Am 25. Februar 2025 war Prof. Dr. Anna Marmodoro, Professorin für Philosophie an der Saint Louis University (USA), zu Gast in der Akademie. Ihr öffentlicher Abendvortrag fand statt im Rahmen des Philosophischen Meisterkurses, der zum neunten Mal als Kooperation der Hochschule für Philosophie München mit der Katholischen Akademie in Bayern angeboten wurde. Dieses Mal widmeten sich die internationalen Teilnehmerinnen und Teilnehmer drei Tage lang dem Thema Essentialism: Ancient and Contemporary. Geleitet wurde der Meisterkurs von Professorin Marmodoro, organisiert von Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ und Prof. Dr. Patrick Zoll SJ von der Hochschule für Philosophie.
Nach der Begrüßung durch Studienleiterin Dr. Katharina Löffler und einer inhaltlichen Hinführung durch Professor Brüntrup SJ referierte Professorin Marmodoro in englischer Sprache über das Thema What’s Ancient about Ancient Philosophy. Es ging um eine Frage, die nicht nur aktuell in der Fachwelt diskutiert werde, sondern beinahe so alt wie die westliche Philosophie selbst sei: Sollen sich Philosophinnen und Philosophen in Studium, Lehre und Forschung mit der Geschichte der Philosophie und speziell der antiken Philosophie beschäftigen?
Professorin Marmodoro gewährte den rund 60 Anwesenden einen kritischen Einblick in diese Debatte, indem sie unterschiedliche Haltungen und Positionen aus der philosophischen Fachwelt vorstellte. Auf der einen Seite sprach sie darüber, warum manche Philosophen die obige Frage mehr oder weniger stark verneinen und die Nützlichkeit der Philosophiegeschichte und ihrer Erkenntnisse für ihr Fach bezweifeln. Ein Argument sei, dass die Geschichte der Philosophie zur Geschichtswissenschaft gehöre und in Inhalten, Methoden und Zielen zu sehr von der (analytischen) Philosophie abweiche.
Auf der anderen Seite gebe es Fachleute, die die Beschäftigung mit Philosophiegeschichte aus verschiedenen Gründen als vorteilhaft bis wichtig einstufen: So helfe die Auseinandersetzung mit antikem philosophischem Gedankengut dabei, weiter zu denken und sich von aktuellen Trends unabhängiger zu machen. Auch könne man wie ein Goldgräber in einer Mine in älteren philosophischen Texten nach Inspiration für die eigene Forschung schürfen. Zudem hätten sich frühere Philosophen ebenso auf die Suche nach Wahrheit gemacht und die gleiche Sprache der Logik gesprochen wie heutige Vertreter.
Der Ansatz, der ihr selbst nahestehe, sei der dialogische Zugang bzw. vergleichende Dialog. Dieser sei möglich, da heutige und frühere Philosophen den gleichen Beruf ausüben und das gleiche Spiel nach den gleichen Regeln (nämlich denjenigen der Philosophie) spielen würden. Auf dieser Grundlage könne man seine Vorgänger anhand ihrer Texte „interviewen“. Natürlich sei man heute mit anderen Problemstellungen konfrontiert; manche Grundfragen seien jedoch zeitlos. Auch könne man an älteren Beispielen lernen, wie Philosophie methodisch auf bestmögliche Weise betrieben werde (z. B. Aufbau einer Argumentation). Professorin Marmodoro rechnete sich abschließend der Gruppe zu, die einen Wert in Studium, Lehre und Forschung von Philosophiegeschichte und besonders antiker Philosophie sieht.
Im zweiten Teil der Veranstaltung, moderiert von Professor Zoll SJ, widmete sich die Philosophin den Fragen und Beiträgen aus dem Publikum und vertiefte verschiedene Inhalte aus dem Vortrag.