Das Gästehaus der Erzdiözese München und Freising in Rom, die Casa Santa Maria an der Viale della Medaglie d’Oro 400, bot ideale Bedingungen für die erste Veranstaltung der Katholischen Akademie in Rom, die vielleicht ein Pilotprojekt war, dem in den kommenden Jahren weitere folgen könnten. Stiftungsvorstand Andreas Huber und die Schwestern des Instituts der Suore del Bell’Amore waren perfekte Gastgeber. Weitere substanzielle Hilfe erfuhren wir von Silke Schmitt, der Leiterin der Hanns-Seidel-Stiftung in Rom, Pater Michael Max, dem Rektor des päpstlichen Institutes Santa Maria dell‘Anima, und Msgr. Oliver Lahl, dem Geistlichen Botschaftsrat an der deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl. Auch ein ausführlicher Text in der Münchner Ausgabe der Kirchenzeitung Innehalten trug zum Erfolg der Veranstaltung bei.
Thematisch lehnten wir uns an eine Veranstaltung an, die die Akademie im Frühjahr 2024 veranstaltet hatte, um in erster Linie das 100-jährige Jubiläum des heute noch gültigen Vertrags zwischen Bayern und dem Heiligen Stuhl zu reflektieren. Dieses Konkordat stand nun auch in Rom im Mittelpunkt, allerdings blickten wir genauso zurück auf das 1817 geschlossene erste Vertragswerk Bayerns mit dem Heiligen Stuhl. Dieses war Folge der umstürzenden Wandlungen in Europa, besonders in Deutschland und Italien, Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, nach der Französischen Revolution und den napoleonischen Umwälzungen. Dieses erste Konkordat regelte das kirchliche Leben in Bayern dann über 100 Jahre, bevor es vom aktuellen – offensichtlich ebenfalls langlebigen – Vertragswerk ersetzt wurde.
Die Vorträge des Symposions in Rom behandelten die Geschichte des Kirchenstaats in den letzten 100 Jahren seiner Existenz, berichteten von der Entstehung des modernen Bayern und erläuterten die teilweise langwierigen und kontroversen Verhandlungen, die dem Abschluss beider Konkordate vorausgingen.
Die Geschichte des Kirchenstaats Ende des 18. und im 19. Jahrhundert stand im Mittelpunkt des ersten Referats, gehalten von Ferdinand Müller, Assistent am Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der LMU München. Der Vortrag, den Sie im Anschluss in dieser Ausgabe der Zeitschrift auf den Seiten ??-?? lesen können, schildert die Geschichte und die Struktur des Kirchenstaats von 1798 bis 1870. Behandelt werden die Zeit der napoleonischen Umbrüche, die Restauration unter Papst Leo XII., die politischen und wirtschaftlichen Krisen sowie der allmähliche Verlust und das Ende des Kirchenstaats.
Die Entstehung des modernen Bayern war dann das Thema von Dr. Katharina Weigand, Akademische Oberrätin an der LMU München. Der Umbruch vom 18. auf das 19. Jahrhundert brachte für Bayern eine Menge an tiefgreifenden Veränderungen. Auch die kirchlichen Verhältnisse veränderten sich drastisch, bis zur Tatsache, dass das vormals fast ausschließlich katholische Bayern von nun an ein Staat war, in dem Katholiken, Lutheraner und Reformierte gleichberechtigt waren.
Der Landeshistoriker Prof. Dr. Jörg Zedler berichtete in seinem Vortrag mit dem Titel Ein ungeliebtes Kind, dass der Weg hin zum ersten Konkordat ein weit konfliktreicher war, als weithin bekannt ist. Genau das Gegenteil konnte Florian Heinritzi, Referent für Geschichte, Kultur und Theologie am Kreisbildungswerk Freising, dann zum Abschluss der Veranstaltung über das Konkordat von 1924 sagen. Denn dieses war für Bayern ein teures Wunschkind, so sein Titel. Die Revolution von 1918/19 hatte nicht nur die Monarchie beseitigt, sondern auch die Grundlagen des Zusammenwirkens von Staat und Kirche erschüttert. Die bayerische Regierung, sämtlicher außenpolitischen Kompetenzen verlustig gegangen, wollte mit dem Konkordat die letzten Reste außenpolitischer Souveränität retten und machte der Kurie daher weitgehende Zugeständnisse.
Zur zweitägigen Tagung im noch recht kühlen Rom kamen sowohl Interessierte aus Bayern wie auch einige Geschichtsbegeisterte aus Rom, die im Thema durchaus bewandert waren. Der Seminarcharakter der Veranstaltung führte dazu, dass sich intensive Fachdiskussionen auf hohem Niveau entwickelten.
Ergänzt und abgeschlossen wurden die Tage in Rom mit einer Führung durch die Kirche Santa Maria dell‘Anima an der Piazza Navona. Das Gotteshaus, das schon seit Jahrhunderten das Zentrum der deutschsprachigen Gemeinde in Rom ist, beherbergt auch eine große Zahl von Grabmälern und Erinnerungstafeln an in Rom verstorbene Katholiken deutscher Zunge. Dr. Eberhard J. Nikitsch von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, der bei der Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften in Rom tätig ist und gerade diese Kirche besonders gut kennt, ließ die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an seinem profunden Wissen teilhaben. Die Ruhestätten von Pilgern, Prinzen und sogar einem Papst
zeigte und erläuterte er kundig und unterhaltsam.
Ein gemeinsamer Gottesdienstbesuch am Samstagabend in der Anima, an dem fast alle aus Bayern angereisten Gäste teilnahmen, bildete einen stimmigen Abschluss der Romtagung zu den Konkordaten.