It's about the future of Christianity

Closing remarks on the presentation of the Ecumenical Prize

As part of the event Ecumenical Award 2023, 29.09.2023

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Verehrte liebe Frau Professorin Rahner, liebe Festgäste, lieber Laudator, lieber Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, lieber Heinrich, liebe Brüder und Schwestern, liebe Freundinnen und Freunde der Ökumene!

Ein Schlusswort?! – Das ist gar nicht möglich nach einer solchen geballten Ladung Theologie, bei der auch jeder von euch gedacht hat: „Das muss ich aber erst noch einmal nachlesen.“ Gut so! Denn Theologie soll auch das Denken anregen, und wer alles sofort verstanden hat, der hat noch nicht richtig zugehört, glaube ich zumindest.

Aber ein Schlusswort ist ein Doppelpunkt, die Einladung, diese unglaublich bereichernden Vorträge des Laudators und der auch streitbaren Professorin Rahner weiter zu bedenken. Ich will nicht auf einzelne Punkte eingehen, das steht mir gar nicht zu. Ich möchte einfach zunächst Danke sagen: der Akademie und natürlich auch den Stiftern über ihren Tod hinaus, dass es so etwas gibt wie diesen Ökumenischen Preis.

Ich habe im Laufe meines Lebens von Jahr zu Jahr stärkere Leidenschaft für die Ökumene entwickelt. Das war mir von meiner Herkunft her nicht in die Wiege gelegt, aber von der ersten Kaplanstelle an, und dann auch von vielen anderen Begebenheiten, die ich hier nicht groß erzählen will, entwickelte ich starke Bezüge. Und als wir 2017 das Christusjahr feierten – manche wollten es zum Reformationsjahr machen, aber wir haben es zum Christusjahr gemacht – da ist es für mich noch einmal sehr deutlich geworden, wie wir es dann auch formuliert haben: „sichtbare Einheit in versöhnter Verschiedenheit“

Dies ist nicht ganz rezipiert worden; es wird einen Text geben, der noch in den Pipelines der Gremien steckt, darin wird es um den Gedanken einer „prozessorientierten Ökumene“ gehen. Wir versuchen, wirklich weiterzukommen und aus dem Jahr 2017 nicht nur eine schöne Erinnerung zu machen, sondern etwas, das produktiv weiterführt und sich entwickelt.

Ich möchte der Akademieleitung auch danken für die Wahl der Preisträgerin. Eine streitbare Frau, das halte ich aus – gut so! Die ersten drei Punkte der Festrede – ich will nicht sagen, die hätten auch von mir sein können –, aber fast. Der Laudator hat von Kirchendämmerung gesprochen und Frau Rahner hat eben auch von dem gesprochen, was als Herausforderung vor uns steht. Es geht nicht nur um irgendwelche ökumenischen Texte, sondern: Es geht um die Zukunft des Christentums. Und die Zukunft des Christentums können wir nur denken, nicht im Gegensatz zur Moderne, sondern in einem konstruktiven Gespräch mit der Moderne. Und deswegen, ich will das hier nicht vertiefen, ist es absolut notwendig, dass wir ökumenisch an wirklichen Perspektiven arbeiten und das Gespräch suchen.

Immer wieder muss ich an die Begegnung von Kardinal Cajetan mit Luther in Augsburg denken. Zwei gebildete Menschen treffen aufeinander; Heinz Schilling hat es in seinem wunderbaren Buch 1517 – Weltgeschichte eines Jahres beschrieben, in dem er verschiedene Essays veröffentlichte über das, was 1517 auch noch alles passiert ist. Und lassen wir uns doch nicht einreden, die Reformation musste so kommen, zwangsläufig musste Trient kommen, zwangsläufig musste die Kirchenspaltung kommen. Nein! Es sind immer freie Entscheidungen.

Und es ist die Frage an uns heute, welches Momentum jetzt da ist, ob wir wieder etwas für den nächsten Schritt zur Einheit oder zur versöhnten Verschiedenheit verpassen, jedenfalls hin zu einer Anerkennung, dass wir gemeinsam Christen sind, so wie Sie gesagt haben, gemeinsam in die Zukunft gehen – auch mit Differenzen –, aber nicht mit der Haltung, ihr seid Christen „zweiter Klasse“ und wir solche „erster Klasse“.

Das ist eben nicht richtig! Und deswegen denke ich mir manchmal, wenn ich Luther und Cajetan vor Augen habe: Das waren gebildete Menschen, Cajetan war vielleicht sogar der gebildetere, er konnte besser Griechisch und hatte mehr Philosophie studiert als Martin Luther – warum war es nicht möglich, dass zwei intelligente Menschen Wege finden, wie sie das Christentum in ihrer Zeit zur Sprache bringen können? Es ist gescheitert, aus vielen Gründen. Das muss aber für die Zukunft nicht unbedingt so sein. Und das ist unsere Bemühung: Menschen wie Wolfgang Huber und Johanna Rahner tragen mit dazu bei, dass wir im Gespräch bleiben – im streitbaren Gespräch.

Ich möchte aber noch eins hinzufügen, was mir wichtig ist. Wir sind natürlich in der Versuchung, Theologie zu betreiben mit Texten, Texten, Texten …, das ist eben unsere abendländische Kultur. Doch das Christentum besteht ja nicht nur aus Texten, sondern die drei Säulen sind gleichrangig, die drei Säulen der Wahrheit: Das eine ist das Bekenntnis; da muss man sich einigen, aber man wird nie Sätze finden, die die einen genauso richtig finden wie die anderen. Das ist ja völlig unmöglich. Da sage ich nur das Stichwort Analogie mit dem großen Karl Rahner. Das zweite ist Praxis, die Praxis des Glaubens. Für Paulus war dies wichtiger. Ein Glaube, der Berge versetzen kann – ohne Liebe nützt er gar nichts. Da kannst du den Katechismus auswendig können, es hilft dir gar nichts. Und, was wir auch immer wieder betont haben, als drittes: der gemeinsame Gottesdienst. Es sollte uns nicht verwandeln, wenn wir gemeinsam ökumenisch feiern? Noch nicht in der eucharistischen Gemeinschaft, aber vielleicht doch mit einer Offenheit dafür, dass die andere Konfession auch recht haben könnte. Im Gewissen entscheidet sich der einzelne, aber der Gottesdienst ist doch eine verändernde Kraft.

Diese drei Säulen sind gleichrangig. Für mich. Nicht nur immer wieder Texte, und immer wieder findet jemand, dass etwas aber noch nicht richtig formuliert ist. Nein, da bin ich manchmal müde geworden. Es gibt den Punkt, an dem es gut sein muss und wir einmal weiter schauen. Wir nennen das in der ökumenischen Theologie differenzierten Konsens. Aber noch wichtiger ist, dass wir gemeinsam beten und dass wir gemeinsam den Dienst an der Gesellschaft, an den Kranken und Armen tun.

Ich möchte herzlich danken, und ich möchte, dass dieser Abend mit Hilfe unserer beiden Vortragenden uns allen noch einmal einen Impuls gibt, in der Ökumene nicht nachzulassen. Ich sehe die Gefahr, die Müdigkeit, man hat so viele eigene Probleme, die Profilierung, das ist genannt worden. Aber: Wir brauchen einander. Wir sind im offenen Dialog, auch im guten Sinne streitbar. Das haben wir auch immer getan. Aber wir sind zusammen, wir sind gemeinsam Christinnen und Christen, und diese Gesellschaft braucht das Zeugnis des Evangeliums, und das wollen wir doch nicht mehr alleine für uns tun, sondern nur noch gemeinsam.

Danke für das ökumenische Zeugnis! Und herzlichen Glückwunsch zum Preis!

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