragssaal der Akademie die Verleihung des Katholischen Medienpreises 2024. Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, betonte beim Festakt, unabhängiger und konstruktiver Journalismus sei Garant einer wirksamen Demokratie, er stabilisiere Freiheit und trage zum sozialen Zusammenhalt bei: „Das ist in Zeiten von Deepfake, Desinformationsstrategien und populistischer Propaganda unersetzlich.“ Wertgeprägter Journalismus nehme die Menschen in den Blick, die sonst nicht im Rampenlicht stünden, und verleihe ihren Anliegen Ansehen und eine Stimme.

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