Kunst und Kirche

Für ein Plus an Vitalität

Im Rahmen der Veranstaltung "Kunst – Religion – Spiritualität", 20.10.2018

Zum Verhältnis von Kunst und Kirche ist bei den verschiedensten Anlässen schon Wesentliches gesagt worden. Die folgenden Thesen verstehen sich als Ergänzung und basieren auf meiner eigenen kuratorischen Tätigkeit in der Pfarre Graz St. Andrä, wo ich mit ANDRÄ KUNST ein vielseitiges Dialogprojekt durchführen konnte. Ich stelle meinen fragmentarischen Anmerkungen einen grundsätzlichen Hinweis voraus.

Kunst ist weder innerhalb noch außerhalb kirchlicher Kontexte ein Allheilmittel gegen Lebensfrust und Erschöpfungszustände, noch ein oberflächlicher Dekor für einen bürgerlichen Lebensstil, wie er von einem Großteil der Bevölkerung und der Kirche gepflegt wird. Die Beschäftigung mit Gegenwartskunst bringt auch nicht automatisch ein Plus an Sensibilität für die soziale und humanitäre Schieflage unserer globalisierten Gesellschaft. Zeitgenössische Kunst ist zu einem großen Teil Ware, Spekulationsgut und Kapitalanlage. Zudem ein Umschlagplatz für alle möglichen Dämonen, die uns heimsuchen können – von der Gier nach Besitz und Macht bis hin zur respektlosen Entstellung des Menschen. Eine kluge Unterscheidung der Geister ist selbstverständlich auch im weiten Feld zeitgenössischer Kunstproduktion und Kunstvermarktung notwendig. Mit diesen einleitenden Feststellungen möchte ich einer naiven Verklärung von Gegenwartskunst als nahezu singulärem Hort von Weltaufgeschlossenheit und humanitärer Verantwortung vorbeugen.

Dennoch liegt in der Gegenwartskunst ein hohes Potential zur Stärkung des Menschen, zur ständig notwendigen Aufklärung im Dienste der Freiheit, sowie zur Entlastung innerhalb einer nervösen und ungeduldigen Gesellschaft. Kunst und Kirche versuchen, der Banalisierung des Lebens und dem fatalen Druck der totalen Ökonomisierung unseres Lebens entgegenzuwirken. Das geschieht in und jenseits vertrauter Kirchenräume und hat immer dort Zukunft, wo Kirche und Kunst sich als selbstbestimmte Partner ernst nehmen.

 

Es geht weder zuerst noch zuletzt um Kunst(-werke), sondern um lebendige Prozesse und gesellschaftliche Entwicklungen

 

In konkreten sozialen Lebensbereichen – dazu zählen auch kirchliche Einrichtungen, Sakralräume und damit zusammenhängende Bereiche – geht es zu allererst um Begegnung, um den Aufbau belastbarer Beziehungen, um Nähe und Trost, um Solidarität und Seelsorge. Es geht nicht um die Ausstattung kirchlicher Räume mit Artefakten. Das kann und soll natürlich auch seinen Platz haben und hat gewiss seine Bedeutung. Ein Blick auf die zeitgenössische Kunstproduktion zeigt aber, dass es in vielen aktuellen Positionen und Kunstinitiativen vielmehr um den Anstoß und die Steuerung gesellschaftspolitischer Prozesse geht, um die Entwicklung eines Stadtteils, um den Aufbau von Netzwerken zum Schutz von schwächeren Gliedern der Gesellschaft, um Ermächtigung von Bürgerinnen und Bürgern, um Partizipation und den Aufbau einer aktiven, sozial und politisch wachsamen Zivilgesellschaft. Ein anspruchsvolles kirchliches Kunstengagement muss dieser Entwicklung Rechnung tragen und nicht nur auf eine schöne Ausstattung kirchlicher Räume abzielen. Prozesse sind wichtiger als Artefakte! Infolgedessen kann eine ernsthafte Kooperation mit Gegenwartskunst in erstarrte kirchliche Gemeinden eine neue geistige Vitalität bringen, Milieuverfestigungen in Frage stellen und durchlässig machen. Glaube und Leben in einer offenen, multikulturellen Gesellschaft können mit Hilfe von Gegenwartskunst an Intensität und Vitalität gewinnen.

 

Kunst entfaltet überall ihr hohes Störungs- und Irritationspotential – auch in der Kirche, wenn sie zugelassen wird

 

Es ist gut darum zu wissen, bevor man sich darauf einlässt – um maximal davon zu profitieren. Eine authentische Auseinandersetzung mit Gegenwartskunst kann nicht friktionsfrei ablaufen. Falsche, oft gut eingespielte Harmonisierungen werden aufgebrochen. Kunst ist natürlich kein Bürgerschreck, aber trotzdem per se Provokation. Kunst ist das deutliche Stoppsignal im Optimierungsstress unserer Zeit, das neben Religion vielleicht intensivste Statement gegen den Wahn des möglichst störungsfreien Funktionierens. Im Kampf gegen die hier angedeutete, gefährliche Ökonomisierung aller Lebensbereiche ist eine Kooperation von Kunst und Kirche von höchster Bedeutung. Kunst kann eine Hilfe sein, um Kirchen wieder als Freiräume zu erleben. Räume, wo die Seele atmen kann. Das nicht Berechenbare kommt mit der künstlerischen Intervention zum Tragen – der unnötige Aufwand, das kostspielig Unsinnige, das Verrückte und Narrenhafte. All das, was uns gegenüber den Diktaten einer auf Leistung und Konsum ausgerichteten Hochgeschwindigkeitsgesellschaft widerständig macht und uns selbst als freie Menschen in Erinnerung bringt.

Ähnlich irritierend sind nur der freie Lobpreis in der Kirche, das Schweigen und das Staunen. Irritation um ihrer selbst willen ist ein Leerlauf. Und Dekonstruktion ist nicht Destruktion. Qualitätsvolle Kunst stellt die wesentlichen Fragen so, dass sie den involvierten Betrachter zum Aufbau eines neuen, geläuterten Sinnzusammenhangs stimulieren. Richtig verstanden dient Kunst als Provokation dazu, Wirklichkeit in ihrer gesamten Dynamik und Komplexität abzubilden und aus bekannten Sehgewohnheiten und Denkmustern herauszurufen, was genau das lateinische Wort provocare bedeutet.

 

Gegenwartskunst mahnt eine kritische Distanz gegenüber Selbstgefälligkeit und Selbstgenügsamkeit ein

 

Kunst ist ein Platzhalter für das Andere, für „die Anderen“, für die Fremden und für das in uns Entfremdete, für das Unvorstellbare und für die Unverstandenen. Kunst ist damit natürlich auch ein Platzhalter für das und den „ganz Anderen“, den unbegreifbaren, alle Kategorien menschlicher Begrifflichkeit und Fassbarkeit übersteigenden Gott. In diesem Sinne hat Kunst gerade als Kunst in der Kirche auch eine „heilige“ Funktion – das hebräische Wort für heilig lautet kadosch und bedeutet übersetzt eben das ganz andere. Gegenwartskunst ist jedoch zuerst ein radikaler Spiegel, der zu einer kritischen Reflexion der eigenen Überzeugungen, tradierten Haltungen und Leitvorstellungen zwingt. Kunst fordert Themen ein, die man gerne verdrängt oder erledigt hätte. Ein ehrlicher Umgang mit Kunst ist eine Schule gegen Selbstgefälligkeit, Hochmut und theologische Biederlichkeit.

Die Auseinandersetzung mit den unschönen Facetten unseres Menschseins und der Wirklichkeit insgesamt zwingt zu einem Bodenkontakt, der allen Wohlfühlwünschen entgegensteht. Seriöse Kunst stellt auch den metaphysischen Kuschelkurs in den unterschiedlichen Soft-Versionen von Spiritualität in Frage. Durch die Konfrontation mit Gegenwartskunst wird das Vertraute und religiös Liebgewonnene dem Prüfstand eines säkularen Blicks ausgesetzt. In diesem Sich-Aussetzen und Sich-Wagen – im Gegensatz zu jeder Form narzisstischer Verschlossenheit, die anzuprangern Papst Franziskus nicht müde wird – kann sich Neues ereignen. Es ist Begegnung und Bildung im umfassenden Sinn. Ohne eine diesbezügliche Offenheit läuft kirchliches Leben und pastorales Handeln in Gefahr, bedeutungslos und für eine kirchlich eher distanzierte Zeitgenossenschaft irrelevant zu werden. Das Ernstnehmen von Gegenwartskunst – gerade auch aufgrund ihrer thematischen Streuung und vielfältigen Ambivalenz – ist ein Indikator für Weltoffenheit und Interesse am realen Leben der Menschen, an ihren Sehnsüchten und Verwundungen.

 

Autonome Kunst eignet sich nicht für die Vermarktung des Glaubens

 

Gegenwartskunst steht selbstverständlich unter dem Anspruch uneingeschränkter Autonomie. Sie lässt sich nicht dienstbar machen für eine wünschenswerte Unterstützung kirchlicher Mission. Ihre Mission ist nicht die einer Verkündigung christlicher Glaubensinhalte. Selbstredend verwehrt sie sich einer wie auch immer gearteten Vermarktung des Glaubens. Gegenwartskunst leistet keine Propaganda Fidei, wie dies in Zeiten der Gegenreformation und zur Hochblüte des Barock noch der Fall war und auf einem höchst anspruchsvollen ästhetischen Niveau geleistet wurde. Denken wir an die genialen Deckenfresken des Jesuiten Andrea Pozzo und an die Malerei des österreichischen Barockmeisters Kremser-Schmidt, um fast willkürlich zwei überzeugende Beispiele zu nennen.

Zur Klarstellung: Eine dem Evangelium Jesu entsprechende, heutige Mission ist natürlich auch etwas anderes als Propaganda und Überredung. Meist wird der Begriff „Evangelisation“ verwendet, der einen ganzheitlichen, Kultur prägenden Prozess im Geist des Evangeliums Jesu meint. Mit Kunst lässt sich in jedem Fall ein Resonanzraum aufbauen, in dem es ein persönliches Ringen um Wahrheit, einen Zuwachs an Empathie und eine spirituelle Horizonterweiterung geben kann. Wenn sich eine Kirchengemeinde ernsthaft in den Dialog mit Gegenwartskunst begibt, dann baut sich meist langsam ein wachsender Kreis von Interessenten auf, der den Freiraum zu schätzen weiß.

Kunst muss von ihrem Auftrag her die entscheidenden Fragestellungen von Mensch und Welt benennen und vertiefen, das Existentielle und Verwundbare, die Bruchlinien und Verwerfungen. Es ist nicht ihre Sache, Antworten zu liefern, bzw. Lösungsvorschläge zu machen. Qualitätsvolle Gegenwartskunst ist jedoch ein extrem wertvoller Coach zum Erlernen von Voraussetzungen und Herzens-Haltungen, die für eine dialogisch angelegte Evangelisation extrem wichtig sind.

 

Was Kunst ist, bestimmen die Experten und nicht die Pfarrkirchenräte – Vorsicht vor Symbol- und Spiritualisierungsfallen

 

Professionalität ist gefragt – gerade in Fragen kirchlicher Kunst und Raumgestaltung. Diesbezüglich sieht sogar das Kirchenrecht vor, dass bei Bau und Wiederherstellung von Kirchen die Grundsätze und Normen der Liturgie und der sakralen Kunst unter Beiziehung des Rates von Sachverständigen zu beachten sind (CIC Can. 1216). Also: Über gute oder schlechte Kunst lässt sich nicht in einem demokratischen Prozess befinden, auch nicht in einer noch so soliden und geeinten Pfarrgemeinde. „Was Kunst ist, entscheiden die Experten.“ Dieses berühmte Diktum von Msgr. Otto Mauer trifft einen sensiblen Punkt einer oft gut gemeinten Kunstvermittlung in kirchlichen Kontexten. Experten und Expertinnen sind jene, die durch viel Kunst-Schauen, durch Vergleiche und im Erarbeiten von Qualitätskriterien eine innere Sicherheit entwickelt haben, um die Originalität und Authentizität eines künstlerischen Werkes schneller erkennen zu können.

Meist bleiben Entscheidungen aufgrund von Abstimmungen in einem kirchlichen Gremium hinter der Wahl einer radikaleren, künstlerisch qualitätsvolleren Position zurück. Gute Kunst ist Vorgabe. Oft stellt sich erst nach Jahrzehnten eine Bestätigung durch eine größere Gruppe der Bevölkerung ein. Kunstvermittlung und Erschließung bleibt gerade deshalb ein enorm wichtiger Auftrag.

An dieser Stelle möchte ich jedoch auf die Symbol- und Spiritualisierungsfalle im kirchlichen Umgang mit Kunst hinweisen. Ich fühle manchmal den Auftrag, das Säkulare, das Sperrige und Unverständliche der Kunst vor dem allzu gut gemeinten Zugriff übereifriger spiritueller Interpretationen schützen zu müssen. Der Überschwang an Transzendenzbezügen und symbolischen Gehalten, die wortgewandt benannt und besprochen werden, scheint mir oft unangemessen zu sein. Gute Kunst ist weltlich, auch wenn sie in einem sakralen Kontext auftritt. Sie bedarf keiner ausladenden Interpretation in Richtung Göttlichkeit und ähnlichen geistigen Sphären.

 

Nur ernsthafte Aufträge mit entsprechenden Gestaltungsspielräumen können Vertrauen aufbauen – letztlich auch eine Frage des Geldes

 

Kirche als Auftraggeberin war immer auch Motor für die Kunstentwicklung eines Landes und die katholische Kirche war in ihren vitalsten Epochen maßgebliche Auftraggeberin für die Kunstschaffenden der Zeit. Es gab ein gegenseitiges Interesse und Vertrauen auf hohem Niveau. Davon kann spätestens seit dem Ende des 19. Jahrhunderts keine Rede mehr sein. Zwischen Kirche und Moderne entwickelte sich eine aggressive Distanz, die bis heute nachwirkt. Selbstverständlich hat es im Laufe des 20. Jahrhunderts wichtige Ausnahmen innerhalb der grundsätzlichen Entfremdung gegeben – mit dem Dominikanerpater Jean Marie Couturier und dem Wiener Domprediger Msgr. Otto Mauer sind zwei wichtige benannt. Eine Aufgeschlossenheit der Kirche für die Kultur der Zeit ist aber schlichtweg ein Gebot der Gastfreundschaft. Eine missionarische Kirche im Sinne Jesu muss ein ernsthaftes Interesse an den geistigen Strömungen und Entwicklungen in der Gesellschaft haben, die in der Kunst vornehmlich „verhandelt“ werden. Um gegenüber den Kulturschaffenden glaubwürdig zu werden, bzw. glaubwürdig zu bleiben, braucht es jedoch konkrete Aufträge. Nur ein theoretischer Kunst-Diskurs bringt längerfristig kein Vertrauen. Die Kirche muss auch an die Künstler und Künstlerinnen glauben, sie ernst nehmen und entsprechend bezahlen. Gute Kunst kostet Geld, leider auch schlechte. Apropos Aufträge: Es mangelt an qualitätsvoller christlicher Gebrauchskunst. Was sich in den einschlägigen Läden an religiösem Kitsch ansammelt, ist kaum zu beschreiben. Aber dieser Appell richtet sich auch an die Kulturverantwortlichen in unseren Diözesen: Es sind neue, qualitätsvolle religiöse Zeichen, Kreuze und Bilder in Auftrag zu geben, die man mit gutem Gewissen den Gläubigen für den alltäglichen Gebrauch anbieten kann.

 

Im Dialog von alter und neuer Kunst entsteht eine konstruktive Reibungsenergie – gegen die Fetischierung von Tradition oder Innovation

 

In der prekären Balance von Kontinuität und Diskontinuität, von Tradition und Innovation, von Bruch und Stabilität braucht die Kirche die Beschäftigung mit zeitgenössischer Kunst als unersetzlichen Lernort. Jedes Kunstwerk war zu seiner Entstehungszeit einmal zeitgenössisch, vielleicht sogar auch provokant, mit Sicherheit jedoch ungewohnt. Das kulturell Neue entstand durch eine Konfrontation des bereits kulturell Etablierten mit Versatzstücken und Erfahrungen scheinbar kulturell minderwertiger Alltagskultur. Beispiel? Bewegungsmomente und Rauminszenierungen des Theaters fanden Eingang in die sakralen Bildwelten des Barock. Und die unmittelbare Wirkung? Barocke Sakralkunst hatte die Kraft, Menschen in eine ästhetische und religiöse Ekstase zu versetzen. Der Blick in ein barockes Deckenfresko ließ den Himmel hereinbrechen. Die dort dargestellte Welt Gottes und seiner Heiligen war nicht nur ein faszinierendes Schauspiel, sondern Wirklichkeit – geschaut, gefühlt, geglaubt! Sie zu schauen, gab den Gläubigen angesichts der vielfältigen Not ihrer Zeit einen gewaltigen Lebensimpuls.

Für uns Heutige ist das barocke Fresko höchstens ein bemerkenswertes Kunstwerk. Es fehlt uns die Frische, die Freude und die innere Spannkraft, um es in seiner ursprünglichen Wucht wahrzunehmen. Durch die Beschäftigung mit aktueller Kunst kann die Dynamik des Verstörenden und Berührenden im aktuellen Kulturtransfer auch für den Sakralraum genützt werden. Die Konfrontation von alter und neuer Kunst erzeugt in jedem Fall eine höchst faszinierende Energie, denn: Qualität verträgt sich immer mit Qualität – über Jahrhunderte hinweg.

 

Kunst steht in einem Generationenvertrag für Selbst-Ermächtigung und Selbst-Verantwortung

 

Die Macht der Bilder ist ein Faktum – auch in einer Zeit der unzähligen Bildfragmente, ungeordneten Visuals und der unzähligen optischen Reize, denen wir ausgesetzt sind. Was es an Bildtransfers, an Weiterentwicklungen oder auch an Abbrüchen von Bildtraditionen gibt, wird meist erst im Nachhinein, in der historischen Betrachtung sichtbar. Was die innovative Bildleistung war, wird später im Vergleich mit der (Kunst-)Geschichte ablesbar sein. Die historisch verfasste Kirche steht in einem Generationenvertrag, der immer wieder neu formuliert werden muss. Dazu braucht es auch die Spezialisten des Bildes, um Perspektivenverschiebungen innerhalb der Gesellschaft aber auch der Religion neu ins Bild zu bringen oder lesbar zu machen.

Auf der anderen Seite braucht es neugierig und kritisch Schauende, die Kunst nicht passiv wie ein Konsumgut genießen wollen, sondern sich selbst zum beteiligten Rezipienten machen. In diesem Zusammenhang ist allerdings die Warnung vor einem euphorischen Überschuss an vermeintlicher Kreativität angesagt. Es kann nicht sein, dass mittelmäßig begabte Kunsthandwerker oder in der Pfarre engagierte Pädagoginnen Aufträge für die eigene Pfarrkirche erhalten. Das Postulat von Joseph Beuys, dass jeder Mensch ein Künstler sei, darf nicht zum Missverständnis führen, dass es in Gestaltungsfragen ohne ästhetische Professionalität abgehen könne. Für Altar- und andere Sakralobjekte empfiehlt es sich, die besten Künstler und Künstlerinnen des Landes einzuladen und nicht (nur) jene, die ein Nahverhältnis zur Kirche haben.

Kunst und Religion sind – soziologisch gesehen – beides Systeme, die das Leben thematisieren und auf dieser Ebene haben sie sich auch was zu sagen und zu geben. In unserer nervösen Zeit brauchen wir eine neue Schule des bewussten Sehens, der bewussten Wirklichkeitswahrnehmung und der bewussten sozialen Interaktion. Ob der Dialog zwischen Kunst und Kirche zukünftig an Intensität und Relevanz zunimmt, ist schwer zu sagen. Dort, wo er bereits zur Selbstverständlichkeit geworden ist, gibt es jedenfalls ein für alle Beteiligten erfreuliches Plus an Vitalität.

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