Jakob Rem

Erzieher und Marienverehrer

Im Rahmen der Veranstaltung "Heilige", 18.10.2018

Der Ort, an dem wir uns befinden, ist ein besonderer. Es ist ein Ort, an dem glaubens- und religionsgeschichtlich nicht wenige bedeutende Persönlichkeiten gewirkt haben: das ehemalige Jesuitenkolleg. Ignatius von Loyola selbst war es, der auf Wunsch des bayerischen Herzogs Wilhelm V. im Jahr 1549 drei seiner Mitbrüder nach Ingolstadt geschickt hat – 15 Jahre nach der Gründung des Ordens. Diese drei Jesuiten bildeten gewissermaßen die erste Niederlassung des Ordens nördlich der Alpen. Sie sollten an der Bayerischen Landesuniversität in Ingolstadt lehren, den Aufbau des Ordens im süddeutschen Raum mitgestalten und vor allem die katholische Kirche im Herzogtum Bayern wieder erneuern.

So entstand in Ingolstadt eine jesuitische Einrichtung, die nach dem Ordensgründer Ignatiuskolleg genannt wurde. Die bekannteste Persönlichkeit des Kollegs war der hl. Petrus Canisius, zweiter Apostel der Deutschen und Kirchenlehrer. Geschichtsgestaltende Größen wie Kaiser Ferdinand II. oder Kurfürst Maximilian von Bayern verbrachten hier in jungen Jahren eine Zeit, die prägend für ihre Persönlichkeit und ihren Glauben war.

Eine der nicht mehr so bekannten Persönlichkeiten war der Jesuitenpater Jakob Rem, dessen Todestag sich am 12. Oktober 2018 zum 400. Male gejährt hat und dessen Wirken noch heute von Bedeutung ist. Seine Person und seine Bedeutung stelle ich im Folgenden kurz dar. Zunächst benenne ich die biographischen Rahmendaten, dann gehe ich auf Rems Wirken als Erzieher und schließlich auf Rem als Marienverehrer ein.

 

Biographische Skizze

 

Wer war dieser P. Jakob Rem? Ein Heiliger – ein Star der Kirche, ein gegenreformatorischer Eiferer oder ein verrückter Idealist?

Verrückt war Jakob Rem sicher nicht! Vielleicht war er ein Idealist. Aber eine solche Charakterisierung einer Person, für die 2010 das Seligsprechungsverfahren erneut eingeleitet wurde, scheint mir zu wenig aussagekräftig zu sein. Ein Star der Kirche? Gewiss nicht im Sinne des heutigen Starkults!

Ebenso wenig war Rem ein gegenreformatorischer Zelot, sondern ein geistlicher Reformer. Er war ein Vorbild als Ordensgeistlicher, der seinen Glauben überzeugend gelebt und erkennbar aus seinem Glauben gehandelt hat. Dadurch hat er andere in ihrem Glaubensleben bestärkt und ermutigt. So ist es zu verstehen, dass bereits der Nekrolog seines Ordens festgehalten hat, Jakob Rem sei schon zu Lebzeiten als Heiliger verehrt worden.

Wir sind über Jakob Rem vergleichsweise gut informiert. Schon zehn Jahre nach seinem Tod hat der Jesuit Matthäus Rader unter dem Titel „Bavaria pia“ ein kleines Buch veröffentlicht, das eine Lebensbeschreibung P. Rems enthält. Bis heute sind zahlreiche weitere Artikel und Bücher über den frommen Jesuiten erschienen. Die wohl wichtigsten Titel aus dem 19. und 20. Jahrhundert stammen von Franz Hattler und Anton Höss.

Als Jakob Rem 1546 als Sohn eines Gastwirtsehepaars in Bregenz am Bodensee geboren wurde, schien eine beeindruckende Karriere unwahrscheinlich. Seine Herkunft aus wirtschaftlich und gesellschaftlich einfachen Verhältnissen ließ ein hohes Maß an Bodenständigkeit und Realismus erwarten.

1556 zog die Familie nach Kißlegg im Allgäu. Trotz der einfachen Verhältnisse konnten drei Buben der Familie an der Universität Dillingen/Donau studieren, darunter auch Jakob. Dort immatrikulierte er sich am 26. Februar 1564. Ein erster Studienabschluss erfolgte im Frühjahr 1566 mit dem Baccalauréat der Philosophie.

In Dillingen kam Rem näher mit den Jesuiten in Kontakt. Im August 1564 nämlich, ein halbes Jahr nach Rems Studienbeginn, übertrug der Augsburger Fürstbischof Otto Truchseß von Waldburg den Jesuiten die dortige Universität. Auch das Konvikt des hl. Hieronymus, in dem Rem wohnte, stand nun unter der Leitung der Jesuiten. Dem Orden kamen bald bemerkenswerte Verdienste um den Aufbau eines modernen Bildungswesens zu. Dazu gehörten die Erziehung und die Ausbildung qualifizierter Seelsorger, wie es das Konzil von Trient gefordert hatte.

1566 wurde P. Rem als Novize in den jungen Orden aufgenommen. Sein Noviziat absolvierte er von 1566 bis 1568 in Rom. Bereits 1568 erbat Petrus Canisius als Provinzial der Oberdeutschen Ordensprovinz der Jesuiten von Rom Unterstützung und forderte Rem an. Er hatte ihn wohl schon in Dillingen, spätestens jedoch in Rom kennengelernt. Zunächst aber studierte Rem noch ein Jahr in Dillingen und erwarb 1569 den Titel eines Magisters der Philosophie. Eigentlich sollte er eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen und in Theologie promovieren. Allerdings standen Rems gesundheitliche Probleme den Planungen der Provinzleitung entgegen. Sie waren während seines ganzen Lebens ein belastender Begleiter und schränkten die Möglichkeiten seines Einsatzes ein. Ihn plagten vor allem Kopfschmerzen und Schwindel – in den folgenden Jahren zeitweise sogar so stark, dass er weder das Brevier beten noch arbeiten konnte.

Wegen seiner angeschlagenen Gesundheit empfing Rem erst am 16. Mai 1573 die Priesterweihe. Danach übernahm er in Dillingen zwar die primär wirtschaftliche Aufgabe des Subregens des Jesuitenkonvikts St. Hieronymus mit rund 150 Schülern; er kümmerte sich aber darüber hinaus um die studierende Jugend und die Kranken des Kollegs. In diese Zeit fiel die Gründung einer Marianischen Kongregation in Dillingen.

1586 kam Rem – nach einem kurzen Intermezzo in München – an das Ignatiuskolleg in Ingolstadt, wo er bis zu seinem Tod blieb. Wie schon in Dillingen hatte er auch hier das Amt eines Subregens inne. 1591 wurde er Präfekt für die im Konvikt wohnenden Studenten der unterschiedlichen Ordensgemeinschaften. Dazu kam die Aufgabe als Studentenseelsorger, die er bis 1610 erfüllte, als er aus Altersgründen das Amt abgab.

Rem war über den Studentenkreis hinaus ein gesuchter Ratgeber. Viele baten ihn um sein Gebet. So soll auf sein Fürbittgebet hin die zerrüttete Ehe eines Augsburger Bürgers „geheilt“ worden sein. Die Stiftung des Bildes „Maria Knotenlöserin“ in St. Peter am Perlach in Augsburg soll darauf zurückzuführen sein. Ein Bericht über eine erfolgreiche Gebetsintervention für eine gefährdete Ehe findet sich schon in einer frühen Lebensbeschreibung Rems, eine damit zusammenhängende Stiftung des Augsburger Bildes lässt sich historisch allerdings bislang nicht nachweisen.

Während seiner letzten Lebensjahre kümmerte er sich als Präfekt um die Kranken. Im Herbst 1618 erkrankte Rem selbst und verstarb bald darauf am 12. Oktober 1618, in dem Jahr, in dem der Dreißigjährige Krieg begann.

 

Rems Wirken als Erzieher

 

Jakob Rem widmete sich insgesamt rund 41 Jahre lang der Erziehung von Schülern und Studenten, die durch seine seelsorgerliche Begleitung zu verantwortlichen Persönlichkeiten mit stabilem religiösen Fundament heranreiften. Die Früchte seiner Tätigkeit zeigten sich im Handeln seiner ehemaligen Schüler und Studenten. Ein Hauptgrund für sein fruchtbares Wirken waren Rems Ausstrahlung, sein Glaubensleben und seine Glaubwürdigkeit.

Dem Jesuitenorden ist es von Anfang seines Bestehens an vielfach gelungen, seine Angehörigen mit Aufgaben zu betrauen, die ihrem besonderen persönlichen Charisma entsprachen. Jakob Rem ist ein anschauliches Beispiel dafür. Er hatte einen Wirkungsbereich übertragen bekommen, für den er aufgrund seiner ausgeprägten Empathie für seine Mitmenschen geradezu prädestiniert schien.

1571 hatte Rems Ordensvorgesetzter in Dillingen im Blick auf dessen künftige Verwendung eine treffende Beurteilung abgegeben, die deutlich machte, dass der junge Jesuit aus dem Allgäu ein besonderes Einfühlungsvermögen und ein hervorragendes Gespür für Menschen hatte und diese geistlich zu führen vermochte. Seelen- und Menschenführer sollte er sein. Rems Menschen- und Gottesliebe waren der Grund, dass er zu einem begnadeten Erzieher werden konnte – zu einem Geschenk des Himmels in einer schwierigen Situation der Kirche. Dabei war Rems Überzeugung, dass es nichts Wichtigeres für die Menschen gab als das ewige Heil, seine größte Motivation.

Ein geeignetes geistliches Instrument zur Erreichung dieses Zieles sah Rem in den Marianischen Kongregationen, die er in Rom kennengelernt hatte und denen es um eine Hinführung zu einer marianisch fundierten Lebensführung ging. Für Rem war die Gottesmutter die Erzieherin schlechthin. Und mit dieser Sicht stand er auf biblisch-neutestamentlichem Grund. Bedeutete nicht die Mutterschaft Mariens, dass sie maßgeblich mitwirkte, ihren Sohn Jesus in den Glauben der Väter einzuführen und ihn auf dem Weg seiner menschlichen Reifung zu begleiten, wodurch ihm auch als Mensch die Annahme der Sendung vom Vater her möglich wurde?

Rem gilt bis heute als einer der zentralen organisatorischen und geistlichen Architekten beim Aufbau der Marianischen Kongregationen im süddeutschen Raum. Die erste Marianische Kongregation im deutschsprachigen Raum war 1573 in Wien entstanden. Auf P. Rem ist die Gründung der ersten Kongregation auf dem Gebiet des heutigen Deutschland in Dillingen im Jahr 1574 zurückzuführen. „Mit den Marianischen Kongregationen verbreiteten [die Jesuiten …] eine marianisch inspirierte katholische Lebensform, die wesentlich zur Blüte des kirchlichen Glaubens in der Barockzeit beitrug“, schreibt der Dogmatiker Manfred Hauke. Auf diese Weise wurde die Marienverehrung am Ende des 16. Jahrhunderts zu einem nachhaltigen Instrument der Katholischen Reform. Dabei war der Fokus zunächst auf die Jugend und die Studenten, bald jedoch auf alle Altersgruppen gerichtet. Die wachsende Zahl der Mitglieder und die späteren prächtigen Bauten wie der Kongregationssaal der Akademischen Marianischen Kongregation in Ingolstadt (heute Asamkirche) zeugen von der Bedeutung der Bewegung.

Als Rem 1586 nach Ingolstadt kam, bestand die dortige Akademische Marianische Kongregation bereits seit neun Jahren. Zusätzlich gründete er am 1595 das Colloquium Marianum, eine Art Elitegruppe der Kongregation. Primär war es ein geistlicher Gesprächskreis, dem maximal 40 begabte Studenten angehörten. Mehr als zwei Jahrzehnte betreute P. Rem dieses Colloquium Marianum. Oberstes Ziel des Colloquiums war es, die Mitglieder zur „Heiligkeit des Lebens“ zu führen. Dazu versprachen die Mitglieder unter anderem ein regelmäßiges intensives Gebetsleben und das Streben nach christlicher Vollkommenheit. Außerdem gehörten beispielsweise die wöchentliche Beichte und regelmäßige Treffen mit Gesprächen zu marianischen Themen dazu. Rem entwickelte Verhaltensregeln für einen solchen vorbildlichen und religiösen Lebenswandel. Später wurden diese Regeln in den sogenannten Directiones zusammengefasst und veröffentlicht. Damit war das Glaubensleben der Colloquisten – wie auch das der Mitglieder der Kongregation – mit einem stützenden und helfenden Rahmen versehen.

Eine Mitgliedschaft in einer Marianischen Kongregation wurde im Konvikt Ingolstadt für zahlreiche Schüler und Studenten zu einer Selbstverständlichkeit. Gerade Rem hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Idee der Marianischen Kongregation in vielen Städten in fast allen Gesellschaftsschichten aufgegriffen wurde. Insgesamt waren die Kongregationen mitgliederstarke Gemeinschaften und übten einen hohen Einfluss auf das Handeln der Menschen aus.

Dass die Erziehung durch Rem, die gewiss von seinen Ordensbrüdern mitgetragen wurde, rasch Früchte trug, belegt ein Eintrag eines Chronisten aus dem Jahr 1594 im Ordenskatalog: „Im Konvikt stand es nie besser als in diesem Jahre. Es beherbergte über 140 junge Leute, die […] sich […] durch hervorragende Frömmigkeit, Sittenreinheit und freudigen Gehorsam auszeichneten.“

Unter den Studenten, die Rem betreute, findet sich eine stattliche Zahl an Personen, die später einflussreiche Positionen übernahmen: Kaiser, Kurfürsten und Herzöge ebenso wie Bischöfe und Äbte. Einer der bedeutendsten Zöglinge war Kurfürst Maximilian, der später sein Land der Gottesmutter geweiht hat. Zwischen 1586 und 1610, d. h. in den Jahren, in denen Rem die Jugend in Ingolstadt betreute, traten 244 Ordensleute ins Konvikt ein, 37 von ihnen wurden später zu Äbten oder Ordensprälaten gewählt.

 

Jakob Rem und die Verehrung der Mater Ter Admirabilis

 

Durch die Marianischen Kongregationen kam der Marienverehrung im Konvikt eine große Bedeutung zu. Rem selbst war offenbar schon in seiner Kindheit und Jugend ein großer Marienverehrer. Nach seiner Aufnahme in den Jesuitenorden dürfte sich Rems Verehrung der Gottesmutter weiter gefestigt haben. Gerade die Jesuiten förderten die Marienfrömmigkeit gezielt. Sie sahen in der Verehrung der Gottesmutter „eine der wichtigsten Frömmigkeitsformen überhaupt“ (Markus Friedrich). Schon Ignatius von Loyola war ein ausgesprochener Marienverehrer. Der hl. Petrus Canisius hat in Ingolstadt 1577 unter dem Titel „De Maria Virgine Incomparabili, Et Dei Genitrice Sacrasancta“ ein wesentliches, wenn nicht gar das wichtigste mariologische Werk des 16. Jahrhunderts veröffentlicht.

Die Bedeutung der Gottesmutter für Rem und die Bedeutung Rems für die Marienverehrung beleuchtet ein herausragendes Ereignis aus dem Jahr 1604. Dieses hängt mit dem genannten Colloquium Marianum zusammen.

Seit 1570, spätestens seit 1571, befand sich im Konvikt eine Kopie der römischen Marienikone „Maria Schnee“, die heute vor allem unter dem Begriff „Salus Populi Romani“ bekannt ist. Das Original hängt in der Cappella Paolina in Santa Maria Maggiore in Rom. Der Legende nach war es vom hl. Evangelisten Lukas gemalt worden. Deshalb hatte man sich lange gescheut, es zu kopieren. 1569 schließlich hat es Papst Pius V. jedoch erlaubt. Die erste Kopie war die Vorlage für weitere Kopien, die zur Unterstützung der Mission in die Welt gingen, eine davon nach Ingolstadt.

Im Dezember 1563 hatte das Trienter Konzil ein Dekret verabschiedet, das sich unter anderem mit der Verehrung der heiligen Bilder befasst. Darin hieß es, man soll auch Bilder der jungfräulichen Gottesgebärerin in den Kirchen haben und ihnen „die schuldige Ehre und Verehrung erweisen“, weil wir dadurch „Christus anbeten“.

Durch Maria zu Christus! Auf dem Ingolstädter Gnadenbild deutet Maria unübersehbar auf Christus. Das Bild macht, wie viele andere Darstellungen, die christologische Dimension der Marienverehrung deutlich.

Das Bild steht im Mittelpunkt eines bekannten Ereignisses, das auf den 6. April 1604 datiert werden kann. P. Rem soll, so die Überlieferung, am Vortag eine große innere Unruhe befallen haben. Am Abend des 6. April 1604 trafen sich die Mitglieder des Colloquiums zum gemeinsamen Gebet. P. Rem betete vor besagtem Marienbild. Während des Gesangs der Lauretanischen Litanei soll P. Rem kniend emporgehoben worden sein und für einen Augenblick die Muttergottes „geschaut“ haben. Die ältesten schriftlichen Zeugnisse erwähnen das Schweben nicht, erst durch spätere mündliche Zeugnisse wissen wir davon.

In diesem für Rem ‚himmlischen Augenblick‘ war der Gesang gerade bei der Anrufung „Mater admirabilis“(„Du wunderbare Mutter“) angelangt. Rem forderte den Vorsänger auf, den Ruf zweimal zu wiederholen. So entstand der marianische Titel „Mater Ter Admirabilis“ („Dreimal Wunderbare Mutter“). Diesen Titel, nicht jedoch das Bild, hat P. Kentenich zu Beginn des 20. Jahrhunderts für Schönstatt übernommen.

Eine offizielle kirchliche Bewertung des Geschehens gibt es nicht. Ob es sich um eine Vision, eine Ekstase, eine geistliche Erkenntnis oder sogenannte Levitation gehandelt hat, ist schwer zu sagen. Theologisch gesehen war das Geschehen wohl ein außergewöhnlicher Moment der Gnade. P. Rem selbst berichtete später seinen Vorgesetzten davon, dass er die Muttergottes geschaut habe und sie ihm zu erkennen gegeben habe, dass ihr der Titel „Wunderbare bzw. Dreimal Wunderbare Mutter“ der liebste Titel sei.

In den folgenden Jahrzehnten, das ganze 17. Jahrhundert über bis in die Zeit der Aufklärung, war das Ingolstädter Gnadenbild eine der meistverehrten Mariendarstellungen in Süddeutschland. Seither wird Maria als Dreimal Wunderbare Mutter angerufen, sogar weit über den Süden Deutschlands hinaus. Nach der Verlegung der Bayerischen Landesuniversität von Ingolstadt nach Landshut im Jahr 1800 wanderte das Bild nach Niederbayern. 1879 kehrte es zurück, zwei Jahre danach kam es in die Ingolstädter Pfarrkirche Zur Schönen Unserer Lieben Frau, dem heutigen Münster. Nachdem 1932 der diözesane Informativprozess zur Seligsprechung P. Rems eingeleitet worden war, wurden 1935 die Reliquien des verehrungswürdigen P. Jakob Rem von der Asamkirche in die Gnadenkapelle im Münster überführt. Damit bleibt die geistliche Beziehung zwischen der Dreimal Wunderbaren Mutter und Jakob Rem sichtbar.

Die Dreimal Wunderbare Mutter von Ingolstadt ist mit dem Bistum Eichstätt eng verbunden. Ihr hat Bischof Michael Rackl am 11. Oktober 1942 das Bistum geweiht. Bislang hat jeder seiner Nachfolger die Weihe erneuert. 2009 erfolgte sogar die diözesanweite Einführung des liturgischen „Gedenktages der Seligen Jungfrau Maria, der Dreimal Wunderbaren Mutter“ am 11. Oktober. So kommt in der Geschichte der Marienverehrung dem Ereignis vom 6. April 1604 eine besondere Bedeutung zu – und damit auch P. Rem.

 

Würdigung

 

Johannes Paul II. hat 1979 in seiner Enzyklika „Redemptor hominis“ die bekannten Sätze geschrieben: „Der Hauptweg der Kirche ist Jesus Christus. Derselbe ist unser Weg ‚zum Vater‘ […] und ist der Weg zu jedem Menschen. […] Eben dieser Mensch ist gleichsam der erste Weg, den die Kirche bei der Erfüllung ihrer Aufgabe beschreiten muss. Er ist der erste und vorzügliche Weg der Kirche („Homo est prima et praecipua Ecclesia via“), den Christus selbst erschlossen hat und der ständig durch das Geheimnis der Fleischwerdung und der Erlösung hindurchführt.“

Der Mensch stand für P. Rem aus seelsorgerlicher Verantwortung heraus im Mittelpunkt seines Wirkens. Dafür ist er zum Sämann des Glaubens geworden. Bei vielen Schülern und Studenten ging die Saat auf und sie wurden selbst zu Sämännern. Jakob Rems Erziehung hat glaubensstarke Persönlichkeiten reifen lassen. Er hat es offensichtlich vielfach geschafft, bei Schülern und Studenten das Feuer der Sehnsucht nach Gott zu schüren und ihnen Geschmack am Himmel zu machen.

Rem lebte seinen Glauben authentisch als seinen Weg zur eigenen Heiligung. Seine persönliche Glaubwürdigkeit als Erzieher kann für heute ein Ansporn sein. Erziehung und Glaubensverkündigung sind mehr als ein Job und erfordern Gespür für Menschen, Respekt vor ihrer Würde und Liebe zu ihnen. Die Methoden mögen sich ändern, aber das ehrliche Interesse am Heil und Wohl des anderen bleibt grundlegend für das Handeln aller, denen Menschen anvertraut sind.

Rems Saat ging auch durch die jahrhundertelange Verehrung Mariens als Dreimal Wunderbare Mutter auf und bringt bis heute Frucht. Dieser Titel, der die Mutterschaft Mariens in ihrer Einzigartigkeit unterstreicht, ist Rems geistlicher Erfahrung zu verdanken.

P. Rem hat keine großen Schriften hinterlassen. Er starb nicht als Märtyrer. Er hatte keine herausragende Führungsposition im Orden und ist nicht spektakulär aufgetreten, sondern stets bescheiden. Der einfache Gastwirtssohn aus Bregenz hat „nur“ das getan, was er als heilige Verpflichtung als Katholik und als Geistlicher bzw. Ordensmann angesehen hat, nämlich, den Menschen Wege zum Heil anzubieten und sie als Seelsorger auf diesem Weg zu begleiten.

War dieser Jakob Rem also ein Heiliger? Das offizielle kirchliche Urteil darüber steht noch aus. Rems Zeitgenossen aber haben die Frage für sich, wie sich dem Nekrolog des Ordens entnehmen lässt, folgendermaßen beantwortet: „Wir haben in diesem Jahr einen Mann verloren, der nach dem allgemeinen Ruf und Urteil als ein Heiliger bekannt war, […] ein Mann von höchster Tugend, der aber durch seine Bescheidenheit dieselbe so verhüllte, dass es den Anschein haben wird, wir führten zu wenig an, um den Ruf seiner Heiligkeit zu beweisen.“

Weitere Medien vom Autor / Thema: Theologie | Kirche | Spiritualität

Aktuelle Veranstaltungen zum Thema: Theologie | Kirche | Spiritualität

Juicy Fish_Juicy Studios LTD
Akademiegespräch am Mittag
Gibt es überhaupt ein gerechtes Wahlrecht? Von Tücken und Tricks beim Ankreuzen
Mittwoch, 16.07.2025
Marco Verch_ccnull.de, CC-BY 2.0
Akademiegespräch am Mittag
Zoll- und Wirtschaftspolitik unter Donald Trump. Nationale und globale Auswirkungen
Mittwoch, 23.07.2025
Das Schloss Suresnes wartet auf Sie!
Sonntag, 14.09.2025
Laudato si’ und die ökologische Transformation
Donnerstag, 02.10.2025
Martin Egg/Wikimedia Commons
Glauben, der frei macht?
Freiheitsvorstellungen zur Zeit der Zwölf Artikel und heute
Dienstag, 14.10.2025
Anspruch, Realität, Reformbedarf
Mittwoch, 15.10.2025
Wikimedia Commons
Ludwig I. von Bayern
Prägungen, Konzepte und Politik eines katholischen Herrschers
Donnerstag, 16.10.2025
Bernd Maurer/VG Bildkunst
Ein europäisches Wunder?
Der polnisch-deutsche Bischofsbriefwechsel 1965 als Wegweiser für Frieden und Versöhnung
Donnerstag, 23.10.2025