Zu den Besonderheiten der frühen Münchner Stadt- und Wirtschaftsgeschichte gehört, dass die bürgerlichen Brauer in München die Berechtigung zur Ausübung ihres Berufes als Braulehen vom bayerischen Herzog, dem Münchner Stadtherrn, erhielten, während allen anderen Berufen dieses Recht direkt vom Rat der Stadt verliehen wurde. Solche Braulehen gab es in keiner anderen bayerischen Stadt. Dieses landesherrliche Monopol gab den Münchner Brauern (oder anfangs müsste man genauer sagen: den Brauberechtigten) zwar eine Sonderstellung unter den städtischen Gewerbetreibenden, zog aber auch eine doppelte finanzielle Belastung nach sich: An den Herzog mussten Gebühren für die Ausstellung der Lehen und eine jährliche Abgabe bezahlt werden, an die Stadt die jährliche Vermögenssteuer, wie von allen Bürgern.
Während die anderen Münchner Gewerbe und Handwerker seit dem Mittelalter in Zünften zusammengeschlossen waren, die unter städtischer Aufsicht standen, waren die Brauer rechtlich nur dem Landesherrn unterworfen. Dies verlieh den Münchner Brauern, deren Berufsorganisation in den Quellen als officium praxationis oder prewambt (Bräuamt) bezeichnet wurde, eine von den Organen städtischer Obrigkeit nicht immer gern gesehene Unabhängigkeit. Dennoch sahen sich die Brauer immer von zwei Seiten einer Fülle von Vorschriften, Regelungen und Handwerksordnungen ausgesetzt, von denen in erster Linie das herzogliche Reinheitsgebot von 1487 zu erwähnen ist, das zunächst nur für die Münchner Brauer galt, aber die gesamtbayerische Gesetzgebung von 1516 inhaltlich schon vorwegnahm.
Im Jahr 1561 bekam die Stadt München vom Herzog die hohe Gerichtsbarkeit verliehen. Erst ab diesem Zeitpunkt wurden auch die Münchner Brauer dem Stadtgericht unterstellt, die nun in den Quellen als das „gesamte Handwerk der bürgerlichen Brauer in München“ bezeichnet wurden und so als Berufsorganisation auftraten. Die landesherrlichen Braulehen bestanden aber weiter und wurden ab 1623 als kurfürstliche und nach 1806 noch als königliche Lehen ausgegeben. Diese eigentümliche Zwischenstellung der Münchner Brauer zwischen landesherrlichen und städtischen Regularien fand erst 1814 ihr Ende.
Früheste Nachweise des Bierbrauens in München
Für das erste Jahrhundert nach der erstmaligen Erwähnung des Marktes München im Jahr 1158 gibt es keine schriftlichen Quellen über das Bierbrauen in München. Man kann zwar von einem privaten Hausbraurecht ausgehen, ein gewerbliches Brauwesen existierte aber noch nicht oder hatte zumindest, im Gegensatz zum Salz-, Wein- oder Tuchhandel, keine große wirtschaftliche Bedeutung für den bayerischen Herzog, der sich die Herrschaft über den neuen Ort zunächst auch noch mit dem Freisinger Bischof teilen musste.
Erst als die Wittelsbacher 1180 mit dem Herzogtum Bayern belehnt wurden, entwickelte sich München langsam zu einer größeren Stadt, dennoch hatten zunächst andere Orte in Bayern, z.B. Landshut oder auch Regensburg, eine größere Bedeutung für den Herzog. Im ältesten bayerischen Herzogsurbar von 1231/34, mit dem sich Herzog Otto II. (1231 bis 1253) am Anfang seiner fragilen Regierungszeit über Rechte und Einkünfte vergewissern wollte, fehlt das noch umstrittene München ganz und enthält auch keine Informationen über Einkünfte aus Braurechten.1 Um 1240 konnte dieser wittelsbachische Herzog jedoch die alleinige Stadtherrschaft gegenüber den Freisinger Bischöfen de facto durchsetzen.
Sein Sohn, Herzog Ludwig II. der Strenge (1253 bis 1294) regierte ab 1255 nach der ersten Landesteilung nur im oberbayerischen Teilherzogtum, baute aber dort München zu seiner Hauptstadt aus. In seinem oberbayerischen Herzogsurbar von 1279/84 findet sich der erste archivalische Nachweis für die Existenz von Brauern (braxatores) in München, „in civitate Monaci“, so die Quellen); danach mussten sie dem Herzog jährlich unter anderem 50 Pfund Pfennige geben; der Viztum, der Stellvertreter des Herzogs, erhielt sechs und der landesherrliche Münchner Stadtrichter zwei Pfund Pfennige. Dieser Anspruch auf relativ hohe jährliche Abgaben, ein sicherer Finanzposten im herzoglichen Haushalt, zeugt bereits von dem engen Verhältnis des Landesherrn zu den Münchner Brauern.
Die besonderen Rechte, die der Herzog auf das Brauwesen in München insgesamt beanspruchte, gehen auch aus einer Urkunde Herzog Ludwigs II. vom 2. August 1286 hervor. In der Urkunde wird dem Heiliggeistspital das Braurecht über den Hausbedarf hinaus und das Schankrecht bestätigt, wörtlich: dass dort Gerste und Weizen in Malz, „in brazium“, umgewandelt werden darf. Die Formulierung „secundum antiquam consuetudinem braxatorum“ (nach alter Gewohnheit der Brauer) zeigt, dass dies in München schon längst Normalität geworden war. Allerdings wird das Spital von allen Abgaben an den Herzog befreit wie später auch die anderen Klosterbrauereien in der Stadt; so erhielt das Klarissinnenkloster St. Jakob am Anger am 16. November 1306 von den Herzögen Rudolf und Ludwig das privilegium praxandi cervisiam. Vom 1294 gegründeten Augustinerkloster in der Neuhauser Straße sowie vom Franziskanerkloster am heutigen Max-Joseph-Platz fehlen frühe Nachweise für ihre Brauereien in den Urkunden. Diese Sonderstellung der Klosterbrauereien in München, die außerdem keine Personalkosten hatten und die Rohstoffe aus eigenem Klosterbesitz im Umland bezogen, war die Ursache für den sich durch die Jahrhunderte ziehenden Wettbewerbsstreit mit den abgabepflichtigen bürgerlichen Brauern.
Auf der Rückseite der Urkunde von 1286 ist erstmals der Begriff „officium praxacionis“ vermerkt. Damit ist kein spezielles herzogliches Verwaltungsamt für das Brauwesen gemeint, sondern es steht in erster Linie für das Braurecht als landesherrliches Hoheitsrecht (Regal), dann für die Gemeinschaft aller, die mit landesherrlicher Genehmigung Bier brauen, und auch für die damit verbundenen Einkünfte.
Weitere wichtige Quelle aus dieser Zeit ist das Rechnungsbuch des Oberen Viztumsamts. Das oberbayerische Teilherzogtum war in ein oberes Viztumsamt südlich der Donau mit München eingeteilt und in eines nördlich der Donau mit Burglengenfeld. Das waren oberste Aufsichts- und Finanzbehörden in Stellvertretung des Landesherren. In den Rechnungsbüchern finden sich im Gegensatz zu den Soll-Leistungsangaben der Urbare die tatsächlich geleisteten Abgaben. Für die Jahre 1291, 1292 und 1294 sind die im Herzogsurbar festgesetzten Abgaben von 50 Pfund Pfennige an den Herzog und sechs an den Viztum als tatsächlich geleistet eingetragen. Beim Jahr 1293 heißt es aber: „Hoc anno praxatores Monacenses nichil dederunt ex eo quod officium praxacionis fuit communiter inhibitum isto anno.“ In diesem Jahr hatten also die Herzöge wegen schlechter Getreideernte ein Brauverbot im ganzen Land erlassen, um einer Hungersnot vorzubeugen.
Wie sehr die Fürsten der regelmäßigen Einkünfte aus dem Bräuamt bedurften, zeigen uns die wiederholten Verpfändungen desselben im 14. Jahrhundert. So überließ König Ludwig IV., der Bayer, zur Abzahlung einer Schuld am 20. Februar 1325 seinem Armbruster Johannes in München das „officium braxacionis ibidem“ auf zwei Jahre für 100 Pfund Münchner Pfennige. Weitere Verpfändungen sind für die Jahre 1351 und 1383 belegt.
Aus den wenigen frühen archivalischen Belegen geht hervor, dass es seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ein sesshaftes und abgabekräftiges bürgerliches Braugewerbe in München gab, auch wenn wir für diese Zeit keine Namen oder Braustätten nachweisen können.
Wer zu diesem Bräuamt gehörte, erfahren wir erstmals im Jahr 1363. Im Ratsbuch III der Stadt München, das im Wesentlichen die jährlichen Wahlen zum Innern und Äußeren Rat der Jahre 1362 bis 1384 dokumentiert, befindet sich auch ein Eintrag mit den Namen von zwölf Bürgern, die am 21. Januar 1363 neu in das officium praxationis cervisiae aufgenommen worden sind.
Bei den Namen (unter anderen auch zwei Mitgliedern der Patrizierfamilie Sendlinger, Johannes und Franz) fällt auf, dass sie in keiner anderen Quelle (wie zum Beispiel den Steuerbüchern) als „prew“ bezeichnet werden. Sie gehörten alle der obersten Schicht der Münchner Gesellschaft an und waren sicher keine Brauer. Wir müssen also hier eher von „Brauberechtigten“ sprechen, die vom Herzog mit einer entsprechenden Genehmigung, eben dem Braulehen, ausgestattet waren. Diejenigen, die für die Brauberechtigten tatsächlich das Handwerk ausübten, werden in den Quellen als „prewmaister“ oder „prewknecht“ bezeichnet.
Von diesen 12 Mitglieder des Bräuamts wissen wir nur von dreien (aus anderen Quellen wie Urkunden oder Steuerbüchern) auch den Standort ihrer Bräustadel: Johann Schiet in der Kaufingerstraße, Seidel Vaterstetter in der Residenzstraße 9 und Aynwicus Circhler in der Sendlinger Straße 75. Noch ein viertes Haus mit Bräustadel eines Heinrich Marstaller ist 1374 in der Sendlinger Straße 2 belegt.
Möglicherweise gab es aber gar nicht mehr bürgerliche Braustätten zu dieser Zeit, was auch zu einem Engpass in der Bierversorgung geführt hat. Trotz der Neuaufnahmen von 1363 scheint das Patrizierbrauen in eine Krise geraten zu sein, weshalb die Herzöge, die um ihre feste Einnahmequelle fürchteten, mit einer neuen Brauverfassung gegensteuerten, die 1372 erlassen wurde.
Die neue Brauverfassung von 1372
Die Urkunde, die Herzog Stephan II. und seine drei Söhne Stephan III., Friedrich und Johann II. am 7. August 1372 in München ausgestellt haben, berichtet von Zwietracht und Missständen in der Vergangenheit wegen der 21 alten Bräuämter (die Zahl der bisherigen Brauberechtigten wird hier im Übrigen zum ersten Mal genannt), weil sie den Bedarf der Bevölkerung an „Greußing“, einer später wieder verschwundenen Biersorte, nicht haben decken können.
Das Braurecht wird nun auf alle ausgeweitet, denen danach „gelüstet“. Voraussetzung ist aber weiterhin ein herzoglicher Brief über die Ausübung des Amtes, eben ein Braulehen; die Gebühr für die Urkunde beträgt fünf Gulden für den Herzog und einen für den herzoglichen Kanzler. Die Gemeinschaft der Münchner Brauer, unabhängig von ihrer tatsächlichen Zahl, muss weiterhin jährlich 50 Pfund an den Herzog zahlen.
Die Urkunde ist ein „Markstein in der Geschichte des Brauhandwerks in München“, denn von nun an wird es von Handwerkern im Hauptberuf ausgeübt, sei es von gelernten Bräuknechten als Aufsteigern oder von Quereinsteigern aus anderen Berufszweigen. Als selbständige Unternehmer werden sie alle jetzt in den Quellen als „prew“ bezeichnet. Da das Brauhandwerk aber immer ein radiziertes Gewerbe war, also mit einer bestimmten Größe an Grundbesitz verbunden sein musste, gehörten die Münchner Bierbrauer weiterhin zu den reicheren Gewerbetreibenden in der Stadt.
In den Folgejahren kommt es zu einer hohen Fluktuation von Neugründungen und Betriebsaufgaben. Um 1400 gab es höchstens 13 bürgerliche Brauereien, von denen es nur fünf ins 19. Jahrhundert schafften. Die älteste heute noch bestehende Brauerei, die auf die Reform von 1372 zurückzuführen ist, wurde 1397 in der strategisch günstigen Neuhauser Straße 4 gegenüber dem Augustinerkloster gegründet. Nach dem späteren Besitzer Georg Spät (oder Spat) wurde sie 1622 zur Oberspatenbrauerei und damit zum Vorläufer der heutigen Spatenbrauerei. Um 1450 waren 16 Brauereien in Betrieb. Danach kam es zu einem regelrechten Gründungsboom, sodass um 1500 ein Gesamtbestand von 39 Brauereien in München nachzuweisen ist.
Die Namen einiger Brauer erfahren wir aus verschiedenen Quellen: Im Liber malorum hominum der Stadt sind für das Jahr 1386 acht Brauer, die sich strafbar gemacht haben, namentlich aufgelistet. Für das Jahr 1447 erlässt die Stadt eine neue Handwerksordnung für die Brauer („daz sind die newen sätz der prewn“; auf zwei beigelegten Blättern sind 38 Brauer für das Jahr 1491 namentlich belegt, die zusagen, laut der neuen Ordnung zu brauen.
Bis zur Revision der Brauverfassung von 1372 im Jahr 1493 ist nur eine Verleihung eines Braulehens überliefert, eine Urkunde Herzog Albrechts IV. vom 9. Dezember 1472. Das Braulehen für Hanns Schräl (der spätere Probstbräu in der Sendlingergasse) existiert allerdings nicht im Original, sondern nur in einer Abschrift („copi eines prewbriefs einem burger ze München“).13 Der zusätzliche Vermerk, dass solch ein Brief in gleichem oder unwesentlich geändertem Wortlaut von 1474 bis 1496 an weitere 15 namentlich genannte Brauer ausgestellt wurde, gibt dieser Urkunde den Charakter eines Musterformulars. Tatsächlich sollte es bis zur Aufhebung der Lehensverleihung im Jahr 1814, in allenfalls leicht modifizierter Form, Bestand haben.
Das Münchner Reinheitsgebot von 1487
Im Jahr 1487 veranlasste Herzog Albrecht IV. für München eine neue Bierbrauerordnung. Die Stadt ließ zuvor in Landshut und in Ingolstadt Mustersatzungen einholen. Der Münchner Stadtschreiber Konrad Pregler stellte eine Kompilation verschiedener, zum Teil schon älterer Artikel zusammen, von denen einer
Geschichte machen sollte: „Item sie [die Brauer] sullen auch pier und grewsing sieden und prewn nur allein von gersten [also Malz], höpffen und wasser und [sollen] sonst nichts darein oder daruntter thun noch sieden oder man straffe es fur valsch.“
Basierend auf diesen älteren Brauordnungen aus den anderen bayerischen Städten erließ Herzog Albrecht IV. am 30. November 1487 eine für die Stadt München geltende Brauordnung. In prägnanter Kürze wurde ebenfalls festgelegt, das Bier dürfe aus „nichts anndern dann hopfen, gersten und wasser gesotten“ werden. In einem Zusatz wurde jeder Bierbrauer verpflichtet, künftig vor dem herzoglichen Rentmeister zu schwören, „das er zu einem yeden pier allain gersten, hopfen vnd wasser nehmen (…) und nichts annders darein tun, noch durch yemand anndern verfuegen, oder sunst gestatten wolle.“ Auch der Preis für die Maß Bier wurde festgelegt und die exakte Zusammensetzung einer Prüfungskommission bestimmt, ohne deren vorherige Kontrolle kein Bier zum Ausschank gelangen durfte.
Dieses Münchner Reinheitsgebot zeigt erneut, dass die Befugnisse bezüglich des Braugewerbes nicht in der Hand der Kommune lagen, sondern als Landesangelegenheit von zentraler Stelle aus verwaltet wurden. Das weitgehend gleichlautende Gesetz, das Herzog Georg der Reiche 1493 für das Teilherzogtum Bayern-Landshut und damit erstmals für einen gesamten bayerischen Landesteil erließ, ging in dieselbe Richtung. Die beiden Ordnungen von 1487 und 1493 dienten dann als Vorlage für das bayerische Reinheitsgebot, das die beiden Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X. 1516 in einer für das wiedervereinigte Herzogtum Bayern geltenden Landesverordnung veröffentlichen ließen.
Die Revision der Brauverfassung von 1493
Die Brauverfassung von 1372 hatte auch Quereinsteigern aus anderen Berufen das Brauhandwerk ermöglicht. Allerdings scheinen nicht alle das erforderliche herzogliche Braulehen korrekt eingeholt zu haben, weshalb Herzog Albrecht IV. in einer Urkunde vom 27. September 1492 das Amt der Bierbrauer dringlich ermahnen musste.
Ein Jahr später, am 14. November 1493, entschied jener Herzog Albrecht, dass ein Braulehen nur noch der erhalte, der das Brauhandwerk erlernt habe: Es sei „keinem mer das prewambt zu verleyen, es hab dann derselb das prewen drew jar vor gelernt und könde dass selbs mit der hand arbeiten oder er sey eines prewen sone und elich geboren.“ Damit war die Grundlage für eine weitere Professionalisierung des Brauhandwerks gelegt.
Aus dieser Zeit ist auch das erste erhaltene Original eines Lehensbriefs überliefert. Auf dem Umschlag steht: „Concessionsbrief“ und „auf lehenschaft vom herzog“. Es ist die Urkunde Herzog Albrechts IV. vom 3. November 1496 für Caspar Wenigl, der „pirprew in unserer stat Munchen werden und daselbs prewen wolt“.
Das folgende Jahrhundert ist gekennzeichnet von einer Fülle von Verordnungen sowohl von Seiten des Herzogs als auch von Seiten des Stadtmagistrats, der im Bereich des Brauwesens meist auch nur Vorgaben des landesfürstlichen Stadtherrn umsetzen konnte. In ihrer Wiederholung beweisen sie, dass von den Brauern die Regularien wie das Reinheitsgebot anscheinend nicht immer genau eingehalten wurden. In einer Verordnung des Stadtrats vom 15. März 1502 wurde den Münchner Brauern eingeschärft, allein von den drei Stücken Gerste, Hopfen und Wasser obergäriges Bier zu brauen. Jeder Brauer musste den Eid auf diese Vorschrift ablegen und die Namen der 39 Brauer sind eigens im Ratsprotokoll festgehalten.
Am 23. Oktober 1517 schlichteten die Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X. einen Streit wegen der Hefe zwischen den Münchner Brauern und Bäckern („als zwischen unser hertzog Wilhelms lehenleuten des handwerchs der pierpreuen alhie zu München ains und der peckhen dasselbs anderstayls lange zeit here irrung gewesen sind“). Am 28. März 1530 erließen Bürgermeister und Rat eine Instruktion für die Bierbeschau, am 16. Januar 1540 zog Herzog Wilhelm IV. mit einer eigenen Ordnung nach, verbunden mit einem Sommerbrauverbot. Aus dem Jahr 1551 datiert wieder eine städtische „pierordnung“ und am 13. Mai 1553 wurde vom Herzog die „Bairische Landtsordnung“ (sozusagen die Novellierung von 1516) erlassen, die neben einer allgemeinen Gewerbeordnung auch eine eigene Bierordnung enthält.
Der Vertrag zwischen Herzog Albrecht V. und der Stadt München vom 31. Oktober 1561 über die Jurisdiktion, der Albertinische Rezess, brachte für die Münchner Brauer die Neuigkeit, dass sie nun auch dem Stadtgericht mit seiner höheren Gerichtsbarkeit unterstellt waren. Das änderte aber nichts am herzoglichen Brauregal, das heißt die Konzessionierung durch den Landesherrn bestand weiterhin. Für die Verleihung der Braulehen war aber nicht der Oberste Lehenhof, sondern die Hofkammer zuständig, was zeigt, dass dabei fiskalische Interessen im Vordergrund standen, denn die Abgaben und Gebühren mussten weiterhin an den Landesherrn entrichtet werden.
Im Zuge der Professionalisierung der herzoglichen Verwaltung gab es von 1575 an Lehensverleihungsakten der Hofkammer bzw. des Rentmeisteramtes Oberland, die fast lückenlos bis 1814 fortgeführt wurden. Die Lehenakten enthalten keine Lehenurkunden oder Abschriften, sondern überwiegend Korrespondenzen, vor allem Bittgesuche um Lehenverleihung, so beispielsweise 1584 von Balthsar Schmid, „pierprew und mitburger allhie zu München“.
Der Landesherr als staatlicher Brauer
Dominierte bis dahin der Landesherr nur mit seinen Verordnungen und Befugnissen das städtische Brauwesen, griff er ab Ende des 16. Jahrhunderts auch selbst als staatlicher Brauer in das Marktgeschehen ein. So ließ Herzog Wilhelm V. in dem von ihm 1589 gegründeten und bis 1591 fertig gestellten Hofbräuhaus im Alten Hof in München zunächst ausschließlich Braunbier für den Bedarf des eigenen Hofes brauen. Sein Sohn Maximilian I. erkannte die finanziellen Möglichkeiten eines Ausbaus des Brauhauses zu einer Weißbierbrauerei, was im Jahre 1602 auch tatsächlich geschah. Ab 1607 entstand an der Ostseite des später Am Platzl genannten Platzes der Neubau eines eigenen weißen Bräuhauses, dessen Betrieb dort wurde erst 1876 eingestellt.
München war nur ein Standort in einem Netz landesherrlicher, weißer Brauhäuser, mit dem Maximilian I. das ganze Land überzog. Er baute das Brauen von Weißbier zu einem landesherrlichen Monopol ähnlich dem des Salzwesens aus. Die Gewinne aus dieser neuen Einnahmequelle überstiegen bald die traditionell hohen Einnahmen aus der Salzproduktion und dem Salzhandel. Auch das von Ludwig dem Bayern 1346 an München verliehene städtische Salzhandelsprivileg hatte schon Herzog Wilhelm V. 1587 in ein herzogliches Salzhandelsmonopol verwandelt, wodurch ebenso wie beim Weißbiermonopol die kommunalen Positionen weiter ausgehöhlt wurden. Die marktbeherrschende Stellung der landesherrlichen weißen Brauhäuser endet erst mit der kurfürstlichen Entschließung vom 6. August 1798. Erst danach war das Recht, weißes Weizenbier zu sieden, an sämtliche Brauberechtigte freigegeben.
Die bürgerlichen Brauer im 17. und 18. Jahrhundert
Die Münchner Brauereilandschaft sah im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts folgendermaßen aus: Neben den neuen herzoglichen Brauhäusern und neben den seit dem Mittelalter bestehenden Brauereien des Heiliggeistspitals sowie des Anger-, Augustiner- und Franziskanerklosters, zu denen noch die Brauereien des Jesuitenkollegs (seit 1559), der Paulaner in der (nicht zum Münchner Burgfrieden gehörenden) Au (ab 1627) und der Karmeliter (ab 1629) kamen, gab es 74 bürgerliche Braustätten, so viele wie nie mehr in München.
Auch in der Folgezeit gab es wieder staatliche und städtische Regelungen für die Münchner Brauer. So trat am 29. September 1616 eine neue Landes- und Polizeiordnung in Kraft, die auch eine Modifizierung der Bierordnung von 1553 enthielt. Am 20. Februar 1660 wurde vom Rat der Stadt eine umfangreiche Handwerksordnung erlassen, die viele bereits länger bestehende Vorschriften für das Brauhandwerk zusammenfasste, wie die Ausbildung, die Organisation des Handwerks mit vier Führern, den Braubetrieb und auch die religiösen Pflichten der Bierbrauer.
Durch den Dreißigjährigen Krieg mit allen Folgeerscheinungen ging auch die Zahl der Brauereien in München zurück, wenn auch, im Gegensatz zu anderen Bereichen, nur leicht. Ein Verzeichnis aus dem Jahr 1661 listet nur noch 62 Namen von Münchner Brauern auf. Neugründungen von bürgerlichen Braustätten fanden in München im 17. und 18. Jahrhundert jedoch keine mehr statt, nur die nun kurfürstlichen Belehnungen von Brauern, die sich in bestehende Braustätten eingekauft, eingeheiratet oder geerbt hatten, gab es weiterhin.
Die Münchner Brauer sahen sich in den Jahren 1721 bis 1723 verstärkt Beschwerden wegen der schlechten Qualität des Bieres ausgesetzt. Da auch die Kontrolle durch die vorgeschrieben Bierbeschauer nicht funktionierte, ließ der kurfürstliche Hofrat die Vorfälle durch eine Kommission untersuchen. In einem Extrakt aus den Einnahmen des Hofzahlamts für das Jahr 1736 stehen unter der Rubrik „Preu Handwerck München“ 64 „pierprewen“, von denen aber nur 58 Brauer je 1 Gulden Zinslehen zahlen. Nach einer Auflistung im Münchner Ratsprotokoll aus dem Jahr 1753 gab es nur noch 54 arbeitende Betriebe. Zu den Kuriosa im Verhältnis der Münchner Bierbrauer zu ihrem Landesfürsten gehörte auch, dass sie verpflichtet waren, beim Einzug von Staatsgästen in die Landeshauptstadt die Kanonen zum Salutschießen auf die Wälle zu fahren und dort in Stellung zu bringen.
Eine letzte große Bierbrauordnung in vorindustrieller Zeit erließ Kurfürst Max III. Joseph am 25. September 1776. Die neue Ordnung mit ihren 63 Artikeln war im Grunde eine Revision der Brauordnung des Magistrats aus dem Jahr 1660, lag aber insofern im Trend der Zeit, als der Landesherr das Recht des Magistrats in Gewerbesachen noch mehr beschnitt und seinen staatlichen Anspruch erweiterte. Die neue Ordnung wurde am 11. November dem versammelten Handwerk der Bierbrauer auf dem Rathaus in Gegenwart der staatlichen Handwerkskommissare eröffnet und dann den Führern des Brauhandwerks zur Aufbewahrung übergeben. Organisiert waren die Brauer innerstädtisch „im gesamten Handwerk der bürgerlichen Bierbrauer in München“. Die Bezeichnung Bräuamt, die überwiegend in den staatlichen Quellen zu finden war, taucht im 17. und 18. Jahrhundert nicht mehr auf. 1810 ist dann von der „bürgerlichen Bräuer-Zunft“ die Rede, 1818 von der „Innung der bürgerlichen Bierbräuer“.
Das Ende der Münchner Braulehen
Bis zum Januar 1799 war die kurfürstliche Hofkammer für die Ausstellung der Braulehen zuständig. Der neue Kurfürst Max IV. Joseph organisierte die Verwaltung um; nun protokollierte eine kurfürstliche Landesdirektion in Baiern die Bräulehenssachen. Parallel dazu griff nun eine neue, liberalere Gewerbepolitik, die schließlich das Ende der traditionellen Handwerkskorporationen und starren Zünfte einleitete. Zur Erhöhung seiner Einnahmen führte der bayerische Staat eine neue Besteuerung ein und so wurde der Malzaufschlag von 1806 zum wichtigsten Pfeiler der künftigen staatlichen Finanzpolitik in Bayern.
Die Säkularisation von 1802/3 mit der Aufhebung der landständischen Klöster führte zudem auch in München zu einer Veränderung der Brauereilandschaft. Die Aufhebung des Jesuitenordens 1773 war schon ein Vorbote gewesen. Dessen Brauerei in München wurde zunächst in Staatsregie weitergeführt. Das führte zu Protesten der bürgerlichen Brauer, weshalb 1781 die neu errichtete bayerische Zunge des Malteserritterordens eine eigene Braulizenz erhielt. Mit der flächendeckenden Aufhebung der Klöster verschwanden nach und nach die bis dahin privilegierten Klosterbrauereien vom Markt. In München kamen verschiedene Verwertungsmodelle zum Tragen: Stillgelegt wurden die Brauereien der Karmeliter und Franziskaner, verpachtet oder verkauft wurden die Brauereien des Angerklosters, der Augustiner und der Paulaner, bei denen nun bürgerliche Brauer zum Zuge kamen.
Selbst die Erhebung Bayerns zum Königreich bedeutete keine Zäsur für die Münchner Braulehen. Als am 6. August 1806 Karl Wagner vom Sollerbräu im Tal an die nun königlich-bayerische Landesdirektion in München die Bitte um Erteilung des Braulehens richtete, wurde dort intern vermerkt: „Der Lehenbrief ist dem Karl Wagner in herkömmlicher Form auszustellen.“
Ein weiterer prominenter Fall sei hier ebenfalls erwähnt: Am 22. September 1807 reichte Gabriel Sedlmayr (1772–1839) seine Eingabe um Verleihung des Braulehens bei der Landesdirektion ein sowie ein Gesuch um die Genehmigung seiner Aufnahme als Zunftmitglied an den Magistrat. Vier Tage später kaufte er von Franz Xaver Siessmayr den Oberspatbräu in der Neuhauser Str. 4 für 30 500 Gulden. Am 7. Oktober 1807 wird ihm der übliche Lehenbrief ausgestellt. „Königliche Landesdirection von Baiern ertheilt ihm sohin in Rücksicht, daß er nach Zeugnis der Führer das Bräuen vollständig verstehe, auch keine neue Bräustatt hiedurch hervor gehe, die allergnädigste Konzession, und erlaubt ihm anmit, das Bräuen dergestalt, daß er in München lebenslange bräuen und mälzen dürfe, auch alle Gnaden, Rechte u(nd) Freiheiten, wie andere Bräuer genüßen solle.“
Vergleicht man den Text dieser Urkunde von 1807 mit den als Abschrift oder original überlieferten Braulehen von 1472, 1496, 1517 oder 1610 so sind die inhaltlichen Übereinstimmungen verblüffend, was zeigt, dass die rechtlichen Voraussetzungen in München ein Brauer zu werden jahrhundertelang die gleichen geblieben waren.
Mit der neuen Kreiseinteilung von 1808 wurde im Königreich Bayern das Generalkreiskommissariat des Isarkreises die zuständige Stelle für die Münchner Braulehen. Doch nun kamen erste Zweifel an deren Sinnhaftigkeit auf. So gab die Polizeidirektion München in einem Schreiben an das Generalkreiskommissariat am 5. August 1810 zu bedenken, dass die Praxis einer Lehensverleihung bei den „hiesigen bürgerlichen Brauereien (…) nicht länger bestehen könne“, weil das herkömmliche Lehenrecht „mit dem Begriff eines Gewerbes unvereinbar erscheint.“
Doch erst mit Schreiben vom 7. Mai 1813 machte das Generalkreiskommissariat das Ministerium des Innern auf diesen Widerspruch aufmerksam und sandte entsprechende Akten ein. Die Antwort ließ ein Jahr auf sich warten. Das Ministerium des Innern leitete am 27. April 1814 diese Entschließung in Kopie an das Generalkreiskommissariat weiter und informierte so über das „künftige Aufhören der sogenannten Bräulehen in München.“
Mit den Braulehen endete auch die jährliche Abgabepflicht der Gemeinschaft der Münchner Brauer an den Staat, die im Grunde auf das Herzogsurbar von 1279/84 zurückging. Mit Schreiben vom 27. Januar 1815 setzte das Rentamt (also das Finanzamt) der Stadt München die „hiesige Bräuschaft“ davon in Kenntnis und rief sie zugleich auf, „das für obiges Jahr 1813/14 bereits erlegte Bräulehen per 52 Gulden gegen Quittung in Empfang zu nehmen.“
Outlook
Trotz des Endes der Braulehen in München gehörte das Brauhandwerk weiter zu den wenigen Gewerbezweigen, für die sich der Staat selbst die Verleihung der Gewerbekonzession vorbehielt. Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts weigerte er sich, hier ein freies Spiel der Kräfte des Marktes zuzulassen. Das zeigte sich besonders deutlich bei der Einführung eines Biersatzregulativs von 1811, das bis 1868 beibehalten wurde. Dieses Regulativ griff tief in die wirtschaftliche Freiheit der Brauer ein. Denn damit sollte nicht nur die Ehrlichkeit bei der Erhebung der 1806 eingeführten Malzsteuer sichergestellt und der Konsument vor zu leichtem oder gesundheitsschädlichem Bier geschützt werden. Die Verordnung stellte gleichzeitig auch die Bindung der Brauer und Wirte an staatlich verordnete Maximalpreise dar. Dies diente dem Schutz der kleinen Brauereien, konnte aber letztendlich den industriellen Aufschwung im Brauwesen nicht verhindern. Dadurch verringerte sich vor allem in München die Zahl der Braustätten rapide.
Im Jahr 1814 – am Ende der Braulehen – zählte man noch 53 Brauereien, bis zum Jahr 1865 schrumpfte die Zahl jedoch auf 18. Als 1868 mit der endgültigen Aufhebung der Zünfte und der Einführung einer liberalen Gewerbeordnung das Biersatzregulativ von 1811 abgeschafft wurde, nahm die Zahl der Brauereien vorübergehend wieder zu durch Neugründungen (1880: 40 Brauereien in München), im Zuge der weiteren Konzentration und Zusammenlegungen nahm die Zahl bis 1900 wieder jäh ab (nur noch 22 Brauereien, davon 10 alte Brauereien). Viele alte Familienbetriebe (wie die Spatenbrauerei der Familie Sedlmayr) waren nur noch als Aktiengesellschaften zu führen.
Heute bestehen in München nur noch sechs Großbrauereien, die auf frühere Münchner Brauereien zurückgehen (Spaten-Franziskaner, Paulaner, Löwenbräu, Hacker-Pschorr, Augustiner und Hofbräu). Daneben gibt es im Stadtgebiet in letzter Zeit einige vielversprechende Neugründungen (Richelbräu, Giesinger Bräu oder die Brauerei Hopfenhäcker in der Forschungsbrauerei).