Globale Klimafinanzierung: Verantwortung und Herausforderung

Ein Tagungsbericht

As part of the event "The challenge of climate financing", 14.10.2024

© vargagabor; canva

Unser Klima ist ein globales öffentliches Gut. Aber die Verantwortung und die Fähigkeit zu investieren, sind ungleich verteilt. Kein Land kann das alleine lösen“, skizzierte Dr. Heike Henn, Leiterin der Abteilung Klima, Energie und Umwelt im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die Problematik. Für viele Entwicklungs- und Schwellenländer gehe es zunächst darum, mehr Wohlstand zu erreichen, in Industrieländern wie Deutschland müsse die Transformation gesellschaftlich akzeptiert werden. Nach der bis heute gültigen Logik der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen von 1992 tragen die Industrieländer die Hauptverantwortung und müssen die Investitionen für die Entwicklungsländer übernehmen. „Dabei wird aber übersehen, dass viele der damaligen Entwicklungsländer wie China oder Indien inzwischen selbst ein relativ hohes ­Wohlstandsniveau erreicht haben.“

 

Trillions in investment needed

According to independent studies, Henn put the gap in climate financing at 2.4 trillion US dollars per year. "This affects areas as diverse as the transformation of energy systems, adaptation and resilience, dealing with loss and damage and sustainable agriculture." If the investment requirement is expanded to include the achievement of all 17 UN Sustainable Development Goals (SDGs), the total would even be USD 5.4 trillion. Henn criticised the fact that the 100 billion US dollars per year pledged by industrialised countries from 2020 by public and private donors for climate protection and adaptation in developing countries had only been reached in 2022. This is eroding confidence in international climate policy, he said.

The number of private investors remains below expectations. "Last year, Germany provided 9.94 billion euros for climate financing, of which only just under five per cent came from the private sector," said Henn. The German government is endeavouring to use its funds to leverage more private capital and thus increase effectiveness, for example in the area of green bonds. "For the UN Climate Change Conference COP 29 in Baku in November 2024, I hope that we will achieve a multilateral breakthrough in climate financing similar to the Paris Climate Agreement of 2015 and show that the global community is capable of taking action."

 

Controversial principle of historical guilt

Bei der Suche nach Geldgebern für den Klimaschutz stellt sich immer auch die Frage nach Fairness und Gerechtigkeit. Johannes Wallacher, Professor für Sozialwissenschaften und Wirtschaftsethik sowie Präsident der Hochschule für Philosophie München, kann dem ethisch nicht unproblematischen Prinzip der historischen Schuld wenig abgewinnen. Denn: „Weder ist die heutige Generation für frühere Emissionen verantwortlich, noch wussten frühere Generationen, was sie anrichten.“ Stattdessen plädiert er dafür, sich an der Klimaschutzkapazität einzelner Länder zu orientieren, die oft stark mit kumulierten CO2-Emissionen korreliert. „Historische Verantwortung ergibt sich aus der unterschiedlichen Verteilung der Fähigkeiten und bedeutet nicht, auf Emissionen zu verzichten. Vielmehr geht es darum, die eigenen besseren Möglichkeiten zu nutzen, um andere auf dem Weg zu einem nachhaltigen Emissionspfad zu ­unterstützen“, so der Professor.

 

Aim for fair burden sharing

For David Ryfisch, Head of the International Climate Policy Department at Germanwatch e.V., damage and losses, such as those caused by extreme weather events, rising sea levels or more frequent droughts, must be given greater focus. "Various studies on the fair distribution of the burden between countries have come to the conclusion that the main responsibility still lies with the industrialised countries. Over time, this picture will shift and countries such as the Gulf states, Russia and China will also have to take responsibility," said the expert. The recently established fund for loss and damage is an important step forward, even if the funds of 700 million US dollars are far from sufficient. "We need to find ways to move into new dimensions here," he demanded.

 

Mobilising private capital

Was kann der öffentliche Sektor beitragen, um mehr privates Kapital zu mobilisieren? „Der Staat muss bereit sein, mehr Risiken zu übernehmen. Er könnte Förderbanken mit Bürgschaften ausstatten, damit sie auch riskantere Projekte finanzieren“, erklärte Florian Egli, Professor für Public Policy for the Green Transition an der Technischen Universität München. Gerade im Bereich Klimaschutz ließe sich privates Kapital gut einsetzen, in den Bereichen Schäden oder Klimaanpassung funktioniere es weniger. Am schwierigsten seien Projekte zu finanzieren, die keine marktfähigen Produkte hervorbringen, wie die Speicherung von CO2 oder Investitionen in Biodiversität. Grüne Energien hingegen bräuchten keine staatlichen Garantien, da sich solche Investitionen über den Stromverkauf amortisieren.

 

Price for pollution rights too favourable

Eine Möglichkeit, den Ausstoß des schädlichen CO2 zu verringern und gleichzeitig Investitionen für mehr Klimaschutz zu finanzieren, ist der Emissionshandel. Der sogenannte verpflichtende CO2-Markt funktioniert nach dem Prinzip: Wer mehr verschmutzt, muss mehr bezahlen. Je nach Nachfrage entwickelt sich der Preis für die Verschmutzungsrechte, deren Menge vom Staat festgelegt wird. Soweit die Theorie, denn in der Praxis sind die CO2-Zertifikate teilweise viel zu billig, um eine Steuerungswirkung zu entfalten. Deshalb plädieren einige Klimaexperten wie Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, für die Einrichtung einer „Kohlenstoff-Zentralbank“. Sie soll dafür sorgen, dass der Preis für die Zertifikate nicht unter ein bestimmtes Niveau fällt.

„Daneben gibt es auch den freiwilligen CO2-Markt, der zum Beispiel bei der CO2-Kompensation von Flugreisen zum Tragen kommt“, erläuterte Egli. Hier werden die Gelder in der Regel für Klimaschutzprojekte eingesetzt, die weit weg vom Ort der Emissionsentstehung liegen. Der freiwillige CO2-Markt ist laut Egli nicht nur sehr klein, 90 Prozent der Investitionen halten auch nicht, was sie an CO2-Einsparungen versprechen. „Damit dieser Markt etwas bewegen kann, muss die Zertifizierung anders funktionieren und es müssen Interessenskonflikte vermieden werden“, sagte Egli. Je weiter geographisch entfernt CO2-Emissionen kompensiert werden, desto komplexer würden Fragen der Compliance und der Überprüfbarkeit. Zudem, ergänzte Germanwatch-Klimaexperte Ryfisch, würden sich viele Unternehmen mit dem freiwilligen CO2-Markt einen grünen Anstrich geben, indem sie ihre Emissionen über Zertifikate kompensieren, statt sie selbst zu reduzieren. „Sogenannte Netto-Null-Koalitionen von Unternehmen sind wichtig“, räumte er ein, „stoßen aber irgendwann an ihre Grenzen.“ Hier sei der Staat gefragt, um auch solche Unternehmen in die Pflicht zu nehmen, die nicht bereit sind, CO2 einzusparen.

 

CO2-Bepreisung ausweiten

"I am against compensation concepts for ethical reasons, because they have an element of indulgence trading in them," Professor Wallacher qualified. Egli added that an extension of the mandatory market to other areas such as the consumer economy or agriculture should be examined in order to broaden the financing basis for climate projects.

Wird die anstehende Klimakonferenz COP 29 im November Lösungen bringen? „Ich hoffe, dass alle in Baku vertretenen Länder zu einem tragfähigen Beschluss zur Klimafinanzierung kommen“, hofft Henn. Deutschland habe sich in der internationalen Gemeinschaft viel Vertrauen erarbeitet und könne als Brückenbauer fungieren. „Damit Deutschland weiterhin eine führende Rolle in den Verhandlungen einnehmen kann, dürfen wir trotz der angespannten Haushaltslage nicht zu sehr nach innen schauen und die Klimafinanzierung vernachlässigen“, forderte Ryfisch. Als Ergebnis für Baku wünscht er sich ein neues ambitioniertes Klimafinanzierungsziel deutlich über 100 Milliarden US-Dollar. Bei der Mittelbeschaffung würden innovative Finanzinstrumente an Bedeutung gewinnen, um beispielsweise auch Milliardäre in die Pflicht zu nehmen oder auch Sektoren wie den Flugverkehr. „Es gibt ein großes Potenzial, neue Quellen zu erschließen“, ist Ryfisch überzeugt.

 

Insurance solutions for climate risks

According to Henn, climate insurance is another topic that the German government is driving forward. Building on the InsuResilience Global Partnership, a Global Climate Risk Shield has been created to pool activities in the field of climate risk insurance and preparedness. This will make it easier and quicker for people and authorities to access the help they urgently need in the event of a disaster. However, insurance has its limits where loss events occur too frequently.

Climate financing is therefore not only an ecological challenge, but also a social and economic one. It will be interesting to see how resolutely the climate conference in Baku will tackle this issue. What is needed is a redefinition of global priorities and a redistribution of resources in the interests of a sustainable future for all. 

Andreas Schuck, Journalist

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