Brennpunkt Naher Osten

Gesprächsabend mit Abt Nikodemus Schnabel

Im Rahmen der Veranstaltung "Brennpunkt Naher Osten", 09.02.2024

© neilmercer

Mit dem Überfall der Hamas auf israelische Ortschaften am 7. Oktober 2023 und dem Beginn des Gazakriegs rückte der Nahostkonflikt schlagartig wieder in den Fokus der weltweiten Öffentlichkeit. Vor diesem Hintergrund war Dr. Nikodemus Schnabel OSB, seit 2023 Abt der Benediktiner-Abtei Dormitio auf dem Berg Zion, am 9. Februar 2024 zu Gast in der Akademie. Er lebt seit 2003 in Jerusalem, kennt die dortigen Verhältnisse aus besonderer Perspektive und konnte dem Publikum (rund 160 Anwesende im Saal, etwa 200 online) daher viele Einblicke in die Situation im Heiligen Land geben. Der Gesprächsabend fand in Kooperation mit der Katholischen Erwachsenenbildung Bayern statt: Mehrere KEB-Einrichtungen aus ganz Bayern waren im Rahmen eigener Veranstaltungen über den Livestream zugeschaltet.

Zunächst führte Akademiedirektor Dr. Achim Budde ein insgesamt sehr persönliches Gespräch mit Abt Nikodemus Schnabel. Anschließend hatte das Publikum Zeit, über die Inhalte zu diskutieren und über ein Online-Tool Fragen einzureichen. Diese wurden dann von Studien-leiterin Dr. Katharina Löffler und KEB-Referent Johannes Judith an den Gast weitergegeben. Der Abend klang mit einer Komplet in der Kapelle und dem Austausch bei Wein und Brot aus.

Inhaltlich ging es um den erneut eskalierten Nahostkonflikt und das Zusammenleben der Religionen im Heiligen Land. Nach dem 7. Oktober 2023 hatten sich Abt Nikodemus Schnabel und seine Mitbrüder bewusst entschieden, im Land zu bleiben. Gerade jetzt sei die Dormitio „Hoffnungsoase“ sowie Ort für Gespräche und Trost für Menschen aller Religionen. Das Ausbleiben der Pilgergruppen habe das Kloster aber in eine katastrophale finanzielle Lage gebracht.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen warnte Abt Nikodemus Schnabel vor Schwarz-Weiß-Denken   und Dehumanisierung und machte wiederholt die Komplexität des Konflikts deutlich: Zahlreiche Menschen – Israelis und Palästinenser, Juden, Muslime und Christen – seien betroffen, viele Biografien und Erinnerungen zerstört. Er plädierte dafür, kompromissbereit aufeinander zuzugehen und Empathie für die Anliegen des Anderen zu haben. Hoffnung gibt ihm, dass sich „wunderbare Menschen auf beiden Seiten“ für Frieden einsetzen. Hinsichtlich einer langfristigen Lösung, die sowohl die „Sehnsucht nach Sicherheit“ der jüdischen Israelis als auch die „Sehnsucht nach Freiheit“ der Palästinenser erfüllen könnte, sei eine Zweistaatenlösung realistischer als eine Einstaatenlösung, die wohl nur in einer idealen Welt umsetzbar sei.

Religionen sieht Abt Nikodemus Schnabel als „Teil der Lösung und Teil des Problems“. Einerseits würden sie von „Hooligans der Religion“ für deren Identitätsfragen missbraucht werden; auch sei die Religionisierung der Politik im Nahen Osten äußerst problematisch. Andererseits gebe es großes Friedens-, Dialog- und Versöhnungspotenzial, da alle Hochreligionen die demütige Suche nach Gott, die Notwendigkeit der Barmherzigkeit Gottes sowie die Heiligkeit des Lebens kennen. Er selbst erlebe viele schöne Momente des Miteinanders und der Solidarität mit Vertretern anderer Religionen. In neugieriger Annäherung und Begegnung sieht er wichtige Mittel gegen Antisemitismus sowie Christen- und Islamhass: Den Dialog suchen und „den anderen eben nicht dämonisieren“ sei das „beste Gegengift gegen all diesen Hass“.

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