Nach den Veranstaltungen Wieviel Gender verträgt die Katholische Kirche? im Juni 2022 und Das wird man ja wohl noch canceln dürfen! Perspektiven auf Political Correctness, Wokeness, Identitätspolitik und Cancel Culture im Juni 2023 ging die Kooperation der Katholischen Akademie mit nunmehr drei Lehrstühlen der Katholisch-Theologischen Fakultät der LMU München, der Katholischen Hochschulgemeinde an der LMU sowie der Hochschule für Philosophie SJ München am 17. Juni 2024 in
die dritte Runde.
Acht Tage nach den Europawahlen sprachen zwei Expert:innen zum Thema Demokratie am Ende? Am Ende Demokratie!: Prof. Dr. Christoph Möllers, Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht, insbesondere Verfassungsrecht, und Rechtsphilosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Leibniz-Preisträger, und Prof. Dr. Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing.
Christoph Möllers, Autor des 2008 erschienenen Buchs Demokratie. Zumutungen und Versprechen, trug seine Ausführungen in vier Schritten vor: Zum ersten ging es ihm um die Fragen „Was heißt ‚Ende der Demokratie‘?“ und warum wir darüber so lange Zeit nicht weiter nachgedacht haben. Dann ordnete er ein, wo wir in Bezug auf die Demokratie historisch stehen und wie alt diese eigentlich ist. Zum dritten ging er weniger auf die Angriffsmöglichkeiten auf die Demokratie von außen ein, sondern benannte Herausforderungen in Form demokratie-immanenter Probleme. Und schließlich blickte er in einer Art Vorausschau auf die Frage, was am ehesten von der Demokratie bleiben wird.
In einer Response ging Ursula Münch auf die Ausführungen von Christoph Möllers ein. Sie dankte ihm, dass er historisch Veränderbares in der Demokratie deutlich gemacht habe; wir würden heute auch Variationen im Demokratie-Verständnis betrachten. Jedenfalls habe sich über Jahrzehnte und verstärkt in den letzten Jahren die Wahrnehmung, Definition und Gefährdung der Demokratie verändert. Ihr selbst sei aufgefallen, dass es zu einer Betonung des Ausdrucks
„freiheitliche“ Demokratie gekommen sei – ab wann, könne sie nicht sagen; vor 50 Jahren habe mit diesem Begriff niemand etwas anfangen können, weil mit Demokratie die Freiheit immer sofort mitgedacht wurde.
Durch die Festlegung von Grundrechten, Minderheitenrechten und dergleichen sei es über die Jahre auch verstärkt zu einer Betonung der Verfassungsgerichtsbarkeit gekommen. Bei Wahlen würde eine Ordnung gewählt, die sehr stark verrechtlicht ist. Wenn man sich nun in eine extreme Position versetze, würde man dort sehr häufig hören, dass es keinen Handlungsspielraum mehr gebe, weil alles durchreguliert sei; alles sei nur noch „Mainstream“, von dem es keine Abweichungen geben dürfe.
Zudem hätten sich – aus dem eben genannten Grund, aber auch und gerade während der Corona-Pandemie – die Orte der Politisierung, des politischen Streits, weg aus den Parlamenten und hin zu den digitalen Plattformen verlagert.
Ob es nützen werde, wie es beispielsweise das Projekt verfassungsblog.de verfolgt, die Verfassung noch stärker zu regulieren, um extremistischen Parteien keine Anhaltspunkte zu geben, sah Ursula Münch kritisch – es könnte aus ihrer Sicht zu einer Überverrechtlichung kommen.
Auf dem Podium und mit dem Publikum wurde anschließend eifrig diskutiert, bevor der Abend im Park bei weiteren Gesprächen ausklang.