Die meisten der herkömmlichen Argumente für den Theismus versuchen zu beweisen, dass Gott existiert. Daneben gibt es eine Reihe anderer Argumente, die uns darüber nachdenken lassen, welche Vorzüge es hätte, aus irgendeinem praktischen Interesse Theisten zu werden. Zu diesen Argumenten gehören vor allem die pascalsche Wette und Kants moralischer Gottesbeweis.
Man könnte annehmen, dass mit dem Hinweis auf das praktische Interesse die Gemeinsamkeiten zwischen Pascal und Kant auch schon enden. Denn während Pascals Wette auf der Grundlage unseres vernünftigen Eigeninteresses sowie der Mathematik des unendlichen erwartbaren Nutzens für den Theismus eintritt, lässt uns das kantische Argument angesichts eines moralischen Bedürfnisses zu Theisten werden. Doch gibt es, wie ich im Folgenden darlegen möchte, eine viel tiefere philosophische Beziehung zwischen beiden. Obwohl beispielsweise Kants Argument für den Theismus letztlich auf unseren moralischen Interessen beruht, steht in seinem Mittelpunkt die Forderung, unserem Eigeninteresse Genüge zu tun, indem wir Glaubensüberzeugungen annehmen, wie wir sie gemäß der pascalschen Wette ebenfalls annehmen sollten: dass nämlich im Jenseits belohnt wird, wer „Gott wohlgefällig“ ist.
Das Ziel meiner Überlegungen ist daher, diese beiden berühmtesten praktischen Argumente für den Theismus miteinander ins Gespräch zu bringen, was dann zu einer Neuformulierung der pascalschen Wette im Lichte des kantischen moralischen Arguments führen wird. Wie ich zeigen möchte, bringt eine solche Neuformulierung eine Reihe von Vorteilen mit sich, und zwar ohne dass der ursprüngliche Charakter der Wette als einer „Entscheidung unter Unwissenheit“ verletzt würde. Dazu gehört die Überwindung des Einwandes der vielen Götter ebenso wie der von Kant gegen die Wette erhobenen Einwände.
Ich beginne mit einem kurzen Überblick über die pascalsche Wette und ihre entscheidungstheoretische Matrix. Danach wende ich mich Kants moralischem Gottesbeweis und seiner philosophischen Beziehungen zur traditionellen Wette zu. Von dort aus werde ich eine moralische Version der Wette entwickeln und klären, wie sie mit dem Einwand der vielen Götter umgeht. Anschließend werde ich die evidentialistische Kritik an solchen Argumenten erörtern. Sie ist in dem sogenannten Cliffordschen Prinzip enthalten. Demnach ist es immer, überall und für jeden falsch, irgendetwas auf der Grundlage unzureichender Belege zu glauben. Ich möchte eine Reihe von Bedenken gegen diesen Grundsatz des Evidentialismus vorbringen, einschließlich der Frage, ob er seinem eigenen Standard gerecht wird oder ob Cliffords Prinzip sich selbst widerspricht.
Pascals Wette
Die üblichen entscheidungstheoretischen Formulierungen machen die traditionelle Wette zu einer „Entscheidung unter Unwissenheit“. Das bedeutet, dass wir die relevanten Wahrscheinlichkeiten nicht kennen oder nicht zu kennen brauchen, abgesehen von der Behauptung, dass sie größer als Null sind. Dementsprechend lässt sich die Entscheidungsmatrix der Wette wie im folgenden Kasten darstellen.
Die Wahl des Theismus ergibt entweder + ∞ (ein himmlisches Leben nach dem Tod von unendlichem Wert), wenn man richtigliegt, oder, wenn man falschliegt (P1), den endlichen Wert, den unser sterbliches Leben für gewöhnlich hat. Die Wahl des Atheismus führt, falls sie verkehrt ist (P3), zu ewigem Leiden, wenn jemand an die Hölle glaubt, oder zu einem endlichen Wert, wenn unsere Existenz mit dem eigenen Tod endet. Falls die atheistische Wahl zutrifft (P2), führt sie zu dem Wert, den unsere diesseitige Existenz normalerweise besitzt.
Geht man davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit der Existenz Gottes > 0 ist, beträgt der erwartbare Nutzen der Entscheidung, Theist zu sein, + ∞, während der erwartbare Nutzen der Entscheidung, kein Theist zu sein, entweder – ∞ beträgt, wenn man an die Hölle glaubt, oder einen positiven endlichen Wert, wenn keine Fortexistenz nach dem Tod angenommen wird. Somit liefert die Wette ein Klugheitsargument für den Theismus: Wie unwahrscheinlich die Existenz Gottes auch sein mag, solange sie nicht unmöglich ist, verdient bei der geringsten Chance auf eine unendliche Belohnung nach ihr zu streben den Vorzug gegenüber der Entscheidung, nicht an Gott zu glauben.
Kant über die Pascalsche Wette
Kant erwähnt Pascal etwa ein Dutzend Mal namentlich. Bei mindestens einer Gelegenheit bringt er beiläufig seine Bedenken gegenüber Pascals apologetischer Strategie zum Ausdruck. Die aufschlussreichste Stelle findet sich jedoch in der Metaphysik der Sitten, wo Kant von den Pflichten gegenüber uns selbst schreibt. Die Stelle beginnt mit der Bemerkung: „Die größte Verletzung der Pflicht des Menschen gegen sich selbst, bloß als moralisches Wesen betrachtet […], ist das Widerspiel der Wahrhaftigkeit: die Lüge“ (AA 6:429). Als Beispiel für eine „innere“ Lüge führt er dann an, „den Glauben an einen zukünftigen Weltenrichter […] zu bekennen, um auf allen Fall seine Gunst zu erheucheln“ (AA 6:430).
Natürlich kann man einwenden, dass Pascal nicht meint, um Gottes Gunst zu erlangen belüge der Wettende sich selbst hinsichtlich seiner Glaubensüberzeugungen. Nach der üblichen Auslegung bezweckt die Wette vielmehr, Freigeister zu bewegen, dass sie dem Theismus die Tür öffnen, zunächst durch die Einsicht, dass dies in ihrem Eigeninteresse liegen könnte, doch mit dem Ziel, sie letztlich auf den Weg zu einem aufrichtigen Glauben zu bringen. Aber selbst nach dieser Klärung gibt es mindestens zwei weitere kantische Einwände, die gegen sich die Wette vorbringen lassen.
Der erste Einwand besagt, dass die Wette die religiöse Zustimmung als zu subjektiv, zu nahe am Wunschdenken, darstellt. Der zweite Einwand lautet, dass durch die Wette unser Bemühen, „Gott wohlgefällig“ zu werden, in Fremdbestimmung verwandelt würde. Wie wir noch sehen werden, wurden diese Einwände ebenfalls gegen Kants moralisches Argument vorgebracht. Bevor ich mich mit den beiden Einwänden befasse, soll noch mehr über den moralischen Gottesbeweis gesagt werden.
Im Kanon der Kritik der reinen Vernunft stellt Kant dem, was er „Überzeugung“ nennt, das gegenüber, was er „Überredung“ nennt. Dabei beschreibt er die Überzeugung als eine gültige Form der Zustimmung, weil sie auf einem objektiven Grund beruht, und die Überredung als eine unerlaubte Form der Zustimmung, weil ihre Gründe nur subjektiv gültig sind (A 820 / B 848). Nach dem gerade Ausgeführten besteht der Fehler der traditionellen Wette also wesentlich in ihrer Berufung auf unser Eigeninteresse als einen bloß subjektiven Grund des Glaubens. Kann man nun dasselbe von Kants
moralischem Argument sagen?
In einer wichtigen Fußnote zur Kritik der praktischen Vernunft antwortet Kant auf seinen jüngeren Zeitgenossen Thomas Wizenmann, der an Kants Berufung auf den Glauben kritisiert, sie unterscheide sich nicht von dem Bedürfnis eines Verliebten, zu glauben, dass seine Gefühle erwidert werden. In seiner Erwiderung weist Kant die Analogie des Verliebten zurück und erklärt stattdessen, im Gegensatz zu dem eigennützigen und subjektiven Bedürfnis, etwas für wahr zu halten, sei der rationale Glaube „ein Vernunftbedürfnis, aus einem objektiven Bestimmungsgrund des Willens, nämlich dem moralischen Gesetz, entspringend“ (AA 5:143). Das heißt, während Kant den Glauben genauso als eine Angelegenheit der Wahl betrachtet, ist der Grund der Wahl ein ganz anderer. Anstelle von Wunschdenken oder irgendeinem anderen subjektiven persönlichen Bedürfnis ist der Glaube rational gerechtfertigt. Die Rechtfertigung erfolgt mehr aus praktischer als aus theoretischer Vernunft, so dass den Theismus abzulehnen von einer Person moralisch verkehrt wäre. Wie ich in den beiden nächsten Abschnitten ausführlicher darlegen möchte, (a) liefert Kants moralisches Argument für den Glauben an Gott und die Unsterblichkeit der Seele das Argument für diesen objektiven Bestimmungsgrund und (b) lässt sich die Wette vielleicht so reinszenieren, dass sie Kants Forderung entspricht, dass auch der Glaube einen objektiven Bestimmungsgrund braucht.
Kants moralisches Argument
Kant tritt für die moralische Bedeutung des Glaubens in allen drei Kritiken und in zahlreichen kürzeren Werken während der gesamten kritischen Periode (seit 1781) ein. Dahinter steht Kants Behauptung, dass es bestimmte Grenzen des Wissens geben muss, um „zum Glauben Platz zu bekommen“ (B XXX). Solche Grenzen werden oft als die „Restriktionsthese“ des transzendentalen Idealismus bezeichnet: Wir besitzen weder Wissen noch theoretische Erkenntnis von Gegenständen, die jenseits der Grenzen möglicher Erfahrung liegen. Während Kant sonst daran festhält, dass wir keinen Behauptungen zustimmen sollten, die nicht durch „objektive Bestimmungsgründe“ gerechtfertigt wurden, die anderen rationalen Akteuren überzeugend mitgeteilt werden können (A 820 / B 848), wird diese Regel ausgesetzt (oder man könnte sagen, umgedeutet), wenn es um Behauptungen über das Übersinnliche geht.
In Bezug auf den durch die Restriktionsthese freigewordenen „Platz“ zum Glauben argumentiert Kant, es gebe gültige nicht-epistemische Gründe, an Gott zu glauben. Welcher dieser Gründe hervorgehoben wird, ist von Text zu Text unterschiedlich, aber allen gemeinsam ist die weitere These, dass sich endlichen rationalen Akteuren verschiedene „Hindernisse“ der Befolgung der Moral entgegenstellen. Dazu gehören: Eigeninteresse, Neigung, Verzweiflung aufgrund unserer Begegnungen mit den Übeln der Welt und unser Interesse an der Wirksamkeit unserer moralischen Bemühungen. Damit kann die allgemeine Form des moralischen Arguments wie folgt dargestellt werden:
(1) Wir sollten die Gesetze der Moral befolgen.
(2) Dennoch stellen sich unserer moralischen Entschlossenheit verschiedene Hindernisse entgegen.
(3) Diese Hindernisse lassen sich leichter überwinden, wenn jemand glaubt, dass jeder Mensch durch Gott und in einem Leben nach dem Tod das seinem moralischen Wert angemessene Glück erhält.
(4) Während es in den meisten Fällen falsch ist, Überzeugungen anzunehmen, für die es keine hinreichenden epistemischen Gründe gibt, gilt dieser Grundsatz nicht für Behauptungen über Gegenstände, die außerhalb der Grenzen möglicher Erfahrung liegen.
(5) Also haben wir triftige moralische Gründe, den Glauben an Gott und ein Leben nach dem Tod anzunehmen.
Jetzt könnte man einwenden, dass Kant durch die Bindung unserer moralischen Folgsamkeit an die Idee einer Belohnung nach dem Tod von der Art sittlicher Reinheit abweicht, die er in der Grundlegung herausstellt, wonach wir aus Pflicht und nicht gemäß fremdbestimmten Interessen handeln sollen. Dieser Einwand erinnert insofern an einen Aspekt von Kants eigener Kritik an der Wette, als beiden zufolge die praktische Zustimmung zum Theismus (ganz oder teilweise) von dem eigennützigen Verlangen angetrieben wird, „auf allen Fall seine Gunst zu erheucheln“ (AA 6:430).
Freilich besteht diesbezüglich ein ausschlaggebender Unterschied zwischen der traditionellen Wette und dem moralischen Argument. Wie schon erwähnt, würde die Wette, wie sie gemeinhin verstanden wird, dazu führen, dass wir uns aus Eigeninteresse dem Theismus zuwenden. Das ist sicherlich eine Ebene oder Stufe, die sich in dem moralischen Argument finden lässt, aber es ist nicht das Ende der Geschichte. Vielmehr hält Kant die menschliche Natur für so beschaffen, dass unser eigennütziges Bedürfnis nach Glück nicht ausgelöscht werden kann. Während die Grundlegung ein eher idealisiertes Bild unseres Handelns zu zeichnen scheint, ist Kants umfassendere Sichtweise, dass wir einen Weg des Umgangs mit dem widerstreitenden Einfluss des Eigeninteresses
finden müssen.
Im Gegensatz zur traditionellen Wette wird der kantische moralische Gottesbeweis allerdings nicht von diesem Interesse angetrieben, sondern durch die vielschichtigere Annahme, dass wir zu moralischen Zwecken eine Weltanschauung übernehmen sollten, der gemäß unser Eigeninteresse uns nicht länger von der Moral abhält. Es geht nicht darum, dass sich unser moralisches Interesse erschöpft und das Eigeninteresse an seine Stelle tritt, um die zum Handeln erforderliche Energie bereitzustellen (wodurch unser Wille unrein oder fremdbestimmt würde). Sondern wir sind durch die Übernahme einer religiösen Weltsicht besser imstande, unsere moralischen Hindernisse zu durchbrechen, da die Religion uns einen sehr konkreten Weg weist, den unablässigen Druck auf unser Wollen zum Verschwinden zu bringen.
Die Moralisierung der Wette
Die Kernaussage der traditionellen Wette besagt, dass wir aus unserem rationalen Eigeninteresse heraus Theisten werden sollten. Im Gegensatz dazu sollen wir gemäß Kants moralischem Argument um unserer moralischen Entschlossenheit willen Theisten werden. Und doch gibt es eine wichtige Ebene, auf der sich die beiden Argumente überschneiden. Denn obwohl Kant die Wette als eigenständiges Argument für den Theismus ablehnt, enthält sein moralisches Argument dieselbe Überlegung wie die Wette: dass es nämlich in unserem rationalen Eigeninteresse liegt, das Glück in diesem Leben aufzugeben um eines größeren Glücks im nächsten Leben willen. Um es klar zu sagen, das ist nicht das ganze moralische Argument, sondern nur ein Schritt darin, denn es rechtfertigt den Theismus nicht damit, dass er in unserem Eigeninteresse liege, sondern aus moralischen Gründen, weil er uns eine Möglichkeit gibt, den Einfluss des Eigeninteresses auf unsere moralische Entschlossenheit zu mindern.
Natürlich drückt Kant den Hinweis auf das Eigeninteresse nicht gleichermaßen in der Logik des unendlichen Nutzens aus, aber dies ist, so können wir sagen, die Maximierung dessen, wie der Theismus eine Stütze im Eigeninteresse findet; und das Eigeninteresse war der von Pascal im Blick auf sein Zielpublikum, die Freidenker seiner Zeit, eingesetzte Hebel. Aber nun stellen Sie sich vor, das Argument für ein anderes Publikum umzuwidmen: eine Gemeinschaft von Nicht-Theisten, die sich der Moralität verpflichtet fühlen und nach einem Weg suchen, die hinderlichen Auswirkungen ihres Eigeninteresses zu beherrschen. Wie könnte ein Argument für den Theismus im Stil der Wette aussehen, das sich an die letztgenannte Gruppe richtet?
Stellen wir zu diesem Zweck die traditionelle Wette ihrer moralisierten Version gegenüber. Dabei bedeutet ‚wählt1‘ so viel wie ‚wählt aufgrund von Eigeninteresse‘, ‚wählt2‘ so viel wie ‚wählt aufgrund der Moral‘ und ‚TH‘ die theologische Hypothese, dass man eine ewige Belohnung im Jenseits erhalten wird, wenn man „Gott wohlgefällig“ lebt.
Ich beginne mit ein paar kurzen Bemerkungen zur Mathematik der obigen Matrix. Erstens ist bemerkenswert, dass wir sowohl bei der traditionellen (‚wählt1‘) als auch bei der moralischen (‚wählt2‘) Version denselben erwartbaren Nutzen haben können. Zweitens hängt Kants moralisches Argument zwar nicht unbedingt von der Mathematik des unendlichen Nutzens ab, aber er verbindet unser jenseitiges Glück mit dem seligen Zustand, den er als „vollständiges Wohl“ beschreibt (5:123). Letztlich soll die obige Entscheidungstabelle jedoch veranschaulichen, was mit einer moralisierten Version der Wette beabsichtigt ist: dieselbe Entscheidungstabelle, insgesamt dieselbe Struktur, lediglich eine Verschiebung von einem Prinzip der Wahl zu einem anderen.
Daher mag man fragen, ob die moralisierte Version der Wette von ihrem herkömmlichen Gegenstück noch auf irgendeine andere Weise abweicht als durch die Verschiebung von wählt1 zu wählt2? Aus Platzgründen werde ich dieses Thema nicht vertiefen, sondern begnüge mich mit der Bemerkung, dass viel davon abhängt, was man sonst für einen Baustein der traditionellen Wette hält. Aber das ist ein strittiges Gebiet. Denn sowohl nach der Darstellung Pascals als auch nach der allgemeinen Auffassung in der Literatur scheint die traditionelle Wette unbestimmt zu lassen, was genau erfordert wird, um „Gott wohlgefällig“ zu werden. Ist es nur der Akt der Festlegung auf den Theismus? Ist es eine bestimmte (kontingente?) innere Wandlung im Wettenden, die sich aus diesem Akt ergibt? Gibt es irgendwelche Praktiken oder Rituale, die zur Erlösung notwendig sind, wie die Taufe oder die Befolgung der Scharia?
Das führt uns zu den wichtigsten drei Bestreitungen der Gültigkeit der Wette: der sogenannte Einwand der gemischten Strategien, der Einwand der vielen Praktiken und der Einwand der vielen Götter. Das heißt, solange man die Wette streng als eine Entscheidung unter Unwissenheit betrachtet, scheinen uns die nötigen Mittel zu fehlen, um festzulegen, welche der Vielzahl verschiedener möglicher Optionen der Wettende wählen sollte. Ich werde die ersten beiden Einwände beiseitelassen und mich auf den Einwand der vielen Götter konzentrieren, da die Lösung, die ich dafür anbieten werde, meiner Meinung nach auch auf die ersten beiden Einwände angewendet werden kann. Wie ich zeigen möchte, bietet die moralisierte Version der Wette eine Lösung für die üblichen aporetischen Konsequenzen des Einwands der vielen Götter.
Der Einwand der vielen Götter
Betrachten wir zunächst die Standardformulierung des Einwands, der zufolge das Verhalten, das nach einer TH erforderlich ist, um „Gott wohlgefällig“ zu werden, von der Gottheit einer anderen TH verurteilt wird.
Nehmen wir etwa an, TH1 sei die überlieferte theologische Hypothese und TH2 sei die „erfundene“ theologische Hypothese einer Gottheit, die verlangt, dass wir immer lila Pantoffel tragen, während wir uns im Haus befinden. Natürlich könnte sich eine Entscheidungsmatrix, die den Einwand der vielen Götter berücksichtigt, theoretisch bis ins Unendliche erstrecken, wenn man alle theologischen Hypothesen berücksichtigt, die jemand „erfinden“ könnte. Aber der Einfachheit halber beschränke ich mich bei der Darstellung auf drei (sich gegenseitig ausschließende) Optionen, dargestellt in untenstehendem Kasten.
Wenn die Wahrscheinlichkeiten von TH1 und TH2 jeweils > 0 sind und P1 bis P7 gleich dem einen oder anderen endlichen Wert sind, dann ist gemäß dem Einwand der vielen Götter der erwartbare Nutzen der beiden oberen Zeilen gleich. Wenn wir, um die Rechnung zu vereinfachen, ferner von der Nichtexistenz und nicht von der Hölle ausgehen, falls jemand falsch liegt, ergeben die beiden oberen Zeilen jeweils + ∞ und die dritte Zeile ergibt einen endlichen Wert. Somit wird der Theismus gegenüber dem Atheismus bestätigt. Es scheint freilich keine entscheidungstheoretische Lösung zu geben, welche Gottheit, Religion oder Menge von Ritualen jemand wählen soll, so dass dem Wettenden die Mittel fehlen, um festzustellen, welche theologische Hypothese seinem Interesse am meisten entspricht. Beschränkt man sich bloß auf den Inhalt der Wette, sieht es so aus, als stecke der Wettende in der Klemme, weil er nicht zwischen einer überlieferten theologischen Hypothese und einer seltsamen „erfundenen“ Hypothese über das Tragen von lila Pantoffeln wählen kann.
Obgleich verschiedene Strategien zur Verteidigung der Wette gegen diesen Einwand vorgebracht wurden, erwies sich keine als zufriedenstellend. Sie verletzen entweder den Grundsatz, dass die Wette eine Entscheidung unter Unwissenheit sein soll, sie beschränken die Wette auf ein bestimmtes Publikum, das konkurrierende theologische Hypothesen nicht in Betracht zieht (was dem Ziel der Wette zuwiderläuft, den Ungläubigen zu überzeugen), oder sie können einige Hypothesen aus formalen entscheidungstheoretischen Gründen blockieren, aber nicht alle. Die moralische Wette kann es besser.
Was wäre demnach, wenn wir jede TH nicht in Bezug auf ihren Nutzen für das Eigeninteresse beurteilen, sondern danach, ob sich eine TH mit dem moralischen Interesse verträgt oder nicht? Das heißt, was wäre, wenn das Prinzip der Wahl wählt2 statt wählt1 wäre? Gibt es mit dieser Verschiebung, das heißt mit einer moralisierten Version der Wette, eine Möglichkeit, den Einwand der vielen Götter zu widerlegen?
Bedenken wir zunächst, dass die Wahl des Theismus statt des Atheismus mit der Begründung, dass diese Entscheidung erforderlich ist, um verschiedene moralische Hindernisse zu überwinden, nicht mit solchen Gottheiten wie dem Gott der lila Pantoffeln vereinbar wäre. Da es bei der moralischen Wette darum geht, Eigeninteresse an Moralität auszurichten, würde eine TH gewählt, deren Gottheit Belohnungen aufgrund sittlicher Verdienste und nicht aufgrund irgendeines beliebigen Akts der Frömmigkeit verteilt. Zwar könnte das Eigeninteresse theoretisch durch jedwede theologische Hypothese befriedigt werden, aber da die moralisierte Wette darauf abzielt, das Eigeninteresse dergestalt zu befriedigen, dass es ein Hindernis für die moralische Entschlossenheit überwindet, müssen die dafür in Betracht kommenden theologischen Hypothesen auf diejenigen eingegrenzt werden, die unser Eigeninteresse auf eine Weise einbeziehen, die uns zur Moral führt.
Dies wäre bei dem Theismus der lila Pantoffeln allerdings nicht der Fall. Denn auch wenn ein solcher Wettender um der künftigen unendlichen Belohnung willen auf diesseitiges Glück verzichten mag, hat er doch keinen Grund, sein Verhalten an der Moralität auszurichten. Nicht-moralische „erfundene“ Hypothesen werden wahrscheinlich sogar dazu tendieren, den Vorrang des Eigeninteresses gegenüber der Moral zu verstetigen, und sind daher keine geeigneten Kandidaten für eine Wahl vom Typ 2. Anders ausgedrückt: Genau wie bei der Wahl vom Typ 1 jede TH, die nicht für das Eigeninteresse optimiert ist, von der traditionellen Wette aufgrund ihres Entscheidungsprinzips abgelehnt würde, würde bei der Wahl vom Typ 2 der moralisch Wettende entsprechend jede TH ablehnen, die nicht zu dem moralischen Interesse passt.
Wie sieht es, statt der „erfundenen“ Hypothesen aus der jüngeren Literatur über die pascalsche Wette, mit dem Feld der verschiedenen religiösen Traditionen, mit Judentum, Christentum, Islam, Buddhismus und so weiter aus? Welche Religion sollen wir wählen? Nach Ansicht vieler Christen ist unsere „Sündenschuld“ unendlich und kann daher nur durch die zur Teilhabe an der durch die Kreuzigung Jesu bewirkten Wiedergutmachung getilgt werden. Dazu mögen die Taufe, die Aufnahme Christi „in das eigene Herz“ oder andere Handlungen gehören, die jenseits des Bereichs der Moral liegen. Ähnlich glauben einige Muslime, dass die fromme Befolgung gewisser Rituale notwendig ist, und Buddhisten dürften sich die Erleuchtung in einer Art vorstellen, die sich von der Moralität unterscheidet. Es hat also den Anschein, als blieben einige Aspekte des Einwands der vielen Götter bestehen. Beispielsweise könnte ein moralischer Atheist oder ein Muslim womöglich nicht in den christlichen Himmel gelangen.
Aber es gibt eine kantische Entgegnung. Eines der zentralen Motive von Kants Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft besagt, dass alle „wahren“ Religionen, anders als „bloße Kulte“, mit dem einzigen „reinen Vernunftsystem der Religion“ (AA 6:12) übereinstimmen. Sie sind „Vehikel“ für moralische Wahrheiten und vermitteln diese Wahrheiten „wegen des natürlichen Bedürfnisses aller Menschen, zu den höchsten Vernunftbegriffen und Gründen immer etwas Sinnlich-Haltbares […] zu verlangen“ (AA 6:109). Obwohl Religionen auch verschiedene Gebote der Frömmigkeit enthalten, sind solche Merkmale einer Religion allesamt „an sich zufällig“ und „willkürliche Vorschriften“ (AA 6:105f.). Sie können zur Bildung einer Religionsgemeinschaft beitragen, aber keine Frömmigkeitsregel (z. B. Speisevorschriften) und kein Ritual (z. B. die Taufe) sind notwendig, um „Gott wohlgefällig“ zu werden. Kant betont diesen Punkt nachdrücklich im Vierten Stück der Religionsschrift, wenn er den Wert und die Funktion kirchlicher Praktiken kritisiert: „Alles, was außer dem guten Lebenswandel der Mensch noch tun zu können vermeint, um Gott wohlgefällig zu werden, ist bloßer Religionswahn und Afterdienst Gottes.“ (AA 6,170f.).
Demzufolge mag der moralisch Wettende eine Religion aufgrund der Anziehungskraft ihrer besonderen Bekenntnisse und Praktiken wählen, aber worauf es bei einer Religion ankommt, ist Ihre Hilfestellung bei den eigenen moralischen Bemühungen. Deshalb gibt es hier keine Aporie, da sich die Wahl letztlich um die Annahme einer religiösen Perspektive dreht, die einem moralisch weiterhilft, und nicht um die gegenseitige Ausschließlichkeit traditioneller Lehren oder Praktiken, die den Einwand der vielen Götter befeuern.
Der formale Grund, warum die traditionelle Wette für den Einwand der vielen Götter anfällig ist (ebenso wie für die Einwände der gemischten Strategien und der vielen Praktiken), liegt darin, dass kein innerer Zusammenhang besteht zwischen dem Ziel des Wettenden (dem Eigeninteresse) und dem für das Erlangen der Belohnung geforderten Verhalten. Die moralisierte Wette hingegen bietet einen solchen Zusammenhang. Denn wenn der Grund für die Wahl darin besteht, die Moralität zu befördern, muss das für die Belohnung erforderliche Verhalten dies widerspiegeln. Hätte Pascal die Wette für rechtschaffene Atheisten und nicht für Freidenker entworfen, können wir uns ausmalen, dass er stattdessen die moralisierte Wette vorgeschlagen hätte.
Aber was ist mit anderen Einwänden? Bereits erörtert habe ich, neben dem Einwand der vielen Götter, Kants eigene Kritik an der Wette als intellektuell unredlich sowie den häufig gegen das moralische Argument erhobenen Vorwurf, es beflecke die kantische Moralität mit einer Portion Fremdbestimmung. Im Folgenden will ich einen weiteren Einwand diskutieren, die vielleicht bekannteste Einrede gegen praktische Argumente für den Glauben im Allgemeinen, das Prinzip des englischen Mathematikers und Philosophen William Clifford.
Cliffords Prinzip
Ich wiederhole noch einmal das Cliffordsche Prinzip: „Es ist immer, überall und für jeden falsch, irgendetwas auf der Grundlage unzureichender Belege zu glauben.“ Über zwei Punkte möchte ich nachdenken. Der erste ist, ob Clifford ein zufriedenstellendes Argument für sein Prinzip vorgelegt hat, genauer ob sein Argument in sich schlüssig ist oder nicht; und zweitens, selbst wenn Cliffords Prinzip auf die Mehrzahl der Fälle anwendbar ist, lässt Cliffords eigene Begründung für es vielleicht mehr Ausnahmen zu, als er bemerkte.
Wie der Titel seines Aufsatzes andeutet, stellt Clifford sein Prinzip nicht als eine Tatsache oder einen Sachverhalt dar, sondern als eine normative Behauptung. Wenn es aber immer und überall falsch ist, etwas ohne hinreichende Belege zu glauben, sollte dies auch für normative Behauptungen gelten. Wie also argumentiert Clifford für sein Prinzip? Eigentlich ist sein Argument konsequentialistisch und stützt sich auf die erwartbaren Auswirkungen des Glaubens aus anderen Gründen als von Belegen. Als Beispiel nennt er ein Schiff, das sinkt – trotz des „Willens zum Glauben“ des Besitzers, es werde nicht sinken. Ein weiteres Beispiel bildet die ungerechte Verfolgung von Personen aufgrund unbegründeter Anschuldigungen. Clifford zieht daraus die allgemeine Folgerung, dass, wenn unsere Gesellschaft eine Gewohnheit entwickelte, „aus unangemessenen Gründen zu glauben“ (Clifford 1877: 173), die negativen Auswirkungen tendenziell zunehmen würden. Er fügt ferner hinzu, dass, wenn wir „die Gewohnheit verlören, Dinge zu prüfen und zu untersuchen“, die Gesellschaft dazu verdammt würde, „in die Wildheit zurückzufallen“ (Clifford 1877: 174).
Meines Erachtens ist leicht zu sehen, wie Cliffords Sorgen bestätigt werden, wenn wir Zeiten in der Geschichte betrachten, zu denen eine Bevölkerung gewisse bestimmte Dogmen gelten lässt, die mehr der Ideologie als empirischen Studien entspringen und die sich durch Gruppendenken oder andere psychologische Mechanismen gegen die Normen des kritischen Denkens durchgesetzt haben.
Doch bleibt Cliffords „Ethik des Glaubens“ in sich schlüssig? Die Form des Arguments ist empirisch und konsequentialistisch. Clifford erwähnt verschiedene (reale und hypothetische) Beispiele für nicht belegte Überzeugungen und betrachtet die Auswirkungen. Aber wie gut ist sein eigener Evidentialismus hier? Sein Vorgehen ist anekdotisch. Gestützt auf einige wenige Beispiele versucht er ein allgemeingültiges Argument gegen nicht belegte Überzeugungen zu liefern. Das verdient sicherlich als voreilige und sogar einseitige Verallgemeinerung kritisiert zu werden. Was wäre hingegen, wenn es zuträfe, dass praktische Überzeugungen in einigen Bereichen des Lebens die Auswirkungen der eigenen Bemühungen verbessern? Und was wäre, wenn eine Regel aufgestellt würde, die praktische Überzeugungen auf einen Bereich eingrenzt, wo solche Überzeugungen den Ausgang eher zu verbessern als verschlechtern neigen?
Man denke an das klassische Beispiel von William James, dass man mit höherer Wahrscheinlichkeit erfolgreich über einen Abgrund springt, wenn man glaubt es zu schaffen. Entsprechend gibt es viele Studien, die zeigen, dass eine „positive Einstellung“ den Ausgang einer Heilbehandlung um rund 5 bis 10 Prozent verbessert. Wenn wir Versuchspersonen mit ähnlichen Diagnosen vergleichen (und Störfaktoren ausschalten), hat sich gezeigt, dass Optimismus die Rate des Behandlungserfolgs verbessert. Warum sollte man folglich die Bereiche, in denen praktischer Glaube zulässig ist, nicht darauf beschränken, wo solche psychologischen Mechanismen wirksam sind? Tatsächlich können wir durch Cliffords eigene evidentialistische und konsequentialistische Überlegung den Einsatz des praktischen Glaubens in solchen Fällen stützen.
Nun zum Kern unserer Diskussion über Pascal und Kant: Was ist mit Gegenständen, die außerhalb des Bereichs möglicher Erfahrung liegen? Clifford könnte geltend machen, dass die einzig richtige Position die des Agnostizismus ist. Insofern er die Begründung seines Prinzips auf den erwartbaren Nutzen stützt, braucht es freilich nicht viel zu dem Schluss, dass die Entscheidungsmatrix der traditionellen Wette uns sagt, der Theismus sei die bessere Wahl. Schließlich geht es darum, dass seine TH einen unendlichen Erwartungsnutzen mitbringt. Sowohl die moralisierte Wette als auch Kants eigentliches moralisches Argument gehen davon aus, dass unsere sittliche Stärke durch den Theismus vermehrt wird. Gewiss ist dies ein Ergebnis, das Clifford würdigen sollte.
Eine Sorge Cliffords ist natürlich, dass die religiöse Zustimmung Bestandteil einer systematischeren Schwächung unserer epistemischen Skrupel ist. Denn wenn uns gesagt wird, wir sollten etwas von der höchsten Wichtigkeit in blindem Glauben annehmen, kann dies ebenso gut ein Misstrauen gegenüber der Vernunft und die Gewöhnung an die Anerkennung des von religiösen (und politischen) Autoritäten Gesagten befördern. Aber gerade hier ist Kants Unterscheidung zwischen den möglichen Gegenständen des Wissens und des Meinens auf der einen und des Glaubens auf der anderen Seite so wichtig.
Wie oben erwähnt, verallgemeinert Clifford von einer Handvoll Beispielen zu einem universellen Prinzip. Diese Schlussfolgerung gehorcht selbst auch nicht Cliffords Prinzip und wirft somit die Frage auf, welche Ausnahmen es geben könnte. Was Kant vertritt, ist erstens, dass es nach der Festlegung einer Grenze des Wissens (zumindest der Möglichkeit nach) „Platz“ zum Glauben gibt; und, was sehr wichtig ist, er vertritt zweitens, dass es nicht so ist, als ob irgendetwas jenen Platz einnähme. Es gibt sowohl „angemessene“ als auch „unangemessene“ Gründe für den Glauben, Überzeugungen, die auf „bloß subjektiven Gründen“ beruhen, und Überzeugungen, die auf dem „objektiven Grund“ des Moralgesetzes beruhen. Überzeugungen, die auf subjektiven Gründen beruhen, sind abzulehnen, weil auch Kant will, dass wir epistemische Tugenden ausbilden. Im Gegenteil, mittels des moralischen Arguments vertritt Kant, dass es in diesem Fall einen objektiven Grund für eine praktische Zustimmung gibt.
Demgemäß (a) liefert Kant ein Argument für den Wert des Theismus; auf der Grundlage von Cliffords Interesse am erwartbaren Nutzen (b) könnte das Argument durchaus Cliffords eigene Anforderungen für „angemessene“ Gründe erfüllen; und am überzeugendsten, denke ich, (c) haben wir bei Kant statt der Beliebigkeit, vor der Clifford sich fürchtet (vornehmlich wegen eines ungenauen Verständnisses von James’ „Wille zum Glauben“), die Eingrenzung des Glaubens auf allein jene Gegenstände, die mit unserem Interesse an der Überwindung moralischer Hindernisse im Einklang stehen.
Dieser Punkt ist für Kants Einstellung gegenüber der Religion im Ganzen entscheidend und das leitende Thema seiner Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft. Denn durch die Untersuchung, welche christlichen Lehren „Einigkeit“ oder „Verträglichkeit“ mit der moralischen Religion besitzen (AA 6:13), liefert Kant tatsächlich eine Landkarte dieser Lehren und klärt, welche von ihnen unserem moralischen Interesse zuträglich sind und welche nicht. Derart bewertet Kant die Lehren von der Erbsünde, dem Empfang der Gnade, der Inkarnation, der stellvertretenden Genugtuung, der Rolle kirchlicher Rituale, der Funktion des Gebets und so fort. Einige dieser Lehren erweisen sich als verträglich mit dem, was er als „wahre“ moralische Religion bezeichnet, während andere eher einer Religion „der Gunstbewerbung“ oder einem „bloßen Kult“ gleichen.
Auf diese Weise werden Cliffords praktische Bedenken und mit ihnen sein praktisches Argument gegen den Glauben ohne Belege blockiert. Nur diejenigen Gegenstände oder Behauptungen eignen sich für den „Platz“ zum Glauben, die (a) nicht in den Bereich der evidentialistischen Nachforschung fallen und (b) dem angemessensten aller Gründe entsprechen, nämlich unserem Interesse an der Überwindung der Hindernisse für die Einhaltung der Moralität und unserem Streben nach sittlicher Vervollkommnung.
Schluss
Ich habe drei Ziele verfolgt: erstens, die ausdrücklichen und die angedeuteten Bedenken Kants gegenüber Pascals Wette zu umreißen; zweitens, einige begriffliche Zusammenhänge zwischen der traditionellen Wette und Kants moralischem Gottesbeweis zu erörtern; und drittens, eine meiner Meinung nach neuartige und interessante Schwester der traditionellen Wette vorzustellen, die sogar Pascal gefallen hätte. Nach dieser richtete sich die Apologetik der Wette nicht an die Freidenker, sondern an diejenigen, die Kant in der Kritik der Urteilskraft als „rechtschaffene“ Atheisten bezeichnet (AA 5:452). Ferner hat sich gezeigt, dass die moralisierte Version der Wette gegenüber ihrem herkömmlichen Gegenstück eine Reihe von Vorzügen besitzt: (a) es scheint weniger „gewinnsüchtig“, wenn der religiösen Zustimmung statt des Eigeninteresses unsere moralische Besserung zugrunde liegt; (b) die moralisierte Version kann auf Kants Bedenken gegenüber der traditionellen Wette eingehen; und (c) die moralisierte Wette bietet einen Weg des Umgangs mit dem Einwand der vielen Götter, ohne das Argument als „Entscheidung unter Unwissenheit“ zu gefährden.
Schließlich habe ich dargelegt, dass Cliffords eigenes Argument für den Evidentialismus in sich unschlüssig ist, da es aufgrund seiner konsequentialistischen Rahmung – entgegen Cliffords Absicht – Raum für praktischen Glauben lässt. Denn obwohl viele von uns beipflichten würden, dass der Evidentialismus intuitiv anziehend ist und zumindest in einigen Zusammenhängen die angemessene Norm darstellt, wäre es solange verkehrt, ihn als universelle Norm für den Glauben anzuerkennen, wie ein besseres Argument als das von Clifford angeführte fehlt. (Übersetzung: Georg Sans SJ)