Falschmeldungen und Medienfälschungen auf der Spur

In den vergangenen Wochen und Monaten wurden wir immer wieder mit Berichten, Fotos und Videos vom Krieg in der Ukraine konfrontiert. Die Wiedergabe in den Fernsehnachrichten war häufig begleitet von dem Hinweis, dass die Quelle nicht verifiziert werden konnte. „Zwischen Wahrheit und Propaganda – Der Krieg und die Medien”, so lautete das Thema der Phoenix Runde am 8. April 2022. Zwei Aussagen in der Diskussion waren besonders markant: „Krieg und Lüge sind Zwillinge”, so der Journalist Georg Mascolo. Und der Historiker Sönke Neitzel ergänzte: „Alle Kriege der Moderne waren auch Medienkriege.”

Ein konkretes Beispiel liefert die Auseinandersetzung um ein Video aus dem Kiewer Vorort Butscha. Es zeigt schockierende Bilder von Leichen am Straßenrand. Augenzeugen berichteten, russische Soldaten hätten dort gezielt Zivilisten erschossen. Das Dementi durch das russische Verteidigungsministerium wurde rasch durch Satellitenaufnahmen widerlegt. Im Netz kursierte dann die Behauptung, dass zwei der angeblich leblosen Körper sich bewegten, die im Video gezeigten Personen also gar nicht tot seien. „Faktenfuchs”, die Verifikationsabteilung des bayerischen Rundfunks, hat dann plausibel gemacht, dass es sich bei diesen vermeintlichen Bewegungen wohl um optische Täuschungen handelt. Im Übrigen spricht es für die journalistische Sorgfaltspflicht, wenn man immer häufiger hört und liest: „Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht.”

Das Thema Falschmeldungen und Medienfälschungen hat eine lange Geschichte. Ein frühes Beispiel: König Ludwig II., der bayerische Regent mit der größten Öffentlichkeitswirkung bis heute, hielt nicht viel von Journalisten. Umso überraschender war ein Artikel über „Ludwig of Bavaria“, der im November 1886, kurz nach dem Tod des Königs, in der angesehenen amerikanischen Zeitschrift Lippincott´s Monthly Magazine erschien. Der Verfasser Lew Vanderpoole berichtete darin über eine Privataudienz beim König, der ihn im Februar 1882 für ein Interview empfangen habe. Der Artikel fand nicht zuletzt wegen einiger markanter persönlicher Aussagen große Aufmerksamkeit und wurde bis vor kurzem auch von Historikern immer wieder zitiert.

„Königlich-bayerische Fake News“ – unter diesem Titel machte die Süddeutsche Zeitung am 21. Oktober 2017 plausibel, dass die ganze Geschichte höchstwahrscheinlich erlogen ist. Der belgische Privatgelehrte Luc Roger konnte nachweisen, dass der Autor ein Schwindler war, der in New York wegen literarischen Betrugs verklagt und verhaftet worden war. Medienlügen haben also manchmal sehr lange Beine.

Seit geraumer Zeit geistert das Schlagwort „Lügenpresse“ durch die öffentliche Debatte. Von der sprachkritischen Aktion wurde dieser Begriff 2014 zum Unwort des Jahres gewählt. Wenig bekannt ist, dass der Begriff eine lange Tradition hat, die bis ins frühe 19. Jahrhundert zurückreicht. Im Ersten Weltkrieg wurde er für die Auslandspresse verwendet und später dann für ideologische und politische Gegner. Kommunisten wandten sich gegen die „Lügenpresse der Bourgeoisie“, Nationalsozialisten gegen die „jüdisch-marxistische Lügenpresse“. Heute wird dieses Schlagwort gern von Rechtsextremisten verwendet, die sich pauschal gegen die von ihnen so genannten „System-Medien“ wenden. Dahinter stehen Verschwörungstheorien und ein genereller Konspirationsverdacht.

Durch Donald Trump ist der Begriff „Fake News“ auch bei uns populär geworden. Der ehemalige amerikanische Präsident stigmatisierte damit die kritische Berichterstattung der professionellen Journalisten. „Sie gehören zu den unehrlichsten Menschen auf der Erde“, sagte er am Tag nach seiner Amtseinführung zu den Medienleuten. Damit setzte er die Journalistenschelte fort, die er im Wahlkampf begonnen hatte. Er selbst bevorzugte die ungefilterte Kommunikation per Twitter und ist damit der erste Staatschef, der permanent die sogenannten Social Media für seine Zwecke einsetzte.

Der Kommunikationsraum Internet ist gegen Falschmeldungen am wenigsten gefeit. Jedermann kann hier zum Sender werden. Beispiele gibt es genug: Seit dem Flugzeugangriff auf das World Trade Center in New York schwirren Verschwörungstheorien und Wandersagen durch das Netz. Auch nach dem Attentat am Münchner Olympia-Einkaufszentrum, beim Terroranschlag auf die Synagoge in Halle und jüngst in der Corona-Krise hatten kommunikative Falschmünzer Hochkonjunktur.

Der preußische General Clausewitz hat festgestellt: „Ein großer Teil der Nachrichten, die man im Kriege bekommt, ist widersprechend, ein noch größerer ist falsch und bei weitem der größte einer ziemlichen Ungewißheit unterworfen.“ Bei der Beobachtung der Massenmedien ist allerdings auch in Friedenszeiten Skepsis angebracht. Der Journalismus ist ein soziales System, das Fehlleistungen in allen Bereichen des öffentlichen oder privaten Lebens unerbittlich an den Pranger stellt, aber für eigene Fehlleistungen ziemlich blind ist. Ein Sprichwort sagt: „Im Hause des Gehängten spricht man nicht vom Strick.“ Vielleicht ist das der Grund, warum Falschmeldungen und Medienfälschungen im Journalismus selten thematisiert werden. Auch die Kommunikationswissenschaft hält sich hier auffällig zurück.

Im Folgenden geht es um „Fake News“ von Journalisten. Dabei sollen Fälschungsfallen ganz unterschiedlicher Art identifiziert und analysiert werden. Sechs solcher Fallen möchte ich anhand von Beispielen vorstellen.

Die Originalitätsfalle

Auch die sogenannten Qualitätsmedien sind gegen Fälschungen nicht immun: Ihr wunder Punkt heißt Originalität. Das Magazin Der Spiegel konnte in der Titelgeschichte seiner Weihnachtsausgabe 2018 mit einer sensationellen Enthüllung aufwarten: Es ging um einen der größten publizistischen Fälschungsskandale der Nachkriegszeit – diesmal leider im eigenen Haus. Der Autor – Ullrich Fichtner, leitender Redakteur im Ressort Gesellschaft und damals designierter Chefredakteur – muss einräumen, dass das Magazin über Jahre dubiose Reportagen veröffentlicht hat.

In der „Hausmitteilung“ jener Ausgabe heißt es: „Unser Kollege Claas Relotius hat sich nicht auf die Recherche verlassen, sondern seine Fantasie eingesetzt, hat sich Zitate, Szenen, Personen ausgedacht, um viele seiner Geschichten besser, spannender wirken zu lassen.“ Der Verfasser der Titelgeschichte konzentriert sich auf den Täter und folgt damit dem auch sonst im Blatt dominierenden Prinzip der Personalisierung – die Systemfrage bleibt ausgeblendet. Wie konnte das in einer personell hochgerüsteten Redaktion geschehen? Und zwar in einem Medienunternehmen, das sich immer seiner legendären Dokumentationsabteilung mit mehr als 60 hochspezialisierten Mitarbeitern gerühmt hat? Eine externe Untersuchungskommission und die folgende öffentliche Debatte haben auf diese Fragen manche Antworten geliefert.

Relotius hat über Jahre hin im Spiegel und in mehreren anderen renommierten Printmedien den Erwartungserwartungen der Aufmerksamkeitsökonomie entsprochen und „runde“ Geschichten geliefert. Der Orginalitätsdruck hat dann zu einer Vermischung von Fakten und Fiktionen geführt. Für seine quasi literarischen Texte hat dieser Autor immer wieder Bestätigung erhalten – etwa zwanzig Journalistenpreise zeugen davon.

Ein Paradebeispiel bot auch das SZ-Magazin. Aufsehen erregte diese Freitagsbeilage der Süddeutschen Zeitung nicht nur durch stilistische Brillanz und gelungene Optik, sondern auch durch unkonventionelle Interviews mit Hollywoodgrößen wie Sharon Stone und Brad Pitt. Diese Interviews, geliefert von dem in Los Angeles lebenden Reporter Tom Kummer, offenbarten Erstaunliches aus dem Seelenleben der Stars. Sie waren „exklusiv“ im doppelten Sinn: nämlich außergewöhnlich – und frei erfunden.

Nach dem Auffliegen der Fälschungsfälle versuchte sich Kummer als Medientheoretiker. Er charakterisierte seine Arbeitsweise als Montage aus verschiedenen Quellen und rückte sie in die Nähe der „Konzeptkunst“. „Alles demontieren, alles dekonstruieren fand ich toll, besonders bei einem Mainstream-Medium wie dem Journalismus, das offensichtlich nach sehr klaren Vorstellungen funktionieren muss“, so formulierte Kummer 2001 in einem Interview. Sein eigenes Berufsverständnis fasste der Autor schon im Jahre zuvor in dem Begriff „Borderline-Journalismus“ zusammen.

Die Quotenfalle

Am 23. Dezember 1996 verurteilte die 12. Große Strafkammer des Landgerichts Koblenz den 38-jährigen Michael Born wegen Betrugs, Urkundenfälschung, Volksverhetzung und weiterer Delikte zu vier Jahren Haft. Er hatte zwischen 1990 und 1995 mehreren deutschsprachigen Fernsehsendern fast zwei Dutzend gefälschter Filme verkauft. Die meisten davon waren vom Boulevardmagazin Stern TV auf RTL ausgestrahlt worden.

Die Beweisaufnahme des Gerichts offenbarte ein erhebliches Mitverschulden der verantwortlichen Redakteure von Stern TV und des Moderators Günther Jauch: Sie hatten die Richtigkeit der makaber-skurrilen Storys weder bezweifelt noch gar überprüft. Und die handwerklich primitiven Requisiten wie spiegelverkehrte Hakenkreuze, ein aufgeklebter Vollbart und Ähnliches wurden schlicht (oder soll man sagen: gern?) übersehen. Born konnte seine Filmfälschungen leicht platzieren, weil er sich marktkonform verhielt.

Betrug am Zuschauer? Natürlich – aber ein solcher ist bisher strafrechtlich nicht relevant. Bestraft wurde der Betrug an der Redaktion – obwohl diese doch von steigenden Einschaltquoten und höheren Werbeeinnahmen profitiert hatte. Die taz kommentierte damals: „Die wahren Täter in den Sendeanstalten können sich […] zurücklehnen – ihr Schuld-Outsourcing hat sich bestens bewährt: Bestraft wurde der Kleindealer und nicht die Paten.“

Die Auflagenfalle

Der Quotenfalle im Fernsehen entspricht bei der Presse die Auflagenfalle. Erfundene Interviews mit Prominenten haben hier ihre Ursache. Ein frühes Opfer war die persische Ex-Kaiserin Soraya, deren Name dann zur Gattungsbezeichnung einer Gruppe von Regenbogenblättern wurde: Am 29. April 1961 druckte Das Neue Blatt ein „Exklusiv-Interview“ mit Soraya, das eine freie Mitarbeiterin frei erfunden hatte. Ein ähnliches Schicksal erlitt später – neben manchen anderen – Prinzessin Caroline von Monaco.

Die einschlägige Rechtsprechung sorgte im Laufe der Jahre für stark steigende Schadenersatzsummen für solche Verletzungen der Persönlichkeitsrechte, ohne dass gefälschte Interviews damit ausgerottet werden konnten. Noch während des letzten Bundestagswahlkampfs druckte eine türkische Zeitung ein Interview mit Armin Laschet, das nie stattgefunden hat.

Auch die angeblichen Hitler-Tagebücher, die als Weltsensation angekündigt waren, sollten die Auflage steigern. Sie haben dem Stern dann allerdings einen Vertrauensverlust eingebracht, von dem er sich bis heute nicht erholt hat.

Die Aktualitätsfalle

„Robbie holte Show aus dem Koma“ – unter dieser Schlagzeile berichtete das Wiener Boulevardblatt Österreich am 4. Dezember 2010 über die Fernsehsendung Wetten, dass …? vom Vorabend. „Robbie Williams und Take That wieder vereint und das auf der Gottschalk-Couch. Eine Premiere: Robbie trat in der Show zweimal auf, einmal solo und dann mit Band“, so hieß es in der Zeitung.

In Wirklichkeit verlief die Sendung ganz anders. Kurz nach Beginn stürzte Wettkandidat Samuel Koch beim Sprung über ein entgegenkommendes Auto, das sein Vater steuerte. Die Live-Übertragung wurde abgebrochen. Die angekündigten Auftritte von Robbie Williams und weiteren prominenten Gästen blieben den geschockten Zuschauern erspart. Bittere Ironie dieser Falschmeldung: Der verletzte Student musste nach sofortiger Operation in der Düsseldorfer Uni-Klinik in ein künstliches Koma versetzt werden. Noch heute leidet er an den Folgen des schweren Unfalls.

Der Verfasser des Artikels war in die Aktualitätsfalle getappt: Er hatte seinen Beitrag „kalt“ geschrieben und bereits vor dem Ereignis in Druck gegeben. Auf ähnliche Weise sind Kritiken zu Musikkonzerten und zu Theateraufführungen veröffentlicht worden, die nie stattgefunden haben. Auch die Veröffentlichung falscher, weil vorzeitig publizierter Wahlergebnisse, gehört in diese Kategorie.

Besonders heikel sind Falschmeldungen über Todesfälle, von denen nicht selten auch Prominente betroffen waren. Mark Twain, dem dies in Amerika widerfahren war, bekam auf seine Beschwerde vom zuständigen Redakteur folgende Antwort: „Was gedruckt ist, ist gedruckt. Wir nehmen nie etwas zurück. Diese Blöße geben wir uns nicht. Alles, was wir tun können, ist, eine neue Geburtsanzeige von Ihnen einzusetzen. Preis: Ein Dollar!“

Die Instrumentalisierungsfalle

Waren die geschilderten Fälle vor allem Beispiele für gezielte journalistische Inszenierungen, so sind die Medien bei einem anderen Typ von Falschmeldungen Opfer politischer Instrumentalisierung. Insbesondere autoritäre und totalitäre Regime haben sich hier hervorgetan. Die Fälschungsmethoden der Faschisten, Stalinisten und Maoisten haben bis in unsere Tage hinein gelehrige Schüler gefunden. Neu ist, dass zur Produktion von Feindbildern inzwischen immer häufiger PR-Agenturen eingesetzt werden.

Gräuelpropaganda ist seit dem Mittelalter ein probates Mittel psychologischer Kriegsführung. So lancierte die britische Agentur Hill & Knowlton während des Golfkrieges von 1991 die Horrormeldung, „daß irakische Soldaten dreihundertzwölf Babys aus ihren Brutkästen genommen und auf dem kühlen Krankenhaus-Fußboden von Kuwait-Stadt hatten sterben lassen“. Diese Story, als deren Quelle später die minderjährige Tochter des kuwaitischen Botschafters in den USA präsentiert wurde, war der besonders wirksame Teil einer millionenschweren Kampagne, mit der die Agentur ein Feindbild des Irak aufbauen und verstärken sollte.

Nicht nur Horror-Szenarien, auch Helden-Storys können hier hilfreich sein. Der Dritte Irak-Krieg hat hier für manche Beispiele gesorgt. Auch in späteren Konflikten wurden ganze Propaganda-Kompanien in Stellung gebracht. Kriege werden immer auch an der Kommunikationsfront geführt – siehe etwa die jahrelangen Auseinandersetzungen in Syrien und den aktuellen Krieg in der Ukraine.

Die Kompetenzfalle

Die Massenmedien waren häufig nicht nur Mittel, sondern auch Ziele von Falschmeldungen. Als Pionier auf diesem Gebiet hat sich der Wiener Ingenieur Arthur Schütz einen Namen gemacht. Am 17. November 1911 schrieb er, wie er sich später erinnert, „unter dem Zwange eines mir selbst unbegreiflichen Impulses in einem Zuge, wie im Fieber, den haarsträubendsten technischen Unsinn, der mir gerade einfiel, in der Form eines Erdbebenberichtes an die Neue Freie Presse nieder. Alles an diesem Berichte war Spott und Hohn, und nichts als ein Höllenwirbel hirnrissiger Verkupplung aller technischen Begriffe.“

Am nächsten Morgen stand jener Artikel in dem Wiener Prestigeblatt. Als Autor angegeben ist ein Dr. Ing. Erich Ritter von Winkler, Assistent der Zentralversuchsanstalt der Ostrau-Karwiner Kohlenbergwerke. In diesem völlig absurden Nonsens-Bericht stand auch der Satz: „Völlig unerklärlich ist jedoch die Erscheinung, daß mein im Laboratorium schlafender Grubenhund schon eine halbe Stunde vor Beginn des Bebens auffallende Zeichen größter Unruhe gab.“

Was hatte der Verfasser gemacht? Er hatte, sozialwissenschaftlich gesprochen, ein Feldexperiment gemacht. Er ging dabei von der Hypothese aus, dass ein Bericht aufgenommen werde, sobald er nur „im Gewande der Wissenschaft schillere und von einem gut klingenden Namen gekennzeichnet sei“ sowie „den ausgefahrenen Gedankenbahnen des Publikums und der Mentalität des Blattes entspreche“. Diese Hypothese konnte er verifizieren, dieses Mal und noch viele weitere Male. Schütz bereicherte die wissenschaftlich-technische Zivilisation in der Folge

  • um ovale Wagenräder und feuerfeste Kohlen;
  • um Degeneratoren und Seilrillen,
  • um plombierte Zahnräder, Betonwürmer, Paraffinzündholzfabriken und viele andere Innovationen.

Bereits Agricola hat in seinem wichtigen Werk über den Bergbau, 1556 unter dem Titel De re metallica erschienen, aufs Genaueste jenen hölzernen Laufwagen beschrieben, den die Bergleute als „Hund“ bezeichnen. Seit Schütz ist dies ein pressetypologischer Begriff geworden. Im Unterschied zur sogenannten Zeitungs-Ente, der schlichten Falschmeldung, haben die Grubenhunde eine medienpädagogische Mission. Ihre Züchter wollen die mangelnde Kompetenz der Journalisten aufdecken, wollen ihre Ignoranz züchtigen.

Arthur Schütz ist 1960 gestorben. Die Grubenhunde leben weiter. Bis heute verbellen diese trojanischen Tiere mit den vier Rädern ihre Beute mit Vorliebe innerhalb der wissenschaftlich-technischen Berichterstattung. Da finden wir dann Meldungen über die erste erfolgreiche Prostata-Transplantation oder über Rindomaten-Zellen, eine gelungene Fusion von Pflanzen- und Tierzellen, die die Herstellung von Hamburgern ungemein erleichtert.

Ein knappes Fazit

Das Spektrum an „Fake News“, die man auch in professionellen Medien findet, ist groß. Ich habe ganz verschiedene Typen vorgestellt. Dabei ging es

  • um Fälle, in denen Journalisten selbst gefälscht haben;
  • um Fälle, in denen Journalisten und Redaktionen Opfer von – vor allem politischer – Instrumentalisierung geworden sind;
  • um Fälle, in denen Journalisten und Redaktionen von Grubenhunden gebissen worden sind.

Falschmeldungen in den Medien haben sehr unterschiedliche Ursachen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie gegen berufliche Normen im Journalismus verstoßen. Dabei ignorieren sie häufig mehrere Normen zugleich: sowohl die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Berichterstattung als auch die Norm professioneller Recherche und Gegenrecherche, die Sorgfaltspflicht und die Pflicht zur Kontrolle von Informationen.

Andererseits befördern aber auch journalistische Normen Falschmeldungen. Hier ist in erster Linie die Aktualitätsnorm zu nennen. Der Journalismus ist in ganz besonderer Weise ein Zeit-Beruf. Er steht unter dem Druck der Periodizitätssequenzen, die im historischen Verlauf immer kürzer geworden und bei den Live-Medien Hörfunk, Fernsehen und Online auf null geschrumpft sind. Mit der zeitlichen Distanz zum Berichtsobjekt schwindet die Möglichkeit zur gründlichen Recherche, zum Gegencheck, zur Einordnung – das System Journalismus wird für Fehler immer anfälliger.

Die Fehlersensibilität ist inzwischen zumindest in den Qualitätsmedien gewachsen. Viele Zeitungen haben nach US-amerikanischem Vorbild Korrekturspalten eingerichtet, in denen auch kleine Fehler richtiggestellt werden. Bei einigen Rundfunksendern wurden eigene Faktenscheck-Abteilungen installiert, die insbesondere das audiovisuelle Material überprüfen. Dies ist auch bitter nötig in Zeiten, wo Bild- und Ton-Manipulationen ein Kinderspiel sind.

Zu den Bedingungen der Möglichkeit von Falschmeldungen und Medienfälschungen gehören auch die Aufmerksamkeitsfilter der Medien, und zwar sowohl die allgemeinen Nachrichtenfaktoren als auch die besondere Linie beziehungsweise Grundorientierung des jeweiligen Blattes oder Senders. Hier vor allem liegen die blinden Flecke, auf die Arthur Schütz aufmerksam gemacht hat.

Zu seiner Zeit haben die Gesinnungsmedien dominiert. Schütz hat seine Köder entsprechend präpariert – und die Redaktionen haben angebissen. Heute dominieren die Geschäftsmedien. Die Art der Köder wird dabei vor allem durch den Druck der Auflagen- und Einschaltzahlen bestimmt. Es ist ein gefährliches Gebräu aus Recherchemängeln, Aktualitätsdruck und Sensationsgier, das die Geschäftspresse und die Kommerzsender anfällig macht für falsche Knüller.

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