Sand ist in unserem Leben allgegenwärtig. Es ist ein Stoff, über den man sich eigentlich keine Gedanken mehr macht. Der Begriff „Sand“ impliziert in unseren Köpfen häufig, dass es etwas im Überfluss gibt. Wir stellen uns die großen Wüsten vor, mit ihren weiten und hohen Dünen und einem Meer aus Sand, das bis zum Horizont reicht. Die Vorstellung von ausgedehnten Stränden beinhaltet dieser Begriff ebenfalls, spätestens dann, wenn wir nach dem Strandurlaub die letzten Sandkörner aus den Taschen klopfen. Der Begriff Sand hat auch in vielfältiger Weise Eingang in unsere Sprache gefunden – wir sehen die „Spuren im Sand“, wir „stecken den Kopf in den Sand“, wir „bauen auf Sand“, wir lassen etwas „im Sande verlaufen“ und es gibt Dinge in Hülle und Fülle, eben „wie Sand am Meer“.
Der Rohstoff Sand ist aber auch real allgegenwärtig, ohne dass wir uns dessen immer bewusst sind. Wir fahren auf Straßen, die ohne Sand nicht gebaut werden können, wir wohnen in Häusern aus Stein und Beton, deren Errichtung große Mengen Sand benötigen, wir schauen durch Glasfenster, die ohne den Rohstoff Sand nicht hergestellt werden können, wir telefonieren mit unseren Smartphones, ohne zu wissen, dass ein wesentlicher Rohstoff für die Herstellung der in ihnen enthaltenen Mikrochips Sand ist. Sand finden wir in Reinigungsmitteln, Zahnpasta und Kosmetika; er wird auch bei dem vornehmlich in den Vereinigten Staaten praktizierten Fracking zur Steigerung der Ausbeutung von Öl- und Gaslagerstätten eingesetzt. Wir schützen unsere Küsten mit Sand, und diese Liste ließe sich fortsetzen. Den größten Sandbedarf hat aber der Bausektor. Sand wird mit Kies, Zement und Wasser zu Beton vermischt und dann, je nach Bedarf und Anforderungen, mit weiteren Stoffen, wie etwa Stahl, verbaut. Zusammen mit dem Tiefbau (Straßen, Gründung von Bauwerken, etc.) prägt diese Art der Nutzung heute das Gesicht unserer modernen Städte. Der Verbrauch für diese Nutzung liegt nach vorsichtigen Schätzungen bei ca. 75 % der global geförderten Sandmenge. Verlässliche Zahlen über den Abbau liegen nach einer UN-Studie – The First Global Integrated Marine Assessment, März 2017 – überwiegend erst seit Beginn der 1990ziger Jahre vor, und auch nur aus den hochentwickelten Industrieländern. Das Handelsvolumen dieses Rohstoffes liegt bei ca. 70 Milliarden US $ pro Jahr – Stand 2016, Tendenz steigend. Der Begriff Sand wird aber seit einigen Jahren aufgrund der enormen Nachfrage auch in einem ganz anderen Zusammenhang gebraucht. Begriffe wie „Sand Mafia“, „illegaler Sandraub“, „Strandräuber“ oder „Schwarzmarkt“ tauchen immer häufiger in den Medien auf. Es gipfelt in der Steigerung für den Begriff „knapp“, die lautet: knapp, knapper, Sand. Damit wird der Begriff Sand gleichzeitig aus dem rein naturwissenschaftlichen und anwendungsorientierten Bereich in den soziologischen und gesellschaftspolitischen Bereich hineingetragen. Die Nutzung dieses Rohstoffs führt mittlerweile in vielen Ländern zu gravierenden ökologischen und sozialen Problemen.
Was also ist das für ein unscheinbarer, harmlos aussehender „Alleskönner“, der unser Leben auf so vielfältige Art und Weise begleitet und beeinflusst?
Was ist Sand?
Hinter dem Begriff „Sand“ verbirgt sich zunächst einmal nur eine Größenbezeichnung für mineralische Rohstoffe mit einem Durchmesser von 0,063 mm bis zu 2,0 mm, unabhängig davon, woraus sie bestehen. Neben dem Korndurchmesser ordnen wir den Sanden aber noch weitere Eigenschaften zu: die Körner können rund oder kantig sein, die Oberflächen glatt oder rau. All diese Eigenschaften haben bei der Bewertung eines Sandes hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Nutzung große Bedeutung. Die überwiegende Menge an Sand entsteht durch die natürliche Zerkleinerung von Felsgestein durch die Verwitterung, an der chemische, biologische und physikalische Prozesse beteiligt sind, sowie dem Transport durch Gletscher, Wasser und Wind. Es dauert zehntausende von Jahren, bevor ein Gebirgsbrocken als Sand zerkleinert am Ufer eines Flusses, in einem See oder im Meer abgelagert wird. Manchmal bleiben diese Körner Jahrmillionen an einem Ort liegen, bevor sie erneut transportiert werden. Es sind Prozesse eines natürlichen, geologischen Zyklusses. Die Kaolinsande (Kaolin ist ein weißes Tonmineral), die an mehreren Stellen auf der Insel Sylt aufgeschlossen sind, gehören zu einem ausgedehnten Flusssystem, das sich bis vor ca. 2 Millionen Jahren von Skandinavien bis weit in die Nordsee erstreckte. Die Eiszeiten haben diesen Transport unterbunden und nach ihrem Abklingen hatte sich das Relief mit der inzwischen entstandenen Ostsee so stark verändert, dass er nicht wieder einsetzte. Heute werden diese Kaolinsande ca. 7 – 8 km vor der nordfriesischen Küste abgebaut und für den Küstenschutz in Form der 1972 begonnenen und sich mittlerweile jährlich wiederholenden Sandvorspülungen auf der Nordseeinsel Sylt genutzt. Mehr als 500 Millionen Jahre alte sandige Ablagerungen eines flachen Meeres finden wir heute an der Küste Estlands auf der Halbinsel Pakri. Diese Sande sind nie durch geologische und physikalische Prozesse wie Temperatur- und Druckerhöhung stark verfestigt worden, lassen sich zwischen den Fingern zerbröseln und werden heute von der Ostsee wieder aufgearbeitet. Sie gehen nach über 500 millionen Jahren Ruhe wieder auf natürliche Art und Weise als Sandkörner in den Sedimenttransport ein. Wir erkennen, dass es schwer ist, das Alter eines Sandes anzugeben. Was wir aber durch verschiedene Datierungsmethoden genauer bestimmen können, ist der Zeitpunkt seiner letzten Ablagerung.
Wir sprechen auch von Sand, wenn wir diese nahezu weißen Strände der tropischen Inseln vor Augen haben, wie etwa die Malediven im indischen Ozean, die wir gerne als „Paradise Islands“ bezeichnen. Hier verwittert kein Gestein, sondern die Materiallieferanten sind ausschließlich die Meeresbewohner, überwiegend Korallen, aber auch Muscheln und Schnecken. Deren durch Brandung und biologische Aktivität zerkleinertes Material – ein ausgewachsener Papageienfisch produziert ca. 90 kg Korallensand pro Jahr – wird als Sandkorngröße von Wellen und Strömungen an die Strände gespült.
Auch wenn das Bild von Sandstürmen sehr beeindruckend ist, so ist das überwiegende Transportmedium für Sand nicht der Wind, sondern das Wasser und damit die vielen kleinen und großen Flusssysteme an Land sowie die Wellen und Strömungen an der Küste. Sand ist das dynamischste und vielseitigste geologische Material auf der Erde. Wir finden es an der Erdoberfläche oder oberflächennah, wodurch es ohne großen technischen Aufwand und hohe Kosten abbaubar ist. Sand ist extrem leicht transportierbar und passt sich den jeweiligen Transportbedingungen durch Wind und Wasser an. Je häufiger dieser Transport stattfindet, um so besser wird das Material, abhängig von seiner Resistenz gegen Aufarbeitung angereichert, so dass am Ende dieses Prozesses nur die härtesten Körner als ein sehr reiner und hochwertiger Sand, der fast ausschließlich aus Siliziumdioxid (SiO2) besteht, übrigbleibt.
Neben seiner Nutzung durch den Menschen ist Sand aber auch für den Aufbau und den Erhalt vieler Ökosysteme an Land und im Wasser unersetzlich, sowohl als Lebensraum als auch als Baumaterial. Eine Beeinträchtigung des aus Sand bestehenden Ökosystems entsteht aber nicht allein durch den Materialverlust beim Abbau durch den Menschen, sondern auch die Art des Abbaus kann sowohl an Land wie auch im Wasser eine erhebliche Beeinträchtigung darstellen.
Mittlerweile erreichen uns immer häufiger noch ganz andere Bilder von den Küsten. Weltweit werden ungefähr 31 % aller nicht vereisten Küsten den sandigen Stränden zugeordnet. Viele dieser Strände zeigen nicht mehr ihre ursprüngliche Breite, sondern werden immer schmaler; wir sehen auf diesen Stränden dicke Rohrleitungen, über die Sand von dem vorgelagerten Seegrund auf die Küste gespült wird und schwere Fahrzeuge, die diesen Sand im Strandbereich verteilen. Wir sehen Küsten, an denen Bäume im Wasser stehen, die ehemals an Land gewachsen sind und Küsten, wo die für Touristen errichtete Infrastruktur ins Wasser fällt. An manchen Stränden überwiegt heute schon der Beton gegenüber dem Sand.
Sand ist mittlerweile nach Wasser weltweit der am häufigsten genutzte Rohstoff mit dem Unterschied, dass wir Wasser mehrfach verwenden können, den Sand aber leider nicht. Aktuell verbrauchen wir mehr Sand, als durch natürliche Prozesse neu produziert wird, wodurch Konflikte zwischen der Nutzung durch den Menschen und dem Erhalt natürlicher Ökosysteme vorprogrammiert sind.
Wo finden wir den Rohstoff Sand?
Sand gibt es auf allen Kontinenten und von den Tropen bis in die hohen Breiten, allerdings nicht überall in gleichen Mengen. Schaut man in die Literatur oder in die Preislisten für Sand, so finden wir zwei Größenordnungen, die Gewichtsangabe „Tonne (t)“ oder das Raummaß „m³“. Je nach Korngröße und Kornsortierung verhalten sich diese beiden Größenordnungen unterschiedlich zueinander. Als Anhalt sollen folgende Angaben dienen: 1 m³ Sand wiegt je nach Korngröße und Sortierung 1 – 2 t. Beachvolleyballsand: 1 m³ = 1,2 t; Estrichsand: 1 m³ = 1,6 t.
Schauen wir nun zunächst auf den Standort Deutschland, wo jährlich 230 – 250 millionen Tonnen dieses Rohstoffes verbraucht werden. Hier ist Sand aufgrund der geologischen Gegebenheiten in ausreichender Menge vorhanden, wenngleich die Preise von Ort zu Ort differieren – das aber eher aufgrund unterschiedlicher Distanzen zwischen Nutzer und Abbauort. Die letzten Eiszeiten haben in Süd- und Norddeutschland große Mengen Sand hinterlassen und auch in der Mitte Deutschlands finden wir ihn entlang von Flussläufen. Das entscheidende für einen Abbau ist aber nicht die Menge, die durch die geologischen Bedingungen bereitstellt wird, sondern die Menge, die tatsächlich legal, nach dem Durchlaufen aller Genehmigungsverfahren, verfügbar ist. Sandressourcen unter Städten, in Landschafts- oder Grundwasserschutzgebieten, in militärischen Übungsbereichen, in Naturschutzgebieten oder Bereichen, die einer anderweitigen Nutzung unterliegen, schränken die Verfügbarkeit stark ein. Abgebaut wird im trockenen Verfahren oder durch das Nassbaggerverfahren. Bei dem trockenen Verfahren bleiben leere Gruben zurück, die renaturiert werden. Der Eingriff in die Landschaft ist nicht garvierend. Bei dem Nassbaggerverfahren bleiben offene Wasserflächen zurück. Da das Wasser verdunstet und die Gruben in Kontakt zum Grundwasser stehen, kann es hier zu einem Ungleichgewicht im Grundwasserhaushalt führen.
Mittlerweile wird der Sandbedarf vornehmlich in Norddeutschland zu 15 % aus dem Meer abgedeckt. Für einige Nutzungen gibt es sogar bereits Importe aus den Nachbarländern. Sandvorspülungen zu Küstenschutzzwecken an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste werden häufig mit Sand aus dänischen Küstengewässern durchgeführt, da aufgrund der geologischen Gegebenheiten Schleswig-Holsteins Küstengewässer der Ostsee nicht über ausreichende Ressourcen verfügen. Auch die im Jahr 2018 begonnenen Umbauarbeiten an der Kieler Schleuse des Nord-Ostsee Kanals, der weltweit meistbefahrenen künstlichen Wasserstraße, benötigen ebenfalls 110.00 m³ Sand, der in dänischen Gewässern gefördert und dann importiert wird. In Mecklenburg-Vorpommern, wo die geologischen Gegebenheiten schon wieder anders aussehen, muss Sand nicht importiert werden.
Dort, wo durch die Flüsse mehr Material in das Meer transportiert wird, als Wellen und Strömung aufnehmen und verteilen können, baut der Sand zusammen mit feinerem Material das Land in das Meer vor; es entstehen Deltas, die nur wenige Meter über den Meeresspiegel hinausragen. Bekannte Vertreter sind das Mississippi Delta (USA), das Nil Delta (Ägypten), das Mekong Delta (Vietnam), das Chao Praya Delta (Thailand), das Huang He Delta des Gelben Flusses (China) und noch viele weitere. Deltas können Flächen von mehreren 10.000 km² einnehmen. Die fruchtbaren Böden und die Flüsse als Wirtschaftsadern haben dazu geführt, dass sich solche Regionen zu Mega- Metropolen, also zu angewachsenen Städten mit Millionen von Einwohnern wie Bangkok, Ho Chi Minh City, Shanghai, New Orleans und viele andere entwickelt haben. Sie sind nach wie vor ein Magnet für die Landbevölkerung.
Wo aber viele Menschen leben, wird auch das lebensnotwendige Wasser benötigt. Dies wurde und wird teilweise auch heute noch aus dem Untergrund entnommen – mit der Folge, dass sich das Land absenkt. Neuere Untersuchungen zeigen Absenkungsraten für Städte wie Bangkok, Ho Chi Minh City oder New Orleans in der Größenordnung von 2,5 – 4 cm pro Jahr – ein Mehrfaches dessen, was als Meeresspiegelanstieg bis zum Jahr 2100 prognostiziert ist. Um den Absenkprozess zu unterbinden, war der nächste Schritt der Bau von Staudämmen oberhalb der Bereiche dichter Besiedlung, um Trinkwasserreservoirs zu schaffen und gleichzeitig die Wasserkraft zur Energiegewinnung für die stetig wachsenden Ballungszentren zu nutzen. Mit dem Aufstauen des Wassers bleibt aber auch das Sediment, das an den Flussmündungen gebraucht wird, nun hinter den Staumauern liegen. So hat sich zum Beispiel die Sedimentfracht des Gelben Flusses in China seit dem Beginn des Baus von Staudämmen in den 1960er Jahren um ca. 90% reduziert, mit fatalen Folgen für die Küstenregion. Allein in den USA blockieren heute ca. 80.000 Staudämme den Weg des Wassers und des Sedimentes ins Meer, und bis 2020 soll hier kein Wasserlauf mehr ungehindert ins Meer fließen. Das Resultat solcher Bauprojekte ist heute schon eine an vielen Stellen dramatisch zurückweichende Küste mit Rückgangsraten, die an den Küsten der großen Deltas im Bereich von 10 Metern pro Jahr liegen. Zu allem Überfluss werden Staumauern ebenfalls aus Beton gebaut; dadurch wird zusätzlich die Ressource Sand verbraucht.
Aber es wird auch noch anderweitig in die Transportadern des Sandes eingegriffen. In vielen Ländern wird schon in den Oberläufen vieler Flüsse der Sand häufig illegal abgebaut, mit dramatischen Folgen sowohl für die lokale Bevölkerung als auch für die Umwelt. Es kommt zu Ufererosion, zu einer Vertiefung der Flussbetten und als Folge zu einer Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit. Dadurch vergröbern sich die Sedimente im Fluss und das Flussökosystem ändert sich. Höhere Strömungsgeschwindigkeiten führen weiterhin zu einer stärkeren Belastung und Unterspülung von Brückenpfeilern, einer Absenkung des Grundwasserspiegels und damit zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Landwirtschaft im Einzugsgebiet der Flüsse. So führt etwa im Mekong Delta die vermehrte Sandentnahme im Fluss dazu, dass in den Monaten März/April, der Endphase der Trockenzeit, das Salzwasser mittlerweile bis zu 93 Kilometer stromaufwärts reicht und zur Versalzung der Böden in diesem landwirtschaftlich so bedeutsamen Gebiet führt. Aurora Torres und ihr Team berichten in ihrem Artikel „A looming tragedy of the sand commons (Science, 09/2017)“ Ähnliches von Sri Lanka. Noch gravierender bewerten sie die in tropischen und subtropischen Ländern nach der Sandentnahme offen gebliebenen Löcher an Land, die sich mit Wasser füllen und die idealen Brutgebiete für die Malaria übertragenden Moskitos sind. Die Folgen des unkontrollierten Sandabbaus haben damit massive Auswirkungen nicht nur auf die wirtschaftliche Situation der Bevölkerung, sondern auch auf deren Gesundheit.
Der Sandhandel hat mittlerweile in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern mafiöse Strukturen angenommen. Dieses im Verhältnis zu anderen Rohstoffen wie Öl, Gas oder Erze sehr leicht und kostengünstig zu gewinnende Naturprodukt wird als Allgemeingut angesehen, an dem sich jeder bedienen kann. Gesetze, die den Abbau regeln, gibt es in vielen dieser Länder kaum, und wenn sie bestehen, werden sie häufig und mit krimineller Energie unterlaufen. Von Indien wird berichtet, dass die „Sandmafia“ mittlerweile die mächtigste kriminelle Organisation des Landes ist. Hier sind in den vergangenen Jahren mehrere hundert Menschen Opfer krimineller Aktivität geworden, die im Zusammenhang mit dem illegalen Sandabbau stehen. Ca. 50 % des Sandes, der in Marokko verbaut wird, stammt ebenfalls aus illegalem Abbau; Gleiches ist aus Südafrika, Kenia, Sierra Leone, Kambodscha und vielen weiteren Ländern bekannt.
Der Abbau von Sand unmittelbar an den Stränden, in den Küstendünen und in den flachen Küstengebieten – nach einem Bericht der UN von März 2017 (The First Global Integrated Marine Assessment) wird Sand überwiegend nur in Wassertiefen bis zu 50 m abgebaut – kann in mehrfacher Hinsicht nachhaltig negative Folgen haben. Im marinen Ökosystem finden 26 % der globalen biologischen Produktion in den Küstenmeeren statt, davon wiederum 80 % in den oberen, lichtdurchfluteten 10 Metern; 90 % der globalen Fischerei beschränken sich ebenfalls auf die Küstenzone. Indonesien deckt 92% seines Fischbedarfs durch die traditionelle Fischerei in den lokalen Küstengewässern ab. Da man bei der Sandgewinnung nur die groben Bestandteile gewinnen möchte, wird das feine Material wieder über Bord gespült. Diese feinen Bestandteile sinken aber nur sehr langsam zu Boden, werden während des Absinkprozesses mit der Strömung transportiert und bedecken damit ein wesentlich größeres Areal, als es allein durch die Materialentnahme beansprucht wird. Diese als Suspension bezeichneten Partikel beeinflussen nicht nur das Bodenleben, indem sie es zudecken, sondern sie verhindern auch, dass das für die Photosynthese der pflanzlichen Organismen notwendige Licht in das Wasser eindringen kann. Pflanzen, die auch vielen kleinen Fischen Schutz vor Fressfeinden bieten, können nicht überleben. Zudem verändert sich der Boden und die Strömungen, und ganze Vergesellschaftungen von Organismen wandern- oder sterben ab. Ihnen fehlt das entsprechende Substrat. In Ländern, wo ein Großteil der täglichen Ernährung durch den Fischfang bestimmt ist – wie etwa in Südostasien –, haben Sandentnahmen in diesen Bereichen gravierende Folgen für die Natur und die lokale Bevölkerung. Somit trifft es gerade die Menschen in den ärmeren Ländern, die vom täglichen Fischfang in den flachen Küstenregionen nicht nur leben, sondern überleben müssen.
Wo und wie nutzen wir den Rohstoff Sand?
Obwohl Sand nach Wasser weltweit der am meisten gebrauchte Rohstoff ist, gibt es über den globalen Sandverbrauch keine genauen Angaben, wohl aber über die Zementproduktion, die auf der Angabe von 150 Ländern (Zeitpunkt 2012) bei 3,7 Milliarden Tonnen lag. Zement wird für die Betonherstellung genutzt. Für 1 Tonne Zement werden 6 – 7 Tonnen Sand und Kies benötigt, um daraus Beton herzustellen. Allein die Betonherstellung verschlingt damit ca. 26 – 30 Milliarden Tonnen Sand und Kies, wovon der reine Sandanteil bei ca. 10,4 – 12,0 Milliarden Tonnen liegt. Beton besteht zu 40% aus Sand – allerdings mit einem Trend in der Bauentwicklung, der sich hin zu immer feinerem Beton und damit zu höheren Sandanteilen entwickelt. Rechnet man all die anderen Nutzungen zu dem Verbrauch für Beton hinzu, so ergibt sich nach einer sehr konservativen Abschätzung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP, 2014) ein globaler Sand- und Kiesverbrauch von ca. 40 Milliarden Tonnen, wovon ca. die Hälfte der reine Sandverbrauch ist. Pascal Peduzzi, der Autor dieser Studie, gibt an, dass man allein mit der Menge des jährlich hergestellten Betons eine Mauer um den Äquator ziehen könnte, die 27 m hoch und 27 m breit wäre. Würde man nur die jährlich verbrauchte Sandmenge in den Bodensee leiten, wäre dieser in ca. 5 Jahren komplett aufgefüllt. Eine langjährige Studie von Milliman & Farnsworth (2011) zeigt, dass jährlich ca. 20 Milliarden Tonnen Sediment von allen Flüssen weltweit ins Meer geliefert werden, jedoch mit stark abnehmender Tendenz durch die vielen Staudämme. Das meiste davon (> 50 %) ist feiner als Sand und wird als sogenannte Suspensionsfracht in den Ozean transportiert. Sie ist für Bauzwecke nicht nutzbar. So verbrauchen wir aktuell jährlich wesentlich mehr Sand, als alle Flüsse dieser Welt ins Meer liefern. Diese Vergleiche machen die Menge des Sandverbrauchs etwas vorstellbarer. Von allen Rohstoffen, die abgebaut werden, verzeichnet Sand die höchsten Steigerungsraten. Nach der Studie von Aurora Torres und ihrem Team (Science, 2017) ist der Verbrauch dieses Rohstoffs für Gebäude und die Transport-Infrastruktur von 1900 bis 2010 um das 23-fache gestiegen. China allein verbraucht ca. 60 % der weltweit geförderten Sandmenge und hat in dem Zeitraum von 2010 – 2014 so viel Sand verbraucht, wie die USA in den vergangenen 100 Jahren. Unsere Sandlagerstätten, die sich über Jahrmillionen gebildet haben, baut der Mensch derzeit mit einer exponentiell steigenden Geschwindigkeit ab – als gäbe es kein Morgen.
Für den Schutz einer Küste ist Sand das herausragende Material. Er zeigt hier einmal mehr seine Vielseitigkeit. Unter Sturmbedingungen werden sandige Strände zwar durch die Wellenenergie abgebaut, aber der Sand ist keineswegs verschwunden. Er wandert vom Strand in den vorgelagerten, seewärtigen Bereich und höht dort den Meeresboden auf. Das hat zur Folge, dass große Wellen aufgrund der Verringerung der Wassertiefe bereits vor den Küsten brechen und dort ihre Energie abgeben – und nicht erst auf dem Strand. Die küstennahe Bebauung bleibt von Zerstörung verschont. Beruhigt sich die See nach dem Sturm, wird der Sand langsam wieder Richtung Küste transportiert und die Strände werden wieder breiter und höher. Eine Küste mit ausreichend Sand schützt sich bei Sturm damit quasi selbst. Nimmt man den Küsten aber den Sand von den Küstendünen, den Stränden und aus dem flachen Unterwasserbereich – was größtenteils mit Hilfe von Maschinen, aber in einigen Ländern wie etwa den Kap Verden auch allein dadurch geschieht, dass Personen ohne jegliche technische Hilfsmittel hinabtauchen, dort Eimer oder Plastikgefäße füllen, die dann an die Wasseroberfläche gezogen werden –, so beraubt man die Küste ihres wertvollsten Materiales. Die Zerstörungen der Infrastruktur an einer Küste durch einen Sturm als Folge des Sandabbaus sind katastrophal, wie uns Beispiele aus der ganzen Welt zeigen.
Der vielfältigen Bedeutung des Sandes für die Natur steht die vielfältige Anwendung und der unersättliche und kontinuierlich ansteigende Hunger auf Sand der modernen Gesellschaft gegenüber. Sand ist der Motor für das Wachsen großer Städte, wie wir es derzeit in China, Indien und anderen wirtschaftlich aufstrebenden Ländern beobachten. Schauen wir auf die Stadt Shenzen in Sichtweite der Metropole Hongkong (7,35 Millionen Einwohner in 2016). Shenzen hatte 1979 ca. 30.000 Einwohner; 2016 waren es bereits 11.910.000 Einwohner, eine Steigerung um 400 %. Saudi Arabien hat 2017 das Bauprojekt für die völlig neu zu errichtende Stadt Neom am Roten Meer in der Grenzregion zu Jordanien und Ägypten vorgestellt. Diese Stadt soll sich über 26.000 km² erstrecken, größer als das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern oder ungefähr halb so groß wie die gesamte Landesfläche der Schweiz. Die Kosten werden auf 500 Milliarden Dollar geschätzt. Auch wenn das Wachstum einiger Städte politisch motiviert war, so zieht es die Menschen trotzdem und mehr denn je gerade in die bestehenden großen Küstenstädte – freilich ungeachtet eines ansteigenden Meeresspiegels, zu dessen Kompensation in Form von Küstenschutzmaßnahmen ebenfalls Sand benötigt wird. Das Land sinkt, der Meeresspiegel steigt und gleichzeitig drängen immer mehr Menschen an die Küste. Eine Herausforderung, von der wir heute nur ahnen können, wie groß sie werden wird. Nach dem aus einem Kooperationsprojekt zwischen der niederländischen und vietnamesischen Regierung im Jahr 2013 erarbeiteten Mekong Delta-Plans könnten als Auswirkung der Klimaänderung bis zum Ende dieses Jahrhunderts zwischen 12,8 – 37,8 % der Fläche des Mekong Deltas überflutet sein. Die Geowissenschaftler Masselink & Gehrels (2014) gehen davon aus, dass sich bereits bis 2050 mehr als 1 Millionen Menschen aus dem Mekong Delta auf den Weg nach einer neuen Heimat machen müssen, da ihr bisheriger Lebensraum überflutet sein wird.
Schauen wir auf den Bau von Straßen: Je nach Land benötigt die Fertigstellung von 1 km Autobahn oder Highway in den USA 30.000 – 40.000 t Sand und Kies. In China möchte man bis zum Jahr 2030 165.000 km Straßennetzwerk fertiggestellt haben. Damit wäre das Straßennetz dann dreimal so lang wie in den USA. Indien will in den kommenden 5 Jahren 84.000 km Straße bauen. Die Stadt Bangalore in Indien wächst rasant. Täglich fahren ca. 13.000 Lastwagen beladen mit Sand in die Stadt. Diese ehrgeizigen Projekte der aufstrebenden Schwellenländer mit ihrem stark ansteigenden Wirtschaftswachstum verschlingen große Mengen Sand. Der Bau eines einzelnen Atomkraftwerkes – auch diese gehören zum Aufschwung der Schwellenländer – verschlingt ungefähr 12.000.000 Tonnen Sand.
Die Fläche des Stadtstaates Singapur ist seit der Unabhängigkeit von 1965 um 22% (von 58.000 ha auf 71.000 ha) bzw. 130 km² gewachsen, und zwar ausschließlich durch Landgewinnung in Form von Aufspülungen mit Sand, der meist aus den Anrainerstaaten importiert wurde. Bis 2030 möchte Singapur seine Landfläche um weitere 56 km² erweitern. Nach eigenen Angaben wurden in den vergangenen 20 Jahren 517 millionen Tonnen Sand importiert. Damit ist Singapur das Land, das mit 5,4 Tonnen Sand pro Einwohner pro Jahr weltweit die höchste Sandimportrate aufweist. Nachbarländer wie Indonesien, Malaysia, Kambodscha, Vietnam und Thailand, die in der Vergangenheit Sand nach Singapur exportiert haben und teilweise noch exportieren, geben jedoch an, insgesamt 637 Millionen Tonnen Sand geliefert zu haben – eine Differenz von 120 Millionen Tonnen, für die es keine legale Erklärung gibt. Das Sandgeschäft ist zu einem großen Teil illegal und undurchsichtig geworden, auch weil einige Länder den Export nach Singapur offiziell verboten haben, da es an den eigenen Küsten durch den Sandabbau zu gravierenden Landverlusten kam. Allein Indonesien hat 24 Inseln verloren, was auf den Abbau und den Export von Sand zurückgeführt wird. Das unmittelbare Nachbarland Malaysia hat bereits im Jahr 1997 die Sandexporte nach Singapur gestoppt; Indonesien folgte 2007, Kambodscha 2009, danach Vietnam. Mittlerweile wird auch der Druck auf Myanmar immer größer, den Sandexport offiziell zu unterbinden. Wie unklar allerdings die Situation ist, zeigt eine andere Mitteilung, wonach Kambodscha offiziell nach eigenen Angaben zwischen 2007 – 2014 lediglich 3 Millionen Tonnen Sand nach Singapur geliefert hat, gleichzeitig Singapur aber berichtet, einen Import aus Kambodscha in der Größenordnung von 62 Millionen Tonnen erhalten zu haben.
Die Vereinigten Arabischen Emirate importieren für ihre gigantischen Prestigebauwerke, wie das 828 m hohe Burj Kalifa, Sand von den Küsten Australiens, weil lokale Ressourcen im Meer durch ehrgeizige Projekte, wie etwa die 2001 begonnene künstliche Aufspülung von Inseln des Bauwerks „Palm Jumareih“ oder die 2002 begonnene Aufspülung für The Palm Jebel Ali und „The World“, verbraucht sind. Für „The Palm“ wurden 385 Millionen Tonnen Sand (dies entspricht ca. 186 Millionen m³) verbraucht; für das noch ehrgeizigere Projekt „The World“, ein Archipel aus 300 Inseln, die die Welt mit ihren Kontinenten darstellen sollte, wurde die 3-fache Menge Sand veranschlagt. Zum Vergleich: Die jährlich für den Küstenschutz Sylts vorgespülte Sandmenge beträgt 1 Million m³. Die Finanzkrise hat den Ausbau der Infrastruktur, das heißt den Bau von Hotels und Wohnanlagen auf den aufgespülten Inseln für das letztere Projekt aber zunächst einmal gestoppt, und auch auf „The Palm Jebel Ali“ sind die Wohnanlagen bisher nicht fertiggestellt. Dennoch sind nahezu eine dreiviertel Milliarde Tonnen Sand verbraucht und alle eigenen marinen Sandressourcen völlig erschöpft – mit gravierenden Auswirkungen für die Meeresumwelt. Da der vorhandene Wüstensand für derlei Baumaßnahmen nicht geeignet ist, muss dieser Rohstoff auch für alle weiteren Baumaßnahmen importiert werden. Sand verknappt aber in vielen Ländern und so nimmt der illegale Abbau und auch der illegale Handel zu. Wird dieser Sand nicht industriell verarbeitet, sondern über weite Bereiche und Landesgrenzen transportiert und zur Landgewinnung oder Strandaufspülung eingesetzt (wie etwa in Singapur oder den Vereinigten Arabischen Emiraten), so ist auch der Transport invasiver Arten, die ein Ökosystem nachhaltig verändern können, begünstigt. Dies ist ein weiterer, aber bisher kaum untersuchter Aspekt, der durch den globalen Handel und Transport von Sand entsteht.
Eine Vergrößerung der Landesfläche durch den Ausbau in das Meer mittels der Aufspülung von Sand betreiben aber auch noch andere Staaten. Japan hat in der Vergangenheit in der Tokyo-Bay eine Landgewinnung in der Größenordnung von 250 km² durchgeführt, für die im Aufbau befindliche Stadt Nanhui New City in der Nähe von Shanghai wurden 130 km² Land neu gewonnen. In China sind von 2006 – 2010 jährlich ca. 700 km² neues Land entlang der Küsten aufgespült worden. Landgewinnungen für Luxuswohnungen sehen wir auf der Insel Penag (Malaysia) und in der Straße von Johor, unmittelbar an der Grenze zu Singapur. Hier sind 4 Inseln mit einer Größe von 14 km² aufgespült wurden – ein erster Schritt für „Forest City“, einer Ansammlung von sogenannten „eco-smart cities of the future”. Es wird erwartet, dass hier in 2050 nach der Aufspülung weiterer Inseln ca. 700.000 Personen leben werden. Aufspülungen finden auch in der Bucht von Manila (Philippinen) statt. Um diese Zahlen anschaulicher zu machen, seien als Vergleich die Größen zweier deutscher Städte und der Insel Sylt genannt: Hamburg erstreckt sich über 755 km²; München über 310 km²; Sylt hat eine Größe von 99,14 km². Inzwischen werden die das Ökosystem zerstörenden und Sand verschlingenden Landgewinnungsmaßnahmen zwischen Dubai und Shanghai als Epidemie des 21. Jahrhunderts bezeichnet.
In den USA verzeichnet der Sandverbrauch für den Küstenschutz derzeit höhere Steigerungsraten als der Sandverbrauch für die Bauindustrie. Diese Aufwendungen steigen deshalb, weil offensichtlich die durch den Menschen verursachte Klimaänderung zu mehr und heftigeren Stürmen führt, was wiederum die Küstenerosion forciert. Im Bundesstaat Florida sind 90% der Strände auf dem Rückzug, was für die Wirtschaft dieses Sonnenstaates, in dem die Hälfte des Bruttoinlandsproduktes von den Stränden abhängt, katastrophal ist. Das fatale daran ist, dass man mit der Bekämpfung der Auswirkungen einer Umweltsünde, nämlich das Anheizen der Klimaveränderung durch die Emission von Treibhausgasen – die sehr energieaufwendige Betonproduktion trägt mit 6 – 9 % zur globalen CO2-Produktion bei – eine andere Umweltsünde begangen wird, deren Ausmaß wir noch gar nicht kennen: die für den Menschen und das Ökosystem so wichtige Ressource Sand hemmungslos zu verbrauchen.
Ein weiteres Beispiel soll zeigen, wie gedankenlos man mit der Ressource Sand umgeht: Der von Sportarten wie Beachvolleyball und Golf benötigte Sand – ein normaler Strandsand ist dafür leider nicht geeignet, die Körner sind oft zu eckig, zu groß und das Kornspektrum ist zu breit – wird häufig über große Entfernungen transportiert. Für die Olympischen Spiele 2004 in Athen kam für die Disziplin Beachvolleyball der Sand aus Belgien, für die Europameisterschaften 2015 in Baku (Russland) kam er aus dem Süden der Türkei, ca. 1300 km von Baku entfernt. 250 LKW-Ladungen wurden über die Straße, mit dem Schiff und auf der Schiene über einen langen Transportweg zu der Sportstätte gebracht. Für einige der Sandbunker auf den Golfplätzen Dubais wurde Sand aus North Carolina (weißer Sand) und aus Ontario (rötlich brauner Sand) herangeschafft. Dies wird damit begründet, dass die zu runden Sandkörner des Wüstensandes zu einem Einsinken der Golfbälle führen würden.
Alternativen zum Rohstoff Sand
Es wird immer wieder die Frage gestellt, warum nicht Wüstensand für Baumaßnahmen genutzt wird. Die Antwort ist einfach. Dünensand ist zu rund geschliffen, die Oberfläche ist zu glatt und das gesamte Korngemisch ist hinsichtlich der Korngröße aufgrund des Transportprozesses zu einförmig. Er ist für die Betonherstellung nicht geeignet, da „Zuschlagstoffe“ nicht an den Kornoberflächen haften. Wäre es eine Alternative, Wüstensand dennoch so aufzubereiten, dass er auch als Bausand nutzbar ist, wäre dies ein energiereiches Verfahren, denn er müsste angeschmolzen werden. Nun, dort, wo die Wüsten sind, ist durch die Sonne genügend Energie vorhanden und die Nutzung wäre erschwinglich, aber mit dem Wüstensand würde nur eine weitere natürliche Ressource ausgebeutet werden.
Eine Alternative wäre ein sinnvolles Recycling, das schon beim Bau anfängt. Materialien müssten so miteinander verbaut werden, dass sie später beim Rückbau leichter getrennt und neu verwendet werden könnten. Dennoch wird man eine Rückführung in die ursprüngliche Kornstruktur nicht erreichen. Recyceltes Material kann nur dort eingesetzt werden, wo die Qualitätsansprüche geringer sind. Einen Kreislauf herstellen und recyceln geht mit Baustoffen, eignet sich aber nicht bei Sandvorspülungen für Küstenschutzmaßnahmen. Sand wird beim Transport sortiert und damit gleichkörniger. Das Akkumulationsgebiet, wo der wegtransportierte Sand ankommt, wird nicht die gleiche Kornverteilung aufweisen, wie sie das Gebiet aufweist, aus dem er kommt. Würde man diesen Sand nutzen, verringerte sich die Verweildauer und entsprechende Maßnahmen müssten in immer kürzeren zeitlichen Abständen erfolgen.
Bedenkt man, dass ca. 80% der Weltbevölkerung in Gebäuden lebt, die maximal zweigeschossig sind, so könnten hier Baumaterialien genutzt werden, die nicht den hohen Stabilitätsanforderungen unterliegen, wie sie für Brücken, Hochhäuser oder Staudämme gefordert sind. Alternative Baustoffe könnten hier eingesetzt werden.
Die beste Alternative im Umgang mit der Ressource Sand ist aber sicherlich, nur das zu bauen, was wirklich notwendig ist. Bauruinen, wie man sie aus den wirtschaftlich aufstrebenden Ländern wie China kennt, wo man zentral organisierte Urbanisierungen der ländlichen Gegenden plant, und wo es Ruinenstädte gibt, die für bis zu 4 millionen Menschen geplant waren, gilt es zu vermeiden. Bauruinen gibt es auch in Griechenland oder entlang vieler Küstenorte Südeuropas. Ebenso ist zu überlegen, ob die ausufernden Sandaufspülungen entlang von Küsten zur Errichtung von prestigeträchtigen Luxushotels und Wohnanlagen notwendig sind. Wir haben gelernt, mit der Ressource Wasser sparsam und sorgsam umzugehen, beim Sand sind wir derzeit noch weit davon entfernt.