Eure Allheiligkeit, erlauchte und – nach zwei großen Reden können wir vielleicht auch sagen – erleuchtete Festgesellschaft!
Es war inspirierend, was wir gehört haben, was uns weitergebracht hat; wieder einmal eine Sternstunde der Ökumene, der Theologie und des Nachdenkens. Darüber können wir doch glücklich sein, und dann bin ich auch als Protektor dieser Akademie glücklich über solche Stunden, die wir hier miteinander erleben. Und ich darf den beiden Institutionen wirklich herzlich danken!
Eben wurde gefragt: Warum nicht schon früher? Wir haben vielleicht auf das Konzils-Jubiläum gewartet. Mir scheint das ein wunderbarer Gedanke, gerade in diesem Jahr, in dem auch die Initiative der Orthodoxen Bischofskonferenz mit der Ikone noch einmal ein Zeichen setzt, nun gerade diesen Preis an Seine Allheiligkeit zu verleihen. Nicäa bedeutet ja auch eine Revolution des Denkens über Gott und die Welt.
Wir müssen uns erinnern, aber so, wie es Patriarch Bartholomäus I. gesagt hat: mit der Tradition weiterdenken.
Und diese Revolution von Nicäa ist, – ich sage es oft, seitdem ich mich in den letzten Monaten wieder intensiv mit der Geschichte befasst habe –, wirklich eine Bewusstseinserweiterung des menschlichen Geistes. Wirklich anzunehmen, dass das absolute Geheimnis, das wir Gott nennen, ganz unter uns gegenwärtig ist und war. Und dass die Konzilsväter etwas ausgedrückt haben, was sie selbst nicht verstanden haben, nicht verstehen konnten. Man hätte es sich leichter machen können im Arianismus. Und viele Christen sind eigentlich Arianer geblieben: Jesus Christus – das Geschöpf, von Gott erwählt. Ein schöner Gedanke, plausibel. Aber das ist nicht die Höhe des Mysteriums, es ist unter dem Niveau: ganz Gott und ganz Mensch. Mit diesem Wort homoousius wird ja nur aufgegriffen, was im Johannesevangelium steht: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ (Joh 14,9) „Ich und der Vater sind eins.“ (Joh 10,30) Aber das zu denken, dass es hier im Christusereignis die Wirklichkeit gibt: ganz Gott, immer ganz auf der Seite Gottes, Christus bleibt Gott, ist immer der Sohn und ganz auf der Seite der Menschen: eine wirkliche Revolution des Denkens! So dass wir dahin kommen, wo wir wissen: Das können wir nicht verstehen, aber wir müssen es so sagen. Deswegen ist Nicäa so wichtig! Vielen Dank, dass wir diese Preisverleihung in diesem Jahr vornehmen können!
Und Ökumene ist eben – das haben, glaube ich alle gesagt, Heinrich Bedford- Strohm und erst recht auch Sie, Allheiligkeit –, für uns nicht, wie man so schön sagt, nice to have. Für die katholische Kirche kann ich sagen und ich kann es auch für mich persönlich sagen: Es ist eine grundlegende Option. Es gibt keine Kirche ohne ökumenischen Dia-log, denn dann würden wir nicht Kirche sein. Noch sind nicht alle in der ganzen Einheit vollendet, jede kirchliche Wirklichkeit braucht die anderen. Das ist wichtig! Wir sind nicht abgeschlossen, und deswegen ist der Dialog, wie Sie ihn wunderbar beschrieben haben, so gut.
Mir gefällt das auch im Blick auf unsere Diskussionen um Synodalität. Ein Dialog kennt keine Verlierer. Das nehmen wir einmal mit; ein wichtiges Wort. Wenn man sagt „ich habe mich durchgesetzt“, bin ich schon nicht mehr im Dia-log, nicht in der Synodalität. Und das wird leider bei uns immer noch nicht wirklich begriffen. In anderen Kirchen wahrscheinlich auch nicht. So einfach ist das nicht, das weiß ich, aber umso wichtiger ist es, dass Sie daran erinnern, wie Synodalität, wie Dialog wirklich aussehen müssen.
Der neue Papst Leo XIV. hat als Wahlspruch ein ökumenisches Motto: In Illo Uno Unum. Ein Augustinuszitat: In dem Einen sind wir eins. Das haben wir beide [zu Heinrich Bedford-Strohm] in dem Christus-Jahr 2017 auch gelegentlich gesagt, wenn wir nebeneinanderstanden und eine Dialogpredigt gehalten haben.
2017 habe ich gefragt: Sind wir denn gespalten? Die Spaltung ist sozusagen ein Schatten, den wir inszenieren, aber im Kern ist der Leib Christi ja lebendig. Und alle Getauften gehören zum Leib Christi dazu. Wir verunmöglichen die Sicht also. Insofern erreichen wir die Einheit nicht durch unsere Kräfte, sondern wir schieben die Vorurteile, die Verdunkelungen beiseite, um zu entdecken, dass die Einheit da ist. Das ist, glaube ich, der ökumenische Weg, den wir miteinander gehen. Nicht, als könnten wir sie machen, sondern: Sie ist da, aber wir haben sie noch nicht richtig gesehen. Wir sehen noch nicht die Wirklichkeit der Einheit.
Wenn ich Sie höre und mit Ihnen spreche, denke ich sofort auch an eine bestimmte Formulierung. Wir hatten damals (2017) überlegt (obwohl ich der Meinung bin, Texte sind jetzt nicht der alleinige Weg zur Ökumene): Wie wäre es, mit der Formulierung „sichtbare Einheit in versöhnter Verschiedenheit“ noch einmal einen Schritt weiterzugehen? Und dann haben wir gemerkt, es ist noch nicht wirklich rezipiert, da ist noch Luft nach oben im ökumenischen Bereich. Jetzt haben die EKD und die DBK einen Text verfasst, der aber auch noch nicht so richtig alle erreicht hat, glaube ich: „Mehr Sichtbarkeit in der Einheit und mehr Versöhnung in der Verschiedenheit – Zu den Chancen einer prozessorientierten Ökumene“ (2024).
Und Sie sind für mich ein lebendiges Beispiel dafür, nicht nur auf Texte zu schauen, auf theologische Foren, wo sich ganz kluge Leute treffen, sondern äußere Zeichen zu setzen. Die Ikone ist so ein Weg oder auch Ihre Initiativen für die Bewahrung der Schöpfung. Auch das Treffen in Nicäa wird ein solcher Punkt sein. Wir brauchen auch das Engagement. Wir brauchen die Texte, das Bekenntnis, und wir brauchen auch das soziale gemeinsame Engagement, das gerade jetzt sichtbar macht: Wofür stehen die Christen eigentlich? Wofür stehen sie, damit die Welt glauben kann? Das ist nicht nur ein Text, den wir hochhalten, sondern eine Maßnahme, ein Engagement, eine Hinwendung zu den Armen, zur Bewahrung der Schöpfung. Da stehen wir und sagen: Das ist Christsein! Da sind wir eins. Und im Gebet: Das ist die dritte Säule, wo wir spüren, wenn wir miteinander im Gebet verbunden sind, wenn wir Gottesdienst feiern, dann ist Christus da.
Ich darf Ihnen noch einmal als Kardinal und im Namen der katholischen Kirche hier in Bayern herzlich danken für Ihr großartiges ökumenisches Zeugnis! Sie sind ein lebendiges Beispiel dafür, dass es mit dem Christentum weitergeht, auch ökumenisch. Wir haben in diesen Wochen eine hohe Aufmerksamkeit erlebt, auch mit dem Tod des Papstes, mit der Wahl des neuen Papstes; das wird vielleicht auch wieder vergehen. Aber ich habe doch gespürt, dass es die Menschen bewegt: Zum Beispiel dieses große Zeugnis von Franziskus, der ja auch nicht nur Texte verfasst hat, sondern wo die Leute gedacht haben „Ach, das ist Christentum!“ Er hat versucht das freizulegen, was wirklich zentral wichtig ist. Das haben die Menschen verstanden. Und das wird hoffentlich auch so weitergehen.
Und Sie sind auch ein Beispiel dafür, dass man entdeckt, was eigentlich der Kern des Ganzen ist. Ach so? Genauso! Genauso ist es gemeint. Vielen Dank dafür und Gottes Segen Ihnen für Ihr weiteres Werk.