Interdisziplinär und vielfältig

Jahrestagung des European Business Ethics Network (EBEN)

Aree_S/shutterstock

Vom 29. bis 31. Mai 2025 fand in der Katholischen Akademie in Bayern die Jahrestagung des European Business Ethics Network (EBEN) mit dem Titel Artificial Intelligence, Business Ethics and Corporate Responsibility statt. Die internationale Konferenz widmete sich den drängenden ethischen Fragen der heutigen Zeit, insbesondere im Kontext von Digitalisierung, Künstlicher Intelligenz (KI), Nachhaltigkeit, Corporate Social Responsibility (CSR) und globalen Menschenrechtsfragen. Mit über 50 wissenschaftlichen Präsentationen, drei Podiumsdiskussionen sowie vielfältigen parallelen Sitzungen bot die Veranstaltung den 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus ganz Europa einen facettenreichen Einblick in aktuelle Diskurse der Wirtschafts- und Unternehmensethik. Veranstalter waren neben EBEN die Katholische Akademie und das Institut für Ethik in der KI der Technischen Universität München.

 

KI und Ethik im Fokus

Bereits die Eröffnung der Konferenz stand ganz im Zeichen der Künstlichen Intelligenz. Unter dem Titel Business Ethics and Artificial Intelligence dis-
kutierten renommierte Expertinnen und Experten wie Christoph Lütge, Leire San-Jose und Matthias Uhl, moderiert von Jacob Rendtorff, über die Herausforderungen und Chancen, die KI für ethisches Handeln in Unternehmen birgt. Dabei standen Fragen im Mittelpunkt, wie KI mit menschlichen
Werten in Einklang gebracht werden kann und inwiefern rechtliche Regelungen dazu beitragen können. Besonders betont wurde, dass der Einsatz von KI immer auch einen Wertekompromiss implizieren kann – etwa zwischen Transparenz und Effizienz – und dass es entscheidend sei, die Perspektiven der Betroffenen stärker einzubeziehen.

Ein zentrales Anliegen der Konferenz war es, die Verantwortungslücken aufzuzeigen, die durch automatisierte Entscheidungsprozesse entstehen. In mehreren Beiträgen wurden Probleme wie Diskriminierung, mangelnde Erklärbarkeit und Intransparenz von KI-Modellen diskutiert. Der verantwortungsvolle Einsatz von KI – insbesondere in sensiblen Bereichen wie Personalmanagement – wurde anhand empirischer Studien und theoretischer Modelle umfassend beleuchtet.

 

Finanzethik und globale Perspektiven

Ein weiteres Highlight war das von Raphael Max moderierte Panel zur Ethik in der Finanzwirtschaft. Die Diskussion mit Eberhard Schnebel, Leire San-Jose und Christian Hauser thematisierte die Frage, wie sich Betrug und unethisches Verhalten in den Finanzmärkten verhindern lassen, ohne dabei deren Effizienz zu gefährden. Die Teilnehmer betonten die Bedeutung integrer Unternehmensführung und betrieblicher Werteorientierung als Gegenmodelle zu kurzfristigem Profitdenken.

 

Interdisziplinarität und Vielfalt

Die Konferenz war geprägt von einer breiten interdisziplinären und internationalen Ausrichtung. Forschende aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen – darunter Philosophie, Theologie, Wirtschaftswissenschaften, Soziologie und Rechtswissenschaften – präsentierten ihre Ansätze zur Bewältigung ethischer Herausforderungen im Unternehmenskontext. Unter den über 50 Präsentationen fanden sich Beiträge zu Themen wie techno-solutionistische Lösungsansätze (Xavier Pavie), die Rolle von Universitäten bei sozialer Innovation (Réka Horváth), und die Vereinbarkeit von Ethik und wirtschaftlicher Effizienz (Domènec Melé).

Auch gesellschaftliche Fragestellungen wie Gendergerechtigkeit, soziale Innovationen sowie Nachhaltigkeit in globalen Lieferketten fanden Raum auf der Konferenz. Der zweite und dritte Konferenztag erweiterte jeweils den Fokus um Beiträge zur Rolle von Führungskräften in werteorientierten Organisationen und zum ethischen Wandel in der Unternehmenspraxis.

 

Zukunftsperspektiven der Wirtschaftsethik

Das abschließende Panel, moderiert von Björn Fasterling und besetzt mit Christoph Lütge, Marianne Thejls Ziegler und Jacob Rendtorff, widmete sich der Zukunft der europäischen Wirtschaftsethik. Besonders kritisch wurde dabei diskutiert, ob ethische Prinzipien durch Gesetzgebung ersetzt werden können und inwiefern die Rolle der Wirtschaftsethiker als Aktivist:innen mit demokratischen Idealen vereinbar sind. Diese Debat-
te zeigte die Ambivalenz zwischen ethischer Reflexion und gesetzlicher Regulierung auf und verdeutlichte die Notwendigkeit deliberativer Prozesse in der Entwicklung ethi-scher Standards.

 

Organisatorisches und Ausblick

Die Generalversammlung des European Business Ethics Network fand ebenfalls im Rahmen der Konferenz statt. Hier wurde Marianne Thejls Ziegler in das EBEN Executive Committee gewählt – ein Zeichen für die anhaltende Relevanz ihrer Arbeit im Bereich der Unternehmensethik. Von vielen Teilnehmer:innen und Referent:innen wurde die Katholische Akademie in Bayern für die herausragende Organisation der Konferenz und die inspirierende Atmosphäre der Räumlichkeiten gelobt. Der Veranstaltungsort trug nach Meinung der Teilnehmer:innen wesentlich zur erfolgreichen Durchführung und zum intellektuellen Austausch bei.

Insgesamt zeigte die EBEN-Konferenz 2025, dass wirtschaftsethische Fragen angesichts globaler und technologischer Veränderungen aktueller denn je sind. Sie machte deutlich, dass ethische Reflexion kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit für nachhaltiges Wirtschaften ist – sowohl in Europa als auch weltweit.

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