Kurz vor der Sommerpause 2024 fand am 25. Juli in der Akademie noch ein Gesprächsabend zu einem hochaktuellen und spannenden Thema statt: Über Geist und Natur im Zeitalter der KI. Es ging um Chancen und Risiken der Aufklärung durch Wissenschaft, des technischen Fortschritts und besonders der Künstlichen Intelligenz (KI). Der Vortragssaal war gut gefüllt, zudem schalteten sich zahlreiche weitere Interessenten über den Livestream dazu.
Protagonisten der Veranstaltung waren Prof. Dr. Harald Lesch, Professor für Astrophysik an der LMU München sowie Lehrbeauftragter für Naturphilosophie an der Hochschule für Philosophie München, und Prof. Dr. Wilhelm Vossenkuhl, emeritierter Professor für Philosophie an der LMU München. Die beiden Wissenschaftler, die durch viele gemeinsame Auftritte ein eingespieltes Team sind, diskutierten das Thema auf ernste und gleichzeitig kurzweilige Weise: Ihr Gespräch regte zum Nachdenken an, gab aber auch wiederholt Anlass zum Schmunzeln.
Die zwei Professoren begannen ihr „Nachdenken im Dialog“ mit Auszügen aus dem Werk Vita activa oder Vom tätigen Leben von Hannah Arendt. Darin habe die Philosophin schon die Frage nach möglichen Gefährdungen durch technischen Fortschritt aufgeworfen: Besteht das Risiko, dass die Menschheit irgendwann ihren eigenen Erkenntnissen und Erfindungen ausgeliefert sein wird? Mit Bezug auf Hannah Arendt und Martin Heidegger diskutierten die beiden Referenten in diesem Zusammenhang auch über den Unterschied zwischen dem „Erkennen“ im Rahmen (natur-)wissenschaftlicher Forschung und dem „Denken“, durch das Erkenntnisse kritisch bewertet und Konsequenzen abgewogen werden.
Von diesen Vorüberlegungen ausgehend ging es an das Schwerpunktthema des Abends: die Künstliche Intelligenz, die zuletzt eine rasante Entwicklung mit noch nicht absehbaren Auswirkungen für die Zukunft erlebt hat. Neben Vorteilen, die die Verarbeitung riesiger Datenmengen mit sich bringen kann (z. B. Vorhersage des Wetters, medizinische Diagnostik), besprachen Harald Lesch und Wilhelm Vossenkuhl vor allem das vorhandene Risikopotenzial. Diskutiert wurden unter anderem folgende Aspekte: Welchen Einfluss hat KI auf die Wahrnehmung unserer Wirklichkeit und die Gestaltung unseres Lebens? Welche Gefahren könnten mit der enormen, auch selbstständigen Weiterentwicklung der Algorithmen, die sogar für die Forschung oft nicht mehr nachvollziehbar sei, in einer hochdigitalisierten Welt einhergehen? Könnten die Menschen durch diese weitreichende technische Erfindung sogar gefährdet und „entmündigt“ werden?
Im zweiten Teil der Veranstaltung hatte das Publikum vor Ort und im Livestream Gelegenheit, Fragen in die Diskussion einzubringen. Dabei wurden verschiedene Punkte noch vertieft bzw. neue Facetten des Themas eingebracht: Wie lernt KI? Wie können ihre Antworten verifiziert werden und wer übernimmt die Verantwortung für den Einsatz ihrer Ergebnisse? Ist KI in der Lage, ein Ich-Bewusstsein zu entwickeln? Waren an ihrer Entstehung anfangs tatsächlich nur Männer beteiligt? Und ist KI nicht auch nötig, um Probleme der nachhaltigen Transformation zu lösen? Diese und weitere Fragen wurden von den Referenten ausführlich beantwortet, bevor der Gesprächsabend bei Wein und Brot ausklang.