Widerstand durch Kunst?

Philosophische Überlegungen in bildungspolitischer Absicht

Im Rahmen der Veranstaltung Philosophische Tage 2021, 07.10.2021

Gibt es so etwas, wie Widerstand durch Kunst? Und wenn ja: Welche Art Widerstand leisten Kunstwerke oder Künstler, historisch betrachtet und philosophisch befragt? Dass Kunst mit politischem Widerstand und zivilem Ungehorsam einiges, wenn nicht sogar grundsätzlich viel zu tun hat, soll im Folgenden begründet werden.

Wie Widerstand initiiert, bezeugt und bewahrt wird: ein Plädoyer für Kunst

Ein erstes Indiz dafür ist, dass politischer Widerstand nicht selten zuerst in künstlerischen Formen sich äußert oder durch Werke der Kunst initiiert wird, widerständiges Denken so rekursiv in die Gesellschaft zurückspielt und ziviler Ungehorsam daraus erwächst. Hier findet sowohl das, was nicht geht, was Menschenrechte, Würde und Freiheit beschneidet, unmittelbarer und je eigenen Ausdruck, kann als Erfahrung geteilt werden und kommt so in den öffentlichen Blick. Auf diese Weise gewinnen Menschen gemeinsame Orientierung im Denken, und es erweitert sich der Möglichkeitsspielraum im Handeln. Adäquate Sprache und neue Ausdrucksformen zu finden für oft unsägliche Missstände und Ungerechtigkeiten kann durch Kunst gelingen: Man denke an die Entstehung von Rap oder Blues oder an die Gedichte von Paul Celan.

In Umkehrung von Wittgensteins Diktum „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“ (Tractatus, 5.6) sind künstlerische Ausdrucksformen, die die menschliche Sprache über die Grenzen des Vorgegebenen erweitern, immer auch Wege aus der politischen Ohnmacht, können Stimme und Gehör auch denen verleihen, die im politischen Raum gerade nicht gesehen oder gehört werden. Dadurch öffnen sich erst neue Räume der Reflexion und Begegnung, hier greift die Domäne der Philosophie und politischen Theorie, nämlich Gründe und Lösungen zu finden für Ungerechtigkeiten, um Widerstand vernünftig zu fundieren und politisch zu verbalisieren.

Ein zweites Indiz für das noch unterschätzte Potenzial von Kunst für Widerstand, ist die Tatsache, dass Kunstwerke politischen Widerstand in besonderer Weise bezeugen und bewahren für die kollektive Erinnerung. Zeugnisse gelungenen oder gescheiterten Widerstands bleiben vor allem durch Kunst, in ihren diversen Formen hat sie eine enorme historische Reichweite und Bedeutung als Ort und Sphäre der über Generationen und Zeiten hinweg kündenden Widerstandskraft von Menschen. Denn der in Kunst bezeugte Widerstand ist ungleich bleibender und wirkmächtiger als die bloß informative, durch historische Fakten belegte Zeugenschaft widerständigen Handelns und Denkens: Man denke an Beethovens Neunte, die den revolutionären Geist des Aufbruchs in Aufklärung und Moderne auch Jahrhunderte später noch lebendig und spürbar vermittelt.

Oder die bis heute ungebrochene Rezeption der Antigone, des antiken Dramas, das den Mut zum Widerstand der einzelnen Person und den Wert der Gewissensentscheidung würdigte, lange bevor die Philosophie die allgemeinen Menschenrechte, den Würdegedanken und die Wahlfreiheit der Einzelnen zu politischen Prinzipien erhob. Oder wie eindringlich Paul Celans Gedicht Todesfuge (1947) sowohl die Ohnmacht in dunklen Zeiten als auch die Macht poetischer Sprache beschwor, und er damit die Abgründe dieser Zeit für das Gedächtnis der Nachwelt bewahren konnte, als die Daten und Fakten und all das nachträglich dokumentierte Wissen der Vernichtungsmaschinerie, es vermögen.

Wie viele Kinder hat allein der Arzt Mengele zum Beispiel misshandelt, wie viele Menschen wurden wo hingerichtet vor Ort, wie viele sind in den Gaskammern pro Tag gestorben? So quantitativ beeindruckend im Moment des Hörens, so gleichgültig perlen Fakten und Zahlen wieder ab an kollektiver Erinnerung, geben der Vorstellungskraft wenig Anhalt, mit bildhafter Einsicht (geschweige denn mit begrifflicher) berührt zu werden. Erst hier aber setzt Gewissensbildung an, bildet sich politische Urteilskraft durch allgemeine Reflexion auf individuelle, in Sprachen und ­Ausdruckformen der Kunst gefasste Erfahrungen – gehörte und erlebte, eigens erfahrene und gegenseitig erzählte.

Ein weiteres, politisch starkes Indiz dafür, dass Kunst und Widerstand viel miteinander zu tun haben, ist auch die auf den ersten Blick eher seltsame Tatsache, dass autoritäre Regime Kunst und Künstler, freien Ausdruck und das wechselseitige Mitteilen von Erfahrung, als erstes beschneiden. Diktatoren und politische Unterdrückungssysteme – egal welcher Couleur und historisch bedingter Unterschiede – ist mit großem Eifer daran gelegen, Kunst zu reglementieren, Künstler in ihrer Arbeit und Freiheit einzuschränken, auch dann, wenn diese noch gar nicht widerständig agieren, sich selbst als unpolitisch verstehen. Das systematische Verfolgen, Verbieten und sogar Ermorden zahlreicher Kunst- und Kulturschaffender ist zentrales Merkmal in jedem totalitären Regime.

Davon zeugen die Bücherverbrennungen im deutschen Faschismus, „die Säuberungen“ der Gesellschaft von Künstlern unter Stalin oder die chinesische „Kulturrevolution“ unter Mao. Ob die Gleichschaltungsmaschinerie der kommunistischen Partei Chinas oder der religiöse Fundamentalismus der Taliban am Werk, so unterschiedlich oder konträr die Ideologien inhaltlich auch sind, so ähnlich sind sie sich in der Form ihres Umgangs mit Kunst und Künstler/innen, die eine eigene Sicht und Stimme in pluralen Ausdrucksformen wagen. Angesichts der politisch vermeintlich marginalen Bedeutung von Kunst, scheint die Mühe der Verfolgung und Höhe der Bestrafung durchaus absurd.

Weshalb ist Kunst eine politische Provokation? Oder: Das Gegengift des Totalitären

Exemplarisch für sehr viele sei der russische Lyriker Ossip Mandelstam (1891-1938) genannt, der nach jahrelanger Verfolgung und Verbannung im stalinistischen Gulag qualvoll den Hungertod starb, obwohl er weder dezidiert im politischen Widerstand aktiv war noch in seinen Texten zum zivilen Ungehorsam rief. Seine Lyrik spricht aber von existenziellen Erfahrungen und politischer Ohnmacht, bringt schonungslos die Wirklichkeit ins Bild und benennt offen die Konflikte seiner Zeit, gibt der Unterdrückung in der totalitären Gesellschaft und dem Schmerz der Ausweglosigkeit eine Stimme. Die Umstände seiner Verhaftung und vor allem die Begründung seiner Verbannung und Verurteilung als „Staatsfeind“ stehen in direkter Analogie zur heutigen Rhetorik und systematischen Verfolgung von Musikern, Filmemachern, künstlerisch Tätigen aller Art, sei es in China, Afghanistan und anderswo. Doch welchen Grund und Motive haben totalitäre Herrscher für die Verfolgung und das Verbot von Kunst, weshalb hat es der Bücherverbrennungen im Dritten Reich bedurft? Was störte die Nationalsozialisten zum Beispiel an der Liebeslyrik von Else Lasker-Schüler? Was war daran so gefährlich, welchen Widerstand wollte man brechen?

Bei den öffentlich inszenierten Verbrennungen von Büchern in Deutschland, die unmittelbar nach der Machtergreifung Hitlers von März bis Oktober 1933 stattfanden, ging es keineswegs nur um politische Literatur, sondern die Kunst selbst in ihrem freien Ausdruck und in ihrer radikal subjektiven Vielfalt war und ist bis heute der Dorn im Auge des Totalitären, der Reinheits- und Einheitssüchtigen im Dienst monopolistisch machtsichernder Systeme. Trotz aller Unterschiede in der jeweils zugrundeliegenden Ideologie und Weltanschauung, eint sie die Abscheu vor Vielfalt und Differenzerfahrungen, das gezielte Vermeiden des je eigenen Ausdrucks, das strikte Verbot, menschliche Erfahrungen zu teilen und sich mitzuteilen und Geschehnisse je eigens und individuell zu erzählen.

Genau hier aber liegt das Widerstandspotenzial der Kunst – vielleicht der archimedische Punkt, um den Hebel zum Wandel der Geschichte politisch zu betätigen. Denn Kunst ist nicht nur ein stetiges Zeugnis für die unerschöpfliche und unberechenbare Pluralität der Sichtweisen, sondern auch Quelle und Zeitigung je neuer, sich wandelnder Perspektiven auf sich und die Welt. Eine Gesellschaft genau davon abzuschneiden, vielfältige Deutungsweisen und Pluralität der Lebensformen zu verbieten und das Unverfügbare (daher auch Unberechenbare) gemeinsamen Handelns zu reglementieren, war den Schergen des Nationalsozialismus wie des Stalinismus – genau wie den heutigen Diktatoren ganz unterschiedlicher Ausrichtung – strategisch so wichtig, dass sie es stets an den Anfang ihres Wirkens oder ihres Feldzugs gegen die Menschlichkeit setzten. Dann erst folgten die politischen Konsequenzen der Unterdrückung und Verfolgung in anderen Bereichen.

Beispielhaft dafür sind nicht nur die Bücherverbrennungen 1933, eine der ersten Maßnahmen der Nationalsozialisten, sondern auch die Ausstellung Entartete Kunst, die 1937 begann, als Wanderausstellung in zwölf Städten gezeigt wurde und durch Besuchermassen Rekorde erzielte.

Allein mit dem Titel wurde der freie Ausdruck menschlicher Fantasie und pluraler Sichtweisen auf die Welt als außerhalb „der Art“ bezeichnet und damit als jenseits des Menschen würdigen verortet. Nicht nur als abnormal, sondern als inhuman gelabelt, wurde die Botschaft gesetzt, dass „uns“ solch freier und vielfältiger Ausdruck eigenen Empfindens und Erfahrens weder zustehen noch angehen darf. Viele damalige Künstler, die auf den Anspruch ihrer Zeit, auf deren Widersprüche und Umbrüche, in Form und Sprache individuell und zeitgemäß antworteten, wenn auch nicht notwendig in politischer Absicht, wurden damit massiv diskreditiert: nicht nur als nicht zugehörig zur sozialen Norm und politischen Gemeinschaft dargestellt, sondern so an den Pranger gestellt, als seien sie außerhalb der Menschengemeinschaft.

Die für damalige Verhältnisse sehr große und vielbesuchte Kunst-Ausstellung leistete damit viel zur Vorbereitung des Regimes: Sie etablierte die später für den Genozid wesentliche Dichotomie des innerhalb und außerhalb der Menschengemeinschaft im öffentlichen Selbstverständnis; schuf bildstark und medienwirksam eine so willkürlich gesetzte Grenze wie bald selbstverständlich empfundene Linie (oder kafkaeske Mauer im Kopf?) zwischen Wir und Ihr („die Juden“, „die Entarteten“), zwischen denen, die Menschenwürde beanspruchen können und denen, die nicht mehr als Menschen unter Menschen gelten.

Vielleicht hat die Diskreditierung des Widerständigen in der Kunst erst die Voraussetzung geschaffen für den später in der Bevölkerung kaum mehr vorhandenen Widerstand gegen das systematische Morden ab 1939 und die Menschenvernichtungsindustrie der folgenden Jahre. Zu dem Zeitpunkt, als deren Umsetzung begann, waren die Künstler dieser Zeit, die potenziell widerständig gewesen wären oder mit eigener Stimme geschrieben haben, lange mundtot gemacht, interniert oder emigriert.

Zur unterschätzten Rolle von Kunst in Bildung und im öffentlichen Blick

Wenn nun Kunst aber offenbar eine solche Bedeutung für politischen Widerstand und zivilen Ungehorsam hat: Wie wird das gesellschaftlich honoriert, wie schlägt es sich nieder im Diskurs? Welchen Stellenwert hat Kunst in Bildung und welches politische Gewicht in der Gesellschaft?

Hier herrschen ein deutlicher Widerspruch und eine politisch verdeckte Ambivalenz zwischen vorgeblichem Wert und faktischem Status oder Gewichtung von Kunst. Denn so hoch man sie in Sonntagsreden und im vermeintlichen Ranking dessen, was gesellschaftlich und aus humanistischer Perspektive zählt, auch hängt, so abgehängt bleibt sie doch bei der Frage, was faktisch helfen kann gegen Ungerechtigkeit, wie Krisen und Herausforderungen der Jetztzeit politisch zu begegnen ist, mit welchen Mitteln und Methoden gesellschaftliche Transformation gelingen kann. An die Kunst denkt man da zuletzt.

Dem entsprechend haben Künstler:innen kaum Gewicht und bis auf wenige, verklärte Ausnahmen (die anerkannten Stars der Kunst und Kulturszene) politisch auch keinen Status. Das zeigt sich nicht zuletzt an den Entwicklungen während der Pandemie, als die kulturellen Institutionen und künstlerischen Berufe zwar mit am härtesten betroffen waren, aber kaum Unterstützung erfuhren, geschweige denn politisch nennenswert Gehör fanden: „Erst eingeengt, dann lahmgelegt und für überflüssig erklärt“, so die Schriftstellerin Jagoda Marinić in ihrem Beitrag Kein Land für Dichter (taz, 30. Juni 2021).

Ebenso spielt Kunst und die Bildung der Aisthesis – der Sinne, der Wahrnehmung und des Selbstausdrucks – in der (Regel-)Schulbildung nur eine randständige Rolle, wird hinsichtlich ihrer Relevanz für die Zukunft und die Gestaltung von Welt und Gesellschaft offenbar geringgeschätzt. Kunstunterricht gilt sie als bildungsbürgerliches Add-on, nicht als tragende Säule im Fächerkanon, noch als zentraler Bildungsfaktor für Teilhabe und lebendige Demokratie. Wenn Stunden gekürzt oder Fächer wegrationalisiert werden müssen, dann sind das zuerst die Fächer Kunst, Musik, Literatur, Gestalten.

Das politische wie persönlichkeitsbildende Potenzial von Kunst für Widerstand und zivilen Ungehorsam, für eine „Erziehung zur Mündigkeit“ (Adorno, 1969), für eine Schulung des Gewissens, für eine Bildung zu „Klugheit und Urteilskraft“ (H. Arendt), wird unterschätzt und ist im fachwissenschaftlichen Diskurs kaum ein Thema. Anders dagegen die Einschätzung mit Blick auf die Vergangenheit: Hier erfahren literarische, musikalische oder filmische Zeugnisse des historisch sanktionierten und akzeptierten Widerstands hohe Anerkennung – wie oft zum Beispiel wird die Geschichte Sophie Scholls oder Gandhis Leben verfilmt oder Bob Marley‘s musikalischem Engagement für den Freiheitskampf gehuldigt. Doch auch in diesen Fällen wird Kunst selten als politisch wirksamer Beitrag betrachtet, sondern als schöngeistiger Randaspekt von ernsthafter Politik zum philosophisch herausfordernden Thema Widerstand.

Insofern lohnt immer auch der Blick auf die Kunst, zumindest im Selbstverständnis gebildeter Kreise: Man fiebert mit Don Carlos, liest ergriffen die letzten Gedichte Bonhoeffers, kniet innerlich vor Picassos Guernica und hört mit revolutionärer Freude im Herzen Beethovens Neunte. Im gleichen Gestus intellektueller Zustimmung und Bewunderung für widerständiges Denken und Handeln lauscht man mit Hingabe informativen Vorträgen über den Widerstand, zum Beispiel gegen die NS-Diktatur.

So zum Beispiel gehalten vom Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes, Peter Küspert, über den Widerstand der Weißen Rose November 2019 im Anschluss an eine Aufführung von Beethovens 9. Symphonie mit großem Chor und Orchester, dargeboten in der Aula der Münchner Universität: ein typischer Abend heroischem Widerstand gedenkender Kultur, mit klugen Gedanken zu Freiheit und Rechtsstaatlichkeit und einer künstlerischen Einlage im Maß des Gewohnten.

Was hat das aber mit eigener, politischer Widerstandsfähigkeit im Denken und Handeln zu tun? Wenig, bis nichts. Denn es handelt sich hier schlicht um kontemplativen Kunstgenuss, der eine sehr gute und eine deutlich weniger gute Seite hat: janusköpfig vom Feinsten. Gut und wertvoll daran ist, dass hier die Bildung der Aisthesis stattfindet, die Sensibilisierung der Sinne und Differenzierung der Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeiten, was man bildungsphilosophisch nicht hoch genug schätzen kann. Denn nicht nur die ästhetische, sondern auch die politische Urteilskraft braucht zu ihrer Bildung und Stärkung eine nicht nachlassende Übung in der Auseinandersetzung mit Kunst und ihren Werken – mit Zeugnissen der Transformation von Machtverhältnissen, mit Kippfiguren der Geschichte und Mahnmalen möglichen Widerstands selbst im Unmöglichen.

Gerade die Kunst weiß um die Bedeutung der Leuchtturmfiguren des Widerstands, genauso wie um die Rolle der Antihelden, und erzählt bevorzugt die Geschichte ihres Scheiterns daran, in Film und Buch, in Bild und Ton. So lernen wir zu sehen und zu verstehen, was Größe und Grenze widerständigen Denkens und Handelns im Vollzug sein kann – am politischen Vorbild, am moralischen Beispiel oder vor allem via negationis – wie bei Don Carlos, Friedrich Bonhoeffer oder Sophie Scholl.

Dabei ist aber von uns als Zuschauern und Zuhörern kein widerständiges Denken oder gar Handeln gefragt, weder als Person noch als politischer Mensch. Gefragt sind, um mitreden oder um Kunst angemessen rezipieren zu können, theoretisch fundierte Reflexion, ein Zugang zum anerkannten Sprachspiel, zu Literatur und Diskurs – mit dem Ziel, eine Trittsicherheit in der Beurteilung zu erlangen, um antworten zu können auf die Fragen nach gut und richtig.

Selbst wenn das gelingt, ist man dabei auf der Zuschauertribüne des Lebens und blickt von dieser sicheren Warte auf die politischen Ränke- und Schauspiele, die Ungleichgewichte und Machtkonflikte der Vergangenheit und Gegenwart herab. Im Reinraum der Theorie betrachtet man die Krisen und Dilemmata politischen Widerstands – als sei man außerhalb der Zeit, im medialen Kokon der Kontemplation, in einem Reflexionsraum des Rückzugs von dem, was gerade mit uns selbst in Politik, Geschichte und Leben geschieht.

Wann Kunst dem frommen Schein entgegen wirkt – und wann nicht

Während reale, politische oder soziale Krisen und Konflikte, wenn man in sie involviert ist, sich stets ungut, belastend und beunruhigend ambivalent anfühlen, Widerstand nicht selten aussichtslos und umsonst erscheint – und dennoch, weil man in die Entscheidung und in die Situation gestellt ist, vielleicht zum widerständigen Denken und Handeln führen – erlaubt uns die Betrachtung solcher Konflikte aus Zuschauerperspektive, ein Denken in Ruhe und Eindeutigkeit. Das gewährt nicht selten das gute Gefühl der Vergewisserung, auf der richtigen Seite zu stehen und zu wissen, was gut und richtig ist, geht also mit der Versuchung zum Pharisäertum einher. Oder wie Sophie Scholl notierte: „Ich merke, dass man mit dem Geist (oder dem Verstand) wuchern kann, und die Seele dabei verhungern kann.“

Biblisch wurde dazu schon viel gesagt, das Janusköpfige daran bild- und wortstark dargelegt. So zum Beispiel, wenn Jesus zu seinen Jüngern sprach: „Die Schriftgelehrten und Pharisäer sind dazu eingesetzt, euch das Gesetz [heute: die Theorie- und Diskurslage zum Widerstand] auszulegen. Richtet euch nach ihren Worten und tut alles, was sie euch sagen! Nehmt euch aber kein Beispiel an ihren Taten! Denn sie halten selbst nicht ein, was sie von den anderen verlangen.“ (Matthäus 23:2-4) Und direkt an sie gewandt: „Wehe euch! Ihr wollt andere führen und seid doch selbst blind“, da die Augen der Theorie nicht sehend sind im Einzelfall, im individuellen Raum der jeweiligen Erfahrung, die per se neu und erstmal nicht ganz begrifflich fassbar ist.

Die Gefahr, von der Jesus spricht, ist der fromme Schein. Wovor er warnt, ist eine Trübung des Blicks: „Doch gerade darum geht es hier: das Wesentliche tun und das andere nicht unterlassen. Ihr aber entfernt jede kleine Mücke aus eurem Getränk, doch ganze Kamele schluckt ihr bedenkenlos hinunter. Andere wollt ihr führen, dabei seid ihr selbst blind.“ (Matthäus, 23:24-25) Das mündet in die Entleerung oder pathetischer gesprochen, in den Verrat dessen, was vorgeblich zählt: „Und nun? Euer Tempel wird von Gott verlassen sein und völlig zerstört werden.“ (Lukas 13: 34-35)

Gottverlassen ist der Tempel Europas auch bald. Die fraglos unmenschliche Lagerhaltung an den EU-Außengrenzen, die billigende Inkaufnahme zahlloser Toten und Gestrandeter auf der Flucht, oder maximale Aufrüstung als einzige Antwort auf den Kriegseinbruch in der Ukraine, oder die Reaktion der deutschen Politik auf die Lage in Afghanistan nach der Machtergreifung der Taliban. Statt dass man alles daransetzte, ernsthaft in Widerstand zu gehen zu dem neuen Regime, das von Europas Wirtschaftsmacht durchaus unter Druck zu setzen gewesen wäre in diesen Umbruchstagen, duckte man sich weg im Dienst innenpolitischen Kalküls: So kurz vor der Wahl, wollte man nicht den Belzebub der Migrationsdebatte an die Wand malen. Darin war man sich parteiübergreifend einig, unzähligen Menschen kostete dieses Kalkül der instrumentellen Vernunft das Leben.

Die Gefahr, vor der nicht nur die Bibel warnt, ist das, was Nietzsche in einem berühmten Aphorismus den „Wahn der Kontemplativen“ nennt: „Dabei aber bleibt ein Wahn sein beständiger Begleiter: er meint, als Zuschauer und Zuhörer vor das große Schau- und Tonspiel gestellt zu sein, welches das Leben ist: Er nennt seine Natur eine kontemplative und übersieht dabei, dass er selber auch der eigentliche Dichter und Fortdichter des Lebens ist“ (Die fröhliche Wissenschaft, 301).

In dem Maß, in dem der Zuschauerdiskurs der Kontemplativen und ihre Spielanalysen fern vom Platz geschehen, sich in ihrer Theoriebildung und Schriftauslegung abkoppeln von der konkreter Erfahrung und jeglichem Selbstbezug, besteht die Gefahr, dass die ehrwürdigen Gebäude der Philosophie und die beeindruckenden Denkfiguren politikwissenschaftlicher oder philosophischer Begründung nicht mehr ernst genommen werden, ihre Glaubwürdigkeit und Relevanz für die jetzt und hier Lebenden und Betroffenen, für die Konflikte der Zeit verlieren.

In der Folge zeichnet sich jetzt schon ein Trend zu begrifflicher Willkür und irrationalem Denken ab: Mit welcher Selbstverständlichkeit die großen Begriffe der politischen Philosophie und des demokratischen Widerstands – wie „Freiheit“ und „Mündigkeit“ zum Beispiel – vom ganzen Spektrum anti-demokratischer Strömungen hemmungslos verwendet werden: von rechts- bis linksradikalen Kreisen genauso vereinnahmt wie von Verschwörungstheoretikern munter beansprucht, zeigt deutlich, inwiefern es zunehmend entleerte Begriffe werden, die das, worum es geht, kaum mehr benennen, geschweige denn wegweisend zeigen können, wofür Widerstand lohnt, oder was das Wesentliche sei, das zu tun und was zu unterlassen ist (vgl. Matthäus, 23:24).

Wie kann philosophisch fundierte Reflexion und politische Praxis aber zusammengehen? Wie werden Menschen bestärkt in kommunikativem Handeln im Maßnehmen an „Klugheit und Urteilskraft“ (H. Arendt), das zu begründetem Widerstand ermutigt und befähigt? Hier kommt die Kunst wieder ins Spiel. Aber eine Auseinandersetzung mit Werken der Kunst, wo man sich selbst in Bezug dazu setzt und die jeweilige Situation und geschichtlichen Kontext immer mit in Rechnung stellt. Wie sehe das aus?

Nehmen wir zum Beispiel Don Carlos, das packende Drama eines gewollten, aber dann doch kläglich gescheiterten Widerstands. Ein Vorschlag, um der Pharisäer-Gefahr zu entgehen, wäre, die Fragen, die eine Geschichte aufwirft, sich selbst radikal im Selbstbezug, im „inneren Gespräch der Seele mit sich selbst“ (Platon) zu stellen: Wie oft schon habe ich selbst meine Freiheit, demokratischen Überzeugungen oder meine politische Mündigkeit (in welchem Zusammenhang und zu welchem Preis?) verraten? Oder schlichter gefragt: Wann habe ich zuletzt versäumt, meine Meinung zu sagen, nur um keinen Konflikt am Arbeitsplatz zu riskieren, um in den Augen irgendeines Kollegen nicht als widerständig dazustehen, oder um die Anerkennung des Vaters zu bekommen – wie Don Carlos es letztlich tut, als er all seine politischen Widerstands-Ambitionen und freiheitlichen Überzeugungen dem persönlich viel stärkeren Motiv nach Absolution vom Vater opfert.

Wer von uns wäre in einer solchen Konstellation lebenslanger Missachtung des Sohnes durch den Vater in der Lage, sich diesem Kampf um Anerkennung zu entziehen, und gemäß eigener, politisch fundierter Überzeugungen zu handeln oder mutig genug, um in den Widerstand zu gehen?

Oder nehmen wir das Drama der Antigone: bewundernswert ihr Mut und ihre Tat, literarisch großartig formuliert und in Szene gesetzt – der Konflikt, der sie das Leben kostet. Sie geht in Widerstand zur staatlichen Gewalt, leistet zivilen Ungehorsam, indem sie ihren Bruder bestattet und die Gesetzgebung missachtet, deren Sinn sie auch einsieht. Aber sie muss abwägen zwischen dem politischen Verbot und der sozialen Verpflichtung, die sie gegenüber dem toten Bruder empfindet, ihm eine menschenwürdige Bestattung zu geben. Indem sie ihren Bruder doch begräbt, beugt sie sich „höherem Gesetz“, wie sie sagt. Anerkennt, dass es Wesentlicheres gibt als die normativen Gewichte und gegebenen Regeln einer bestimmten Zeit und politischen Situation.

Ganz ähnlich auch heute der Konflikt von Angehörigen, die während des Lockdowns ihre Verwandten nicht beim Sterben begleiten konnten. Als die Altersheime und Hospize geschlossen waren, starben viele allein oder so, dass wir es nicht als menschenwürdig empfinden. Für viele Angehörige ist das bis heute eine Last und ein großes Thema. Bemerkenswert zum Beispiel eine Familie, die im April des letzten Jahres in einer Brennpunkt-Sendung zu Wort kam: Der Vater erlag seiner Krebserkrankung im Krankenhaus vorletzten Herbst, er starb allein und ohne, dass die drei Kinder und die Ehefrau Abschied nehmen konnten, was diese bis heute sehr belastet. Es quält sie, und sie hadern schwer mit sich – doch nicht mit den Pandemie-bedingten Regeln und nicht mit ihrem regelgerechten Handeln in der Situation, das ihnen alternativlos erscheint.

So sinnvoll die Besuchsverbote als Heuristik in einer Pandemie sind, so sehr gilt doch auch die Gewichtung der Antigone, die fragt: Was zählt mehr – und was ist das Wesentliche in einer solchen Situation? Was wiegt mehr: die starre Einhaltung einer vorübergehend auferlegten behördlichen Auflage zur Reglementierung von Zusammenkünften oder der Bezug zum Vater und Ehemann, das einmalige Ereignis eines Todesfalls in der Familie, noch dazu eines solch existenziell bedeutsamen Abschieds für alle Beteiligten?

Diese Frage wurde aber nicht gestellt: nicht von der Familie, noch von den Journalisten, die sie interviewt haben. Als sei es keine Option gewesen, sich selbst zu fragen oder im Einzelnen zu beurteilen, was in der Situation „höheres Gesetz“ sei. Was das Leben, das Gewissen und die Urteilskraft gebietet. Denn was wäre passiert, wenn die Familie sich trotzdem Zutritt zum Krankenbett verschafft hätte? Oder die Quarantäne-Regeln missachtend ihn heimgeholt hätte? Sicher wären sie nicht zum Tode verurteilt worden wie Antigone, hätten weit weniger bis nichts riskiert, höchstens eine Geldstrafe, und das ist unwahrscheinlich. Aber kein Gedanke daran, nur nachträgliches Hadern mit den Umständen, die als gottgegeben genommen werden.

Regelhörigkeit verweist aber eher auf Handeln in gottverlassener Zeit, wenn der Sinn für ein „höheres Gesetz“ (worauf sich Antigone beruft) schwindet und der Unterschied fällt zwischen konventionellen Normen, situativen Regeln einerseits und dem, was Jesu „das Wesentliche zu tun“ nannte, die Ausrichtung an absoluten Größen wie Nähe und Bezug, einem Umgang in Würde. Dann passiert das, wovon Jesus sprach, als er davor warnte, dass der Tempel gottverlassen und letztlich zerstört werde (vgl. Lukas 13:38), wir dem Niedergang auch höchster Prinzipien keinen Widerstand mehr entgegenbringen können.

Wie Kunst die Welt verändern und politisch wirken kann

Wie lässt es sich aber immer noch für eine bessere Welt kämpfen, ohne zu resignieren oder der umgekehrten Versuchung anheimzufallen, sich falschen Machbarkeitsfantasien und revolutionären Umsturzwünschen hinzugeben? Widerstand durch Kunst zeigt und geht formal einen anderen Weg. Das kann man an vielen Beispielen, transformatorischen Schwellen und Übergängen der Geschichte sehen, die ausgelöst durch Werke oder Interventionen der Kunst verursacht, wenn auch nicht intendiert oder „gemacht“ wurden.

Harriet Beecher-Stowe ist ein gutes Beispiel dafür. Mit ihrem heute berühmten Buch Onkel Toms Hütte, in dem sie Geschichten aus dem Leben der Negersklaven erzählt (so der Untertitel des 1851 erschienenen Romans), hatte sie die Gemüter auch der weißen Amerikaner aufgeschreckt und das bis dahin meist tabuisierte Leid der schwarzen Bevölkerung ins Licht der Aufmerksamkeit gerückt. Schon im ersten Jahr wurden 300.000 Exemplare verkauft, und das Buch wurde – so ein Rezensent – „zur Kampfschrift der Nordstaaten gegen die Südstaaten“.

Abraham Lincoln soll zur Autorin, als er sie Jahre später am Ende des amerikanischen Bürgerkriegs, der die Abschaffung der Sklaverei in den Südstaaten brachte, gesagt haben: „Sie sind also die kleine Frau, die diesen großen Krieg verursacht hat!“ Bei einem Mann hätte er sich die Diminuierung wohl gespart, trotzdem wusste er um die Bedeutung ihres Werks, honorierte ihren geschichtlichen Beitrag.

Wie konnte ihr das gelingen? Das Buch ist keine Kampfschrift, kein politisches Manifest, noch ein gelehrtes Werk oder philosophischer Text, der gut begründet zeigt, weshalb die Abschaffung der Sklaverei geboten sei. Stattdessen sind es Erzählungen aus dem Leben der Unterdrückten, über das harte Leben der schwarzen Leibeigenen, wo Widerstand kaum vorkommt, nicht thematisiert wird. Es findet kein politisches Aufbäumen der Protagonisten statt, kaum jemand erhebt hier die Stimme für Menschenwürde und Humanität, gegen das Elend der Diskriminierung oder die Auswirkungen der Segregation. „Wahrnehmen, was man sich nicht vorstellen kann.“ (S. Weil), das ist es, was Harriett Beecher-
Stowe mit ihren Geschichten aus dem Leben der Sklaven für ihre Zeit leistet.

Das Buch und seine Wirkung verweisen damit auf einen Weg politischer Weltveränderung, der durch den genauen Blick auf unsägliche Lebensbereiche und Erfahrungen vermittelt wird, gerade solche, die sonst nicht gesehen werden, daher nicht zählen, nicht im Bewusstsein der Öffentlichkeit sind. Dadurch wird der gegebenen Realität vor allem in ihrer Ambivalenz und in ihren Widersprüchen, nicht zuletzt auch in ihrer Aussichtslosigkeit für manche Rechnung getragen.

Das kann die Welt und das politische Handeln, das Ethos und Selbstverständnis einer Gesellschaft verändern. Kann, muss nicht! Denn Widerstand durch Kunst ist kein Automatismus, nicht technisch reproduzierbar, sondern der Kontingenz anheimgestellt, er hängt ab von Ort und Stunde der Rezeption, bleibt offen auf Gelingen. Ein solches Konzept ist heute, wo der Machbarkeitswahn der instrumentellen Vernunft bereits fatale Wirkung zeitigt und die klassischen Vorstellungen und Vorbild-Modelle politischen Widerstands scheinbar jede innovative Kraft verloren haben, dringend geboten.

Das Beispiel zeigt – wie viele andere auch im genauen Hinblick auf die Faktoren und Initiatoren gelungenen Widerstand oder sozialen Wandels –, dass die Vorstellung, Revolutionen seien planbar, letztlich absurd ist und politisch fast immer fatal, wenn es versucht und umgesetzt wird. Harriet Beecher-
Stowe hatte das Ende der Sklaverei sicher nicht geplant, sie hat ihren Roman nicht in strategischer Absicht verfasst und seine Wirkung nicht politisch instrumentalisiert. Sie gab abends, wenn Mann und Kinder versorgt waren, ihrem Drang zum Schreiben nach, der nur zur Sprache bringen wollte, was sie sah und erfahren hatte. Sie verlieh den Schrecken der Sklaverei ein Gesicht, mit ihrem unbestechlich scharfen Blick für die menschlichen und sozialen Abgründe, mit dem genuinen Anspruch der Kunst, die Dinge sagen zu können – auch und gerade im Unsäglichen. So wurden sie erst sichtbar.

Zum Stachel im Fleisch auch derer, die scheinbar gar nicht betroffen waren. Denn die Weißen fochten den amerikanischen Bürgerkrieg untereinander aus, aber erst als sie der Unmenschlichkeit gewahr wurden, die sie ihresgleichen antaten. „Das Werk gibt den Dingen ein Gesicht und dem Menschen eine Aussicht auf sich selbst.“ (Gernot Böhme)

Der Erfolg und die politische Wirkung der Autorin als maßgeblicher Initiatorin des Widerstands gegen die Sklaverei kam nicht durch ihren politischen Willen, auch nicht durch die künstlerische Genialität des Werks zustande, sondern dadurch, dass die Erzählungen lebendige Resonanz und politische Antwort fanden in der Reaktion der Leser:innen. Das verweist auf einen relationalen Handlungsbegriff, darauf, dass Wirkung und Gelingen im Sozialen wie im Politischen nicht, wie oft vorgestellt, von Subjekten als Machtakteuren bestimmt werden, sondern der Form nach abhängig sind vom Wechselspiel zwischen Anspruch und Entsprechung in der Situation, im Spannungsfeld von Personen und Konstellationen, im geschichtlichen Kontext. Das bedingt die Unabsehbarkeit der menschlichen Handlungen, daher sind die politische Zukunft und der Verlauf der Geschichte offen.

Deshalb war auch der Erfolg von Onkel Toms Hütte nicht vorhersehbar, sonst wäre es nicht so schwer gewesen, einen Verleger dafür zu finden. Dass es doch gelang, war auch dem Zufall und der Gunst der Stunde geschuldet, wie alles, was gelingt oder nicht, der im politischen Denken bei weitem noch unterschätzten Macht der Kontingenz unterworfen. Um diese weiß die Kunst aber am besten: Sie schult den Sinn für das, was hier und jetzt dem Hörenden zufällt, sich zuspricht oder nicht, sie weiß den Zufall als positives Zufallen im kairologischen Sinn zu nehmen. Vielleicht liegt auch darin ihr Potenzial zur transformativen Weltgestaltung und zum Widerstand.

Beides aber – die mediale Form der Kunst wie die ihr inhärente Kraft zur Annahme des Kontingenten, die Würdigung des Zufalls und dessen was begegnet, weil es begegnet – sind in politischen Theorien des Widerstands noch kaum oder zu wenig im Blick. Kunstwerke sind umso stärker, je mehr sie gelebte Widersprüche und politische Ambivalenzen in Wort und Bild oder zu Gehör bringen, nackte Not und ephemere Funken des Gelingens selbst im Elend und Aussichtslosen nennen. Radikale Erfahrungsredlichkeit ist das Maß, ebenso ganz neue, fantastische Spielräume des Möglichen auszuloten, die Dinge aus anderer Sicht zu beleuchten, das innere Auge beweglicher zu machen und damit verbundener mit allem.

Harriet Beecher-Stowe zum Beispiel gab der Angst und ihrer unheimlichsten Fratze, der gewollten Ignoranz gegenüber dem Anderen in seiner Not und in seiner (Un-)Menschlichkeit eine Sprache, eine Geschichte und ein Gesicht. Daraus erwächst Widerstand, wenn man Augen hat zu sehen und Ohren hat zu hören, was Kunst – auch im vermeintlich Unpolitischen – politisch zu sagen hat.

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