Die Frage, zu der ich sprechen soll und will, lautet, „Was ist Sprache?“ Ich soll darüber sprechen durch Wittgensteins Tractatus logico-philosophicus, so also, dass ich erhelle, wie die Frage in dieser Schrift beantwortet wird. Dem stellt sich sogleich ein Hindernis in den Weg. Der letzte Satz des Tractatus nämlich, sein berühmtester, lautet: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ Nun scheinen die vorangehenden Sätze zu zeigen, dass das, wovon Wittgenstein im siebten Satz spricht, das, worüber, wie er sagt, man schweigen muss, die Sprache ist. Womit mein Vortrag beendet wäre, bevor er noch begonnen hat.
Der siebte Satz ist jedoch verwirrend.
Der Satz erlässt kein allgemeines Schweigegebot. Vielmehr gibt er an, worüber zu schweigen ist. Er verlangt, nicht dass man überhaupt schweige, sondern dass man darüber
schweige. Damit unterscheidet er das, worüber man schweigen muss, von dem, wovon man sprechen kann. Man soll darüber, über dies, schweigen; über anderes, so liegt es nahe zu sagen, kann man etwas sagen. Damit der siebte Satz etwas sagt, muss deshalb klar sein, worauf er sich bezieht; es muss klar sein, was Wittgenstein meint, wenn er sagt: „darüber“.
Das scheint auch klar. Unmittelbar vor dem siebten Satz heißt es: 6.54: „Meine Sätze erläutern dadurch, dass sie der, welcher mich versteht, am ende als unsinnig erkennt.“ Es liegt nahe, dass der, welcher die Sätze als unsinnig erkennt, eben dadurch begreift, was der siebte Satz sagt: Es ist nicht möglich, von dem zu sprechen, wovon diese – als unsinnig zu erkennenden – Sätze zu sprechen suchen. Das also ist es, worüber man schweigen muss.
Das, worüber man laut dem siebten Satz schweigen muss, ist das, wovon die vorangehenden Sätze handeln. Die handeln von der Sprache, näher vom Satz, von der Wahrheit, von dem, was der Fall ist. Satz 4.022 schließt alles drei so zusammen: „Der Satz zeigt, wie es sich verhält, wenn er wahr ist, und er sagt, dass es sich so verhält.“ Das, worüber man schweigen muss, legt sich also so auseinander: Sprache ist Satz, und der Satz ist das, worin, was ist, als solches aufgezeigt wird. Wenn wir darüber sprechen, was Sprache ist, sprechen wir deshalb über das, was ist, als solches. Weiter ist ein Satz, der aufzeigt, was ist, darin wahr. Also sprechen wir, da wir darüber sprechen, was Sprache ist, über die Wahrheit. Das, wovon man nicht sprechen kann, ist: Satz, Wahrheit, Sein.
Und hier gerät man in Verwirrung. Die dem siebenten vorangehenden Sätze des Tractatus handeln von dem, worüber man schweigen muss – Satz, Wahrheit, Sein. Sie haben die Aufgabe klarzumachen, dass und warum man darüber schweigen muss. Nun erfüllen sie diese Aufgabe, so scheint es, indem sie eben davon sprechen: vom Satz, von der Wahrheit, vom Sein. Sie erläutern nämlich – sollen erläutern, geben vor zu erläutern – was es heißt, von etwas zu sprechen. Sie tun das etwa so: Sprechen ist sagen, es ist soundso, was wahr ist, wenn es soundso ist. Die vorangehenden Sätze sprechen also über die Sprache, sie sagen etwas darüber, was Sprache ist, und das so, dass klar wird, dass eben das etwas ist, wovon man nicht sprechen kann und worüber man deshalb schweigen muss. Der Tractatus scheint also zu sagen, was es ist, wovon man nicht sprechen kann, und zwar eben dadurch, dass er, der Tractatus, davon spricht. Verwirrend.
Entschlossene Lesart
Es ist gesagt worden, dass Wittgenstein diese Spannung im Tractatus so auflöst, dass er seine Sätze als Durchgang zu einem von ihnen, diesen Sätzen, befreiten Bewusstsein beschreibt. Der Tractatus ist eine Übung, der sich der Schüler unterzieht und die er bewältigt hat, wenn sich ihm der vermeintliche Sinn seiner Sätze auflöst. Zu Beginn der Übung erscheint es dem Schüler, als sage sein Lehrer etwas, als bedenke er gemeinsam mit seinem Lehrer etwas, verstehe etwas durch das, was dieser ihm sagt. So meint er etwa zu verstehen, dass ein Satz sagt, dass der Fall ist, was der Fall ist, wenn er wahr ist, und es ist ihm, als verwendete er Begriffe, den Begriff des Gegenstands etwa oder den des Zeichens. Die Übung gelangt an ihr Ziel, da dem Schüler dieser Schein zerfällt und er erkennt, dass sein Lehrer nichts sagt, er nichts mit ihm bedenkt und nichts durch ihn versteht. Da das geschieht, verwandelt sich sein Bewusstsein der Sätze des Tractatus: Sie begegnen ihm nicht mehr als lebendige Rede, sondern als totes Ding. So ist er von ihnen frei geworden, sie haben keine Macht mehr über ihn. Diese Interpretation des Tractatus ist als die entschlossene Lesart bekannt geworden.
Die entschlossene Lesart macht den siebten Satz nicht verständlich. Sie läuft ihm zuwider. Denn es ist insbesondere und vor allem der siebte Satz, dessen Sinn sich und also der sich dem entschlossenen Leser auflöst. Er sagt: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen.“ Und nach der entschlossenen Lesart ist es nicht so, dass der, welcher Wittgenstein versteht, weiß, worüber man schweigen muss. Noch auch weiß er nicht, worüber man schweigen muss. Vielmehr hat sich ihm die Idee von etwas, worüber man schweigen muss, zersetzt. Er kann nichts mehr anfangen mit dem Satz, er sagt ihm nichts mehr. Er bearbeitet seinen Garten.
Der siebte Satz ist verwirrend. Er sagt etwas, nur wenn klar ist, wovon man nicht sprechen kann, und es scheint, als gäben die vorangehenden Sätze an, was das ist, eben indem sie davon sprechen. Es scheint also, der Satz kann nur etwas sagen, wenn er falsch ist. Die entschlossene Lesart will das so entwirren, dass sie erklärt, dass die Sätze des Tractatus von etwas zu sprechen scheinen, tatsächlich jedoch nichts sagen und also nicht einmal Sätze sind, woraus folgt, dass sie nicht angeben, worüber man schweigen muss, und also weiter, dass insbesondere der Satz, der zu sagen scheint, man müsse darüber schweigen, nichts sagt und nicht einmal ein Satz ist. Das heißt, dass der entschlossene Leser nicht begreift, dass man darüber schweigen muss. Es mag sein, dass er schweigt, aber wenn er schweigt, dann nicht über etwas. Der entschlossene Leser hat nicht die Einsicht, ja, in seiner Entschlossenheit zerfällt ihm die Einsicht, die der siebte Satz ausspricht.
Befreite Lesart
Vielleicht ist diese Lesart entschlossen. Befreit ist sie nicht. Der entschlossene Leser ist eingekerkert in den Sätzen der Naturwissenschaft (die wird er weiter verwenden); er hat sich so endgültig in der Höhle festgekettet, dass er gar einzusehen glaubt, dass es nicht einmal die Idee gibt, man könnte aus ihr heraus. Ich will den siebten Satz anders entwirren, mit einer Lesart, die ich die befreite Lesart nenne. Nach der befreiten Lesart verstehen wir den Tractatus, wenn wir erkennen, dass er schweigt: schweigt über die Sprache, also über den Satz, die Wahrheit, das Sein. Vom ersten bis zum letzten Satz schweigt der Tractatus, und schweigt darüber. Darüber nämlich muss man schweigen.
Eine theologische Parallele, die sachlich nicht bedeutungslos sein mag, kann anzeigen, worum es geht. Nach Knud Logstrup, einem protestantischen Theologen, ist die Verkündigung Jesu in ihrem Kern die Forderung, den Nächsten zu lieben. Løgstrup nennt sie die ethische Forderung. Von dieser Forderung sagt er, sie sei stumm. Damit meint er, dass sich, was sie fordert, nicht durch eine Regel, ein Gesetz, ja, überhaupt einen Begriff, angeben lässt, was daran liegt, dass die Forderung der Beziehung zum Nächsten entspringt, ja, diese Beziehung selbst ist. Und nun sagt Logstrup, dass Jesus, eben indem er in allem, was er sagt und tut, diese Forderung erhebt, doch ihr Schweigen niemals bricht. In allem, was er sagt, bricht er das Schweigen der ethischen Forderung nicht. So mag es sein, dass Wittgenstein im ganzen Text des Tractatus das Schweigen niemals bricht, das der siebente Satz verlangt, dass er dieses Schweigen nie gebrochen hat. Wittgenstein würde so sprechen, dass er darin das Schweigen bewahrt.
Eine andere theologische Parallele, vielleicht auch nicht ohne sachlichen Grund. Die abrahamitischen Religionen sind vom Bilderverbot geprägt: Du sollst dir kein Bildnis machen. Nun erklärt der Tractatus, der Satz – das Urelement der Sprache – sei ein Bild, ein logisches Bild. Also verhängt der siebente Satz ein Bilderverbot: Du sollst dir kein Bild machen von der Sprache, von der Wahrheit, vom Sein. Dann mag es sein, dass der Tractatus in keinem seiner Sätze das Bilderverbot übertritt. Es mag sein, dass wir in diesen Sätzen nicht das Knie beugen vor einem Götzen, sondern den rechten Gottesdienst feiern. Wir würden nicht erst der Sünde des Bildes frönen, um schließlich im siebenten Satz diese Sünde zu erkennen und uns für sie geißeln. Sondern wir wären von Anbeginn, vom ersten Satz des Tractatus bis zu seinem Ende, erlöst, erlöst vom Bild.
Ich will diese Lesart, die befreite Lesart, exemplarisch an einigen Sätzen durchführen. Am Ende komme ich auf die Parallelen dieser Lesart zur ethischen Forderung und zum Bilderverbot zurück.
Zirkuläre Wahrheit
Ich beginne mit diesen Sätzen: 4.022 „Der Satz zeigt, wie es sich verhält, wenn er wahr ist. Und er sagt, dass es sich so verhält.“ 4.024 „Einen Satz verstehen, heißt, wissen, was der Fall ist, wenn er wahr ist.“ 4.062 „Denn, wahr ist ein Satz, wenn es sich so verhält, wie wir es durch ihn sagen.“ – Was ich sage, da ich sage, die Dinge liegen soundso, lässt sich dadurch angeben, dass angegeben wird, wie die Dinge liegen, wenn wahr ist, was ich sage. Was ich sage, wird angegeben, indem angegeben wird, wie die Dinge liegen, wenn ich die Wahrheit sage. Wenn ich deshalb sage, es ist so, dann sage ich, dass die Dinge so liegen, wie sie liegen, wenn wahr ist, was ich sage. Dass sich angeben lässt, was ich sage, indem angegeben wird, wie die Dinge liegen müssen, damit wahr ist, was ich sage, liegt daran – es zeigt – dass, was ich sage, eben dies ist: dass es so ist, wie es ist, wenn wahr ist, was ich sage. Was ich sage, ist: dass wahr ist, was ich sage.
Was ich sage, ist, dass eben dies – was ich sage – wahr ist. Was ich sage, kehrt zu sich zurück, zu seiner eigenen Wahrheit. Das ist eine innere, oder formale, Bestimmung dessen, was wahr und was Wahrheit ist: was wahr ist, ist seine eigene Wahrheit.
Diese Bestimmung wird in sogenannten Wahrheitstheorien verkannt. Ich meine Theorien, die angeben, welche Bedingungen ein Satz oder eine Aussage erfüllen muss, damit der Satz oder was er sagt wahr ist. Solche Theorien behandeln „ist wahr“ als eine prädikative Bestimmung, die ausgesagt wird von einer Aussage. Wenn ich sage, „Das ist wahr“, spreche ich über etwas – „das“ – und sage etwas von ihm – es ist wahr. „Das ist wahr“ wird also verstanden, als hätte es dieselbe Form wie „Das ist elastisch“. Hier kann ich eine Theorie der Elastizität vortragen und angeben, unter welchen Bedingungen etwas elastisch ist. Die Theorie erläutert, was es heißt oder worin es liegt, dass etwas elastisch ist. Eine solche Theorie der Wahrheit kann es nicht geben, wenn das, was wahr ist, zu sich zurückkehrt.
In einer Passage seines Textes Der Gedanke erklärt Frege, dass eine Theorie der Wahrheit dieser Art zirkulär wäre. „So drehte man sich im Kreise“, sagt er. Ich erkläre, etwas ist wahr genau dann, wenn es soundso ist. Das heißt, ich gebe Bedingungen an, unter denen etwas – eine Aussage, ein Satz – wahr ist: Etwas – der Satz, die Aussage – ist wahr genau dann, wenn es soundso ist. Nun muss ich, um in einem gegebenen Fall zu entscheiden, ob etwas wahr ist, entscheiden, ob es soundso ist. Darin aber, erklärt Frege, muss ich entscheiden, ob es wahr ist, dass es soundso ist. Und hier verwende ich eben die Bestimmung, die ich definieren wollte. So drehe ich mich im Kreis.
Wir müssen den Kreis aber näher betrachten. Im Allgemeinen kann nur ein Begriff definiert werden, der nicht grundlegend ist. Denn in seiner Definition werden Begriffe verwendet, die verstanden sein müssen, wenn die Definition verstanden sein soll. Diese Begriffe müssen also dem Begriff, der durch sie definiert wird, in der Ordnung des Verstehens vorhergehen. Ein Begriff, der in der Ordnung des Verstehens ein erster und der in diesem Sinn grundlegend ist, kann nicht definiert werden oder eben nur so, dass man sich, indem man ihn definiert, im Kreis dreht, indem man auf ihn selbst zurückkommt. Es scheint, Frege erklärt, „ist wahr“ sei ein grundlegender Begriff. Das würde nicht überraschen.
Freges Einsicht ist aber eine andere; der Kreis, von dem er spricht, ist ein ganz eigener. Das sieht man daran, dass Frege erklärt, die Definition von „ist wahr“ sei zirkulär, ganz gleich welche Bestimmung verwendet wird, um „ist wahr“ zu definieren, ganz gleich, heißt das, was an die Stelle von „soundso“ tritt in: etwas ist wahr genau dann, wenn es soundso ist. Ob eine Definition zirkulär ist, hängt gewöhnlich davon ab, welche Begriffe sie verwendet, um den fraglichen Begriff zu definieren: Sie ist zirkulär, wenn eben diese Begriffe den zu definierenden Begriff enthalten. Freges Kreis aber besteht, gleich welche Begriffe die Definition verwendet. Das kann nur dann richtig sein, wenn alle Bestimmungen, alle, die man überhaupt verwenden könnte, um „ist wahr“ zu definieren, den Begriff des Wahrseins in sich enthalten, wenn also alle Begriffe, alle Begriffe überhaupt, jeder Begriff als Begriff, diesen in sich schließt: „ist wahr“. Freges Kreis ist keiner, der einen Begriff mit einem anderen verbindet. Er ist ein Kreis, der einen Begriff mit allen Begriffen verbindet. Merkwürdiger Kreis.
Sehen wir nochmals, wie sich Freges Einwand, man drehe sich im Kreise, erhebt. Wir erwägen etwa folgende Erklärung: Eine Aussage ist wahr genau dann, wenn sie mit dem, was ist, übereinstimmt. Hier ist in dem, was definiert, von Wahrheit nicht die Rede. Vielmehr ist die Rede davon, dass etwas mit etwas übereinstimmt. Kein Zirkel zu sehen. Frege erklärt jedoch, dass von Wahrheit dennoch die Rede ist, deshalb nämlich, weil ich, indem ich sage, dass etwas soundso ist, sage, dass es wahr ist, dass es soundso ist. Das gilt vollkommen allgemein: Indem ich sage, es ist so, sage ich, dass eben dies, dass es so ist, wahr ist. Deshalb ist von Wahrheit in dem, was definiert, die Rede, und immer die Rede, weil von Wahrheit die Rede ist, gleich wovon die Rede ist. Deshalb kann Frege sagen, es ist gleich, wie „ist wahr“ definiert wird, in jedem Fall ist in dem, was definiert, von Wahrheit schon die Rede.
Freges Kreis ist nicht der einer Definition, in der der Begriff, der definiert werden soll, verwendet wird, um ihn zu definieren. Es ist der Kreis, der die Aussage, jede Aussage, jede Aussage als solche, ist. Der heilige Thomas sagt, in ihrer Wahrheit kehrt die Aussage zu sich selbst zurück. Das ist Freges Kreis: die Rückkehr der Aussage zu sich selbst im Aussagen ihrer Wahrheit. Wie ich es oben formuliert habe: Was ich sage, ist, dass eben dies – was ich sage – wahr ist.
Frege schließt den Absatz mit der folgenden Frage: „Sollten wir es hier [beim Wahrsein] mit etwas zu tun haben, was in dem sonst üblichen Sinne gar nicht Eigenschaft genannt werden kann?“ Er beantwortet die Frage nicht. Aber es ist klar, wie die Antwort lauten muss: ja. Wenn wir nämlich einerseits festhalten, dass das, was ich sage, nichts anderes ist als dies, dass eben dies wahr ist, und andererseits meinen, „das ist wahr“ sei eine prädikative Aussage, eine, die von etwas spricht und etwas darüber sagt, dann bricht diese vorgebliche Aussage in sich zusammen.
Sehen wir zu, wie sie zusammenbricht. Die Aussage „Das ist wahr“ soll eine prädikative Aussage sein, eine Aussage, die von etwas spricht und etwas über es sagt. Weiter halten wir fest: Was ich sage, ist, dass eben dies, was ich sage, wahr ist. Das, wovon wir sprechen, indem wir darüber sagen, es sei wahr – die Aussage – wird also nicht schon angegeben durch „das“, sondern erst durch „Das ist wahr“. Wir sagen deshalb nicht nur „Das ist wahr“, sondern weiter, „Dass das wahr ist, ist wahr“. Nun gilt erneut, dass das, wovon wir sprechen und worüber wir sagen, es sei wahr, eben dies ist, dass es wahr ist. Also müssen wir, um anzugeben, wovon wir sagen, dass es wahr ist, nicht nur sagen „Das ist wahr“, sondern „Dass das wahr ist, ist wahr“. Und also sagen wir, indem wir darüber sagen, es sei wahr, dies: „Dass dies, dass das wahr ist, wahr ist, ist wahr“. Und so weiter. So bleiben wir beständig zurück hinter dem, wovon wir sprechen wollen und worüber wir sagen wollen, es sei wahr: Wenn immer wir es angegeben haben, haben wir es noch nicht angegeben.
Dass dieser Progressus unabschließbar ist, zeigt, dass wir seinen ersten Schritt nicht verstehen. Wir wollen festhalten: Was ich sage, ist, dass eben dies – was ich sage – wahr ist. Wenn darin „was ich sage“ ein Ausdruck ist, der sich auf etwas bezieht, worüber dann weiter etwas gesagt wird, dann ist das nicht mehr verständlich, was wir festhalten wollten. Wenn nämlich „Das ist wahr“ ein prädikativer Satz ist, dann ist nur bestimmt, was dieser Satz sagt, wenn bestimmt ist, worauf sich der Ausdruck „das“ bezieht. Das aber, wollen wir festhalten, wird angegeben durch „Das ist wahr“. Worauf sich der Ausdruck „das“ bezieht, ist also nur bestimmt, wenn bestimmt ist, was der Ausdruck „das ist wahr“ sagt. Es gibt keinen Weg in diesen Zirkel.
Zurück zu 4.022: „Der Satz zeigt, wie es sich verhält, wenn er wahr ist. Und er sagt, daß es sich so verhält.“ Was klar wird, indem wir diesen Satz lesen und Wittgenstein verstehen, ist dies: Da wir sagen, dies und das ist wahr – dieser Satz, diese Aussage, ist wahr – sieht es so aus, als sprächen wir von etwas – von diesem Satz, dieser Aussage – und sagten etwas darüber, nämlich dass es wahr ist. Aber das ist ein Schein. Der Satz 4.022 löst diesen Schein auf. Insbesondere spricht deshalb der Satz 4.022 nicht von Sätzen und sagt nichts über Sätze. Der Satz 4.022 erläutert dadurch, dass der, welcher Wittgenstein versteht, erkennt, dass dieser Satz das Schweigen nicht bricht, das der siebente Satz fordert.
Man könnte meinen, die obige Überlegung hätte eine nur begrenzte Bedeutung. Sie zeigt, so möchte man vielleicht zugeben, dass zwar „das ist wahr“ nicht von etwas spricht, worüber es sagt, es sei wahr, dass das jedoch keineswegs zeigt, dass man überhaupt nicht von Sätzen, von der Sprache, sprechen kann; es zeigt nicht, dass wir überhaupt schweigen müssen darüber, was die Sprache, was der Satz ist. Es ist jedoch nicht schwer zu sehen, dass die Reichweite unserer Überlegung nicht begrenzt werden kann. Wenn immer wir über einen Satz etwas sagen wollten, müssten wir es über ihn sagen als einen, der, oder durch den wir, dies und das sagen. Was ein Satz aber sagt, ist, dass wahr ist, was er sagt. Und darin liegt, haben wir gesehen, dass er, oder was er sagt, nichts ist, wovon man sprechen und worüber man etwas sagen kann. Nicht nur also spricht „das ist wahr“ nicht von etwas, und sagt darüber, dass es wahr ist. Überhaupt ist das, was wahr ist – der Satz, die Aussage – nichts, wovon man sprechen und worüber man etwas sagen kann.
Verneinung
Der Tractatus geht das in einigen grundlegenden Zusammenhängen durch. Ich will noch einen besprechen, die Verneinung: „Es ist nicht so, dass sich die Dinge soundso verhalten.“ Es kann scheinen, als spräche dies von etwas und sagte etwas darüber: Wovon es spricht, wäre, dass sich die Dinge soundso verhalten, und was es davon sagt, wäre dies, dass es nicht so ist. Und in der Tat bestimmt Frege die Verneinung als ein Prädikat, das von einem Satz – von einem Wahrheitswertnamen – ausgesagt wird. Wittgenstein erklärt, sein Grundgedanke sei, dass das falsch ist. („Mein Grundgedanke ist, dass die logischen Konstanten nicht vertreten.“)
Wenn „Es ist nicht so, dass sich die Dinge so verhalten“ ein prädikativer Satz wäre, der etwas über etwas sagt, dann würde dieser Satz etwas anderes sagen als der Satz „Die Dinge verhalten sich so“. „Die Dinge verhalten sich so“ würde etwas sagen, „Es ist nicht so, dass sich die Dinge so verhalten“ etwas anderes. Denn dieser Satz würde von etwas sprechen, wovon jener nicht spricht: „Es ist nicht so, dass sich die Dinge so verhalten“ würde von einer Aussage sprechen, „Die Dinge verhalten sich so“ dagegen würde von keiner Aussage sprechen, sondern von den fraglichen Dingen. Weiter würde dieser Satz darüber etwas sagen, er würde eine Bestimmung von ihm aussagen, die in jenem nicht vorkommt, die nämlich, welche das vorgebliche Prädikate „es ist nicht“ bezeichnete.
So aber ist es nicht. Dann nämlich würden die Sätze „Es ist nicht so, dass sich die Dinge so verhalten“ und „Die Dinge verhalten sich so“ einander nicht widersprechen. Da sie sich widersprechen, sprechen sie vom selben und sagen dasselbe darüber. Wittgenstein drückt das so aus, dass die Verneinung kein Merkmal des Sinns eines Satzes ist – kein Merkmal dessen, was er sagt –, dass dem Zeichen der Verneinung in der Wirklichkeit nichts entspricht und also einem Satz und seiner Verneinung ein und dieselbe Wirklichkeit entspricht – nicht diesem eine, jenem eine andere.
Ein Satz – schreibt Wittgenstein – zeigt, was der Fall ist, wenn er wahr ist, und er sagt, daß es der Fall ist. Der Satz sagt also: „Es ist so, dass sich die Dinge so verhalten.“ Nur deshalb, weil er das tut, kann man zu einem Satz sagen: „Ja.“ Nur deshalb, weil ein Satz sagt, „So ist es“, kann man ihn bejahen. Wenn der Satz nicht sagte, dass der Fall ist, was der Fall ist, wenn er wahr ist, dann wäre der Satz neutral gegenüber der Frage, ob das der Fall ist oder nicht. Wenn man sagte, „Ja“, wäre offen, ob man dazu ja sagt, dass es so ist, oder dazu, dass es nicht so ist. Es gäbe also nichts, wozu man „ja“ sagen könnte. Ebenso wenig gäbe es etwas, wozu man „nein“ sagen könnte.
Der Satz, jeder Satz als Satz, sagt, „Es ist so“. Damit aber sagt der Satz, jeder Satz als Satz, „Es ist nicht so“. Denn einen Satz bejahen heißt seine Verneinung verneinen. 4.0621 „Daß in einem Satz die Verneinung vorkommt, ist noch kein Merkmal seines Sinns (~~p = p).“ Der Satz, der sagt, die Dinge verhalten sich so, ist derselbe wie der, der sagt, es ist nicht so, dass es nicht so ist, dass die Dinge sich so verhalten. Deshalb ist es kein Merkmal des Sinns eines Satzes, dass in ihm die Verneinung vorkommt. Es ist kein Merkmal des Sinns eines Satzes, weil in jedem Satz die Verneinung vorkommt.
Die Aussage, jede Aussage als Aussage, enthält in sich die Opposition von „Es ist so“ und „Es ist nicht so“. Diese Opposition ist der Kreis, der die Aussage als solche ist. Die Verneinung ist kein Merkmal des Sinns irgendeines Satzes, weil Sinn, Satzsinn überhaupt, Verneinung ist. Wenn ich sage, „Es ist nicht so, dass die Dinge so liegen“, spreche ich deshalb nicht von einer Aussage, einem Satz, einem Sachverhalt, und sage etwas darüber. Insbesondere sprechen die Sätze, durch die eben dies klar wird, nicht von Sätzen, Aussage und Sachverhalten. Auch in diesen Sätzen schweigt der Tractatus, schweigt darüber.
„Ein Satz sagt, dass der Fall ist, was der Fall ist, wenn er wahr ist.“ „Ein Satz und seine Verneinung haben entgegengesetzten Sinn. Ihnen entspricht ein und dieselbe Wirklichkeit“. Diese Sätze des Tractatus erläutern, dass und warum „Es ist wahr, dass die Dinge so liegen“ und „Es ist nicht so, dass die Dinge so liegen“ nicht über einen Satz sprechen, und nicht etwas über ihn sagen: dass er wahr sei oder dass es nicht so sei, wie er sagt. Der Tractatus bespricht noch einen weiteren Fall, in dem es scheint, ein Satz spreche von einem Satz und sage etwas über ihn: „Ich denke, dass die Dinge so liegen.“ Es kann scheinen, dass dieser Satz von einem Satz spricht, und über diesen Satz etwas sagt, nämlich dass ich denke, was er sagt. Wittgenstein bemerkt auch hier, dass Frege diesen Satz so verstanden hat, und erklärt, dass das falsch ist. Ohne dass wir das durchgehen, wissen wir, dass Wittgenstein recht hat. Wir wissen es, weil das, was ich denke, eben ist, was wahr ist, wenn wahr ist, was ich denke. Und wie wir gesehen haben, ist das, was wahr ist, nichts, wovon ein Satz spricht und worüber er etwas sagt. Im Übrigen ist leicht zu sehen, dass „ich denke“ die Rückkehr der Aussage zu sich ausdrückt und also kein Merkmal des Sinns einer Aussage bedeutet, sondern Sinn überhaupt.
Wahrheit und Zusammenhang
Der Tractatus bricht das Schweigen nicht. Er schweigt über das, wovon man nicht sprechen kann: Satz, Wahrheit, Sein. Man kann davon nicht sprechen, weil der Satz in der Wahrheit und im Sein zu sich zurückkehrt. Indem aber der Satz zu sich zurückkehrt, verkapselt er sich nicht in sich selbst. Im Gegenteil. Indem der Satz zu sich zurückkehrt, ist er die Öffnung ins unbegrenzbare Ganze. Das ist der Grund, weshalb der Satz nichts ist, wovon man sprechen kann. Das ist der Grund, weshalb über die Sprache ein Bilderverbot verhängt ist.
Wir sehen diese Öffnung in „ist wahr“ auf folgende Weise. Ein Satz ist unter bestimmten Bedingungen wahr. Diese Bedingungen werden angegeben durch den Satz selbst; indem ich die Bedingungen angebe, sage ich, was der Satz sagt. Umgekehrt gebe ich die Bedingungen an, unter denen ein Satz wahr ist, da ich sage, was er sagt. Wenn ich sage, dass wahr ist, was du sagst, sage ich nichts über das, was du sagst. Ich sage, was du sagst. Die Aussage der Wahrheit einer Aussage ist deren Wiederholung. Das kann zu der Vorstellung führen, ich sei in meine Aussage eingeschlossen: Da ich sie zu vergleichen suche mit dem, was ist, um mich zu überzeugen, dass wahr ist, was ich sage, wiederhole ich nur meine Aussage. Ich bleibe in meiner Aussage stecken, ich kehre zu ihr zurück, da ich doch zu etwas jenseits ihrer wollte. Wie Krabat, dessen Weg von der Mühle stets zur Mühle zurückführt.
Wenn es so scheint, als käme ich aus meiner Aussage nicht heraus, als käme ich nicht von ihr zu dem, was ist, zu dem, kraft dessen sie wahr ist, kann es weiter scheinen, ich müsse darin bleiben. So entsteht die Idee, dass Aussagen eben darin wahr sind, dass sie zusammenstimmen. Ich vergleiche nicht, was ich sage, mit dem, was ist, sondern ich vergleiche eine Aussage mit anderen Aussagen. Hier bleibe ich in den Grenzen der Mühle. Das ist das beste, das ist alles, was ich tun kann, um mich zu überzeugen, dass wahr ist, was ich sage, und also kann dies, dass es wahr ist, für mich jedenfalls, auf nicht mehr hinauslaufen.
Nun gibt es einen Zusammenhang von Wahrheit und Zusammenstimmung, nämlich diesen: Eine wahre Aussage stimmt mit allen wahren Aussagen zusammen. Eine falsche Aussage kann mit bestimmten anderen, mit unbestimmt vielen falschen Aussagen zusammenstimmen. Es ist aber nicht so, dass eine falsche Aussage mit allen falschen Aussagen zusammenstimmt. Der Zusammenhang von Wahrheit und Zusammenstimmung ist der einer Wahrheit mit aller Wahrheit, etwas Wahrem mit der Wahrheit. Das, wozu das, was ich sage, zurückkehrt, ist, indem es seine Wahrheit ist, die Wahrheit, die Wahrheit überhaupt und im Ganzen.
Dieselbe Öffnung vollzieht sich im „nicht“.
Dass die Dinge so liegen, ist wahr dann und nur dann, wenn sie so liegen. Darin liegt: Es ist wahr nur dann. Wenn nicht, dann nicht. Wenn die Dinge nicht so liegen, ist es nicht wahr, das zu sagen. Dann ist das falsch. Indem ich also sage, dass wahr ist, was ich sage, sage ich, dass es so ist, wie ich sage, und nicht anders.
Da ich sage, dass Schnee weiß ist, schließe ich aus, dass es anders ist als ich sage, nämlich nicht so, dass Schnee weiß ist. Was aber schließe ich aus, da ich ausschließe, dass es anders ist, als ich sage? Nun, ich schließe aus, dass Schnee schwarz ist. Aber darin erschöpft es sich nicht. Ich schließe ebenso aus, dass Schnee rot ist. Vielleicht schließe ich aus, dass Schnee eine andere Farbe hat als weiß? Aber auch das erschöpft es nicht, denn ich schließe ja ebenso aus, dass Schnee farblos ist, wenn ich sage, Schnee ist weiß. Sind wir am Ende? Ist es uns geglückt anzugeben, was ich ausschließe? Nehmen wir an, wir wären am Ende, nehmen wir an, es sei uns gelungen, erschöpfend anzugeben, was es ist, das ich ausschließe, wenn ich ausschließe, dass es anders ist als ich sage, da ich sage, Schnee ist weiß. Wenn wir all dies in eine disjunktive Aussage fassen – so oder so oder so … – und schließlich als letztes Glied unseren Satz anhängen, dann hätten wir damit erschöpfend angegeben, wie die Dinge überhaupt liegen können: so oder so oder so, bis zu dem Abschluss, den wir gerade imaginieren. Wenn wir dann sagen: Es ist so oder so oder so, und so fort bis zum Abschluss, dann hätten wir etwas gesagt, wovon nicht mehr gesagt werden kann: es ist wahr dann und nur dann, wenn …. Denn wir postulieren, dass die Vorstellung, es könnte anders sein, leer ist, eben indem wir sagen, wir haben erschöpft, was ich ausschließe, da ich ausschließe, dass es anders ist als ich sage, da ich sage, Schnee ist weiß.
Was ich sage, ist, dass es so ist, wie ich sage, und nicht anders. So beziehe ich mich in dem, was ich sage, auf alles, was sein kann. Der Tractatus bringt diese Gesamtheit in das Bild des logischen Raums. Eine Aussage steht, sie stellt sich in diesen Raum. Der logische Raum ist aufgespannt und also innerlich begrenzt durch das, was der Tractatus die Substanz der Welt nennt: die Gesamtheit der Gegenstände, in einem idiosynkratischen Gebrauch des Ausdrucks „Gegenstand“, nach dem alles, was die Bestimmtheit einer Aussage ausmacht, Gegenstand heißt. Das „nicht“, das kein Merkmal des Sinns eines Satzes ist, sondern Sinn überhaupt, bedeutet also Bestimmtheit, Bestimmtheit überhaupt und im Ganzen.
Sprache der Begegnung
Nach der entschlossenen Lesart bringt der Tractatus sich zum Verstummen, denn was zunächst als sinnvolle Rede erschien, tritt schließlich hervor als das, was es wahrhaft ist: unsinniges Lallen. Der Tractatus ist eine Übung, die der vollendet hat, welcher nicht mehr der Suggestion erliegt, seine Sätze seien sinnvoll, den sie nichts mehr angehen wie ein lebloses Ding.
Die befreite Lesart sagt dagegen, dass der Tractatus das Schweigen nirgends bricht und nie gebrochen hat. Vom ersten bis zum letzten Satz schweigt der Tractatus über das, worüber man nicht sprechen kann. Er erfüllt an jeder Stelle die Forderung des siebten Satzes. Das bedeutet nicht, dass im Tractatus nichts zur Sprache käme. Im Gegenteil, zur Sprache kommt im Tractatus das, das einzige, was unbedingte Bedeutung hat: die Wahrheit, die Bestimmtheit. Das ist das Ganze – das Ganze, nicht ein Ganzes. Ein Wort wie dieses, „das Ganze“, ist ärmlich. Dasselbe gilt für „die Wahrheit“. Der Tractatus ist eine Übung, eine sprachliche Übung, die eine Sprache sucht, die weniger ärmlich ist als die Rede von „der Wahrheit“ und „dem Ganzen“, Wörtern, bei denen man ein wohlig erhabenes Gefühl empfinden, aber wenig denken kann. Worauf der Tractatus aus ist, worin er erlöst würde, ist nicht ein Verstummen, in dem sich die Philosophie ausgelöscht hat. Es ist im Gegenteil eine Sprache, die das Schweigen, das der Tractatus fordert, nicht bricht.
Ich selbst denke, und ich denke, Wittgenstein denkt – das zeigt sein weiterer philosophischer Weg –, dass Wittgenstein im Tractatus mit seinem Versuch zu schweigen über das, wovon man nicht sprechen kann, steckengeblieben ist. Das liegt daran, dass er im Tractatus nie auch nur in die Nähe dessen gelangt, worin wahrhaft zur Sprache kommt, wovon man nicht sprechen kann. Wir sehen das, wenn wir zurückkommen auf unseren Ausgangspunkt. Løgstrup spricht von der Forderung, die stumm ist, und deren Schweigen Jesus in allem, was er sagt und tut, niemals bricht. Diese Forderung entspringt dem, ja, sie ist das Bewusstsein der Wirklichkeit des anderen Menschen. Ich habe die stumme Forderung mit dem Bilderverbot verknüpft. Løgstrup bezieht das Bilderverbot auf den anderen Menschen. Genauer sagt er, ich kann mir wohl ein Bild eines anderen Menschen machen. Das heißt, ich kann sagen und denken: er ist soundso. In Wittgensteins Worten ist das ein Bild, ein logisches Bild. Ich kann das tun, aber wenn ich dem anderen Menschen begegne, dann ist darin das Bild vernichtet. Bild und Begegnung können nicht zusammen bestehen. Der andere Mensch, das ist es, worüber ich schweigen muss, dann, wenn ich ihm begegne. Heißt das, dass aus der Begegnung des anderen Menschen die Sprache verbannt ist? Dass die Begegnung stumm macht? Nichts könnte der Wahrheit ferner sein. Im Gegenteil ist die Sprache ursprünglich nichts anderes als die Begegnung des anderen Menschen. Das, worin Sprache Sprache ist – und nicht zum Beispiel Weitergabe von Information –, darin ist sie Begegnung des anderen Menschen. Wittgenstein konnte die Sprache, die das Schweigen nicht bricht, nicht finden, nicht im Tractatus. Denn diese Sprache ist die
Sprache der Begegnung.