Theologisches Terzett

Zu Gast: Hans Joas

Im Rahmen der Veranstaltung "Theologisches Terzett", 09.04.2024

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Zum Theologischen Terzett am 9. April 2024 hatten sich etwa 60 Personen eingefunden, um sich von Dr. h.c. mult. Annette Schavan, Prof. Dr. Jan-Heiner Tück und dem diesmaligen Gast, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Joas, Soziologe und Sozialphilosoph, theologische oder für die Theologie relevante Bücher vorstellen zu lassen.

Hans Joas ist in München geboren und aktuell Ernst-Troeltsch-Honorarprofessor für Religionssoziologie an der Humboldt-Universität in Berlin. Von 1990 bis 2002 war er Professor für Soziologie und Nordamerikastudien an der FU Berlin, von 2002 bis 2011 war er Max-Weber-Professor an der Universität Erfurt und Leiter des dortigen Max-Weber-Kollegs für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien. Ab dem Jahr 2000 lehrte er mehr als zwanzig Jahre lang regelmäßig an der University of Chicago, deren Committee on Social Thought er angehört. Er hatte weitere Professuren, Gastprofessuren und Fellowships rund um den Globus inne, ist Mitglied diverser Wissenschaftsakademien und Träger bedeutender Preise und Ehrendoktorwürden. Und er war im Geiste auch schon bei einem früheren Terzett mit anwesend, denn seine Publikation Warum Kirche? Selbstoptimierung oder Glaubensgemeinschaft wurde im Theologischen Terzett im September 2022 besprochen.

Das erste Buch des Abends, Römischer Katholizismus und politische Form von Carl Schmitt, wurde von Jan-Heiner Tück vorgestellt. Die umstrittene Person Carl Schmitts wollte Tück gleich zu Beginn als hier beileibe nicht rehabiliert sehen und bezeichnete ihn als „illiberalen, antiparlamentarischen, antisemitischen und nationalsozialistischen Denker“. Dennoch sei ein Blick auf dessen Wirkungsgeschichte interessant, die sich auf Gelehrte wie Jacob Taubes, Jacques Derrida, Ernst-Wolfgang Böckenförde und Robert Spaemann erstrecke. Das vorgestellte Buch sei ziemlich genau 100 Jahre alt und setze sich mit drei Formen auseinander, in den denen sich die politische Form des Katholizismus ausgestalte: die ästhetische Form, die juridische Form und der Glanz der Macht. Im Folgenden solle es darum gehen, was davon übriggeblieben bzw. daran zu Recht kritisiert worden sei.

Als zweiter folgte Hans Joas mit Kleine Theologie des Als ob von Sebastian Kleinschmidt. Dieser mit Joas befreundete Publizist ist der Sohn des ehemaligen Schweriner Dompredigers und war in den letzten Jahren der DDR der stellvertretende Chefredakteur der Kulturzeitschrift Sinn und Form, der bedeutendsten der DDR, die von der Berliner Akademie der Künste herausgegeben wurde und wird. In der Zeit seines dortigen Wirkens sorgte Sebastian Kleinschmidt dafür, dass sich Sinn und Form auch in spezieller Weise mit Religion beschäftigte, was für die DDR-Zeit bemerkenswert war.

Der Grundgedanke des Buches stellt drei Möglichkeiten vor, wie der Mensch sich auf Gott beziehen könne:

1.) Ja, Gott ist (Glaube).

2.) Nein, Gott ist nicht (Unglaube).

3.) Ja, vielleicht ist Gott.

Diesen drei Möglichkeiten gehe das Buch nach, wobei Sebastian Kleinschmidt eine sowohl sehr persönliche als auch eine philosophisch-theologische Ebene entfalte.

Schließlich führte Annette Schavan in das Buch Die hohe Kunst des Verzichts. Kleine Philosophie der Selbstbeschränkung von Otfried Höffe ein. Höffe, Professor für Philosophie in Tübingen, geht es hierin um die freiwillige Selbstbeschränkung in Zeiten der Selbstbestimmung. Er sagt, dass gelingendes Leben nicht ohne die hohe Kunst der freiwilligen Selbstbeschränkung auskommt, wobei es ihm um eine Rehabilitierung des Begriffs Verzicht geht, der eine eher negative Konnotation, um nicht zu sagen einen schlechten Ruf hat. Höffe möchte mit seinem Essay aufklären, das Phänomen neu sehen und bewerten und als willkommene Praxis einschätzen.

Dazu nennt er fünf Verzichtsmuster: zum ersten den Freiheitsverzicht um der Freiheit willen, womit vor allem die politische Ebene gemeint ist. Der Staat ist nicht die Letztinstanz und muss manchmal auch auf Macht verzichten. Zum zweiten geht es darum, Menschsein zu ermöglichen, in Form von Hilfsbereitschaft und der Ausübung der Kardinaltugenden Klugheit, Gerechtigkeit, Mäßigung und Mut. Das dritte Muster ist der Verzicht aufgrund von Idealen, wo Höffe die Evangelischen Räte Keuschheit, Armut und Gehorsam nennt. Verzichten, um aktuelle Krisen zu bewältigen, ist das vierte Muster und das fünfte schließlich die Rettung des Planeten, Stichwort Klimaschutz und Nachhaltigkeit.

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